Deutscher Anwaltverein

Rechtsextreme Hintergründe werden aus Gründen des Ansehens nicht ermittelt

Der Deutsche Anwaltverein sieht die Interessen von Opfern rechtsextremer Gewalt immer schlechter vor Gericht vertreten. Opfern werde ein Anwalt nur bei komplexen Sachverhalten genehmigt und Opferanwälte würden schlechter bezahlt als Pflichtverteidiger der Täter.

Mittwoch, 23.07.2014, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 29.07.2014, 0:13 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) sieht die Interessen von Opfern rechtsextremer Gewalt immer schlechter vor Gericht vertreten. Gerichte lehnten zunehmend die Beiordnung eines Opferanwalts in Fällen politisch motivierter Gewalttaten ab, erklärte die DAV-Stiftung contra Rechtsextremismus und Gewalt am Freitag in Berlin.

Die 2001 gegründete Stiftung unterstützt bedürftige Gewaltopfer, indem sie die Kosten für Beratung und Vertretung vor Gericht durch einen Rechtsanwalt übernimmt. Im vergangenen Jahr stellte die Stiftung aus Spendenmitteln rund 33.000 Euro zur Verfügung. Geholfen wurde in 21 Fällen mit ausländerfeindlichem Hintergrund.

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Opferanwälte werden schlechter Bezahlt als Täteranwälte
Insgesamt sind seit Gründung 435 Unterstützungsanträge eingegangen, sagte DAV-Sprecher Swen Walentowski. Unter anderem übernahm die Stiftung in diesem Jahr einen Teilbetrag der Anwaltskosten einer Nebenklägerin im NSU-Prozess.

Im Gegensatz zur Pflichtverteidigung eines Angeklagten steht dem Opfer einer Straftat nur dann eine vom Gericht genehmigte Beiordnung eines Rechtsanwaltes zu, wenn der Fall schwierig und komplex ist, hieß es zur Erläuterung. Dabei würden die Opfern beigeordneten Anwälte schlechter bezahlt als Pflichtverteidiger von Angeklagten.

Nichtermittlung trotz Offensichtlichkeit
„Die Arbeit der Stiftung ist dringender denn je“, sagte der Vorsitzende des Stiftungskuratoriums, Micha Guttmann. Jedes Opfer müsse vor Gericht eine rechtskundige Hilfe haben, etwa zur Durchsetzung von Rechten der Nebenklage oder möglichen Schmerzensgeldansprüchen.

Laut DAV-Stiftung haben sich in den vergangenen Jahren Opfer- und Tätergruppen im Bereich politisch motivierte Gewalt verändert. So seien zunehmend Frauen und Menschen ohne Migrationshintergrund unter den Opfern. Auf Täterseite hingegen steige der Frauenanteil.

Rechtsextremismus wird nicht ermittelt
Walentowski kritisierte dabei die Ermittlungsbehörden. Oftmals werde aus Gründen des Ansehens einer Kommune oder eines Bundeslandes gar nicht wegen eines rechtsradikalen Tatmotivs ermittelt, auch wenn dies nicht auszuschließen sei oder gar auf der Hand liege.

Und selbst wenn der rechtsradikale Hintergrund bekannt ist, kann das Ergebnis anders ausfallen. So in folgendem Fall: In einer aktenkundig ausländerfeindlichen Tat wurde der politisch motivierte Hintergrund der Tat nicht berücksichtigt, weil dem Täter (17) die „für sein Handeln notwendige geistige Reife“ fehle. Er könne, so die Begründung, nicht genau sagen, was Rechtsextremismus sei und sei daher auch nicht in der Lage, rechtsextremistisch zu handeln. (epd/mig) Leitartikel Politik

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