Türkei

Ein guter Tag für die Pressefreiheit

Das türkische Verfassungsgericht hat den Einfluss von Staat und Parteien auf das türkisch-staatliche Fernsehen deutlich eingeschränkt. In Zukunft dürfen weniger Politiker in den Gremien sitzen. Damit verringert sich der politische Einfluss auf das Programm.

Mittwoch, 26.03.2014, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 28.03.2014, 7:48 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Es ist ein guter Tag für die Pressefreiheit in der Türkei. Das türkische Verfassungsgericht entschied am Dienstag, dass sich der Staat und die Politik stärker aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zurückziehen müssen. In Zukunft darf der Anteil staatlicher und staatsnaher Personen im Fernseh- und Verwaltungsrat des türkischen staatlichen Senders TRT nicht mehr knapp die Hälfte, sondern nur noch maximal ein Drittel ausmachen.

Zudem darf die Politik keinen bestimmenden Einfluss auf die Auswahl der Repräsentanten anderer gesellschaftlicher Gruppen in den TRT-Gremien haben. Die Richter verlangen außerdem ein „Mindestmaß an Transparenz“ über die Arbeit von Fernseh- und Verwaltungsrat. Einer der Verfassungsrichter sprach sich sogar grundsätzlich gegen die Mitwirkung von Regierungsmitgliedern aus. TRT diene „nicht der Verbreitung staatlicher Informationen“. Eine Neuregelung muss bis Mitte 2015 erfolgen.

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Mehr Minderheiten in die Gremien
Unter Berufung auf die türkische Verfassung verlangt das Verfassungsgericht, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk so zu organisieren, dass die „Vielfalt der bestehenden Meinungen möglichst breit und vollständig Ausdruck findet“. So sollen auch kleinere Gruppen einen Zugang zu den Aufsichtsgremien ermöglicht werden.

Gemeint sind in erster Linie die religiösen Minderheiten. Von den 77 Personen vertreten derzeit vier das türkisch islamische Präsidium für Religionsangelegenheiten. Christliche und andere religiöse Minderheiten sind in den Gremien bisher nicht repräsentiert. Ob sich das in Zukunft ändert, hängt aber weiterhin vom Good-Will der Verantwortlichen ab. Das Verfassungsgerichts machte hierzu keine konkreten Vorgaben.

Das Urteil: Das MiGAZIN hat das Urteil des Verfassungsgerichts – inklusive optischer Aufmachung – vollständig ins Deutsche übersetzt. Es kann heruntergeladen, ausgedruckt und zum an die Wand hängen eingerahmt oder gleich online genossen werden.

Streit zwischen Premier und Intendant
Der Streit um die Besetzung der Gremien und der Einfluss von Regierungsmitgliedern im türkisch-staatlichen Fernsehen war eskaliert, nachdem der Vertrag des TRT-Intendanten im Jahr 2010 auf Druck der Regierungspartei von Recep Tayyip Erdoğan (AKP) nicht verlängert wurde. Zwischen Erdoğan und dem Intendanten hatte es zuvor mehrere Meinungsverschiedenheiten über die ausgestrahlten Inhalte gegeben.

In Deutschland wurde die Entscheidung des Verfassungsgerichts durchweg positiv aufgenommen. Der frühere hessische Ministerpräsident Rolang Koch (CDU) wertete den Richterspruch als einen weiteren Beleg für die Nicht-EU-Tauglichkeit der Türkei. Das Land sei noch meilenweit von hiesigen Standards entfernt. Gegenüber dem MiGAZIN erklärte er: „In Deutschland jedenfalls wäre eine politische Einmischung diesen Grades nicht vorstellbar.“ (bk) Aktuell Humor

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  1. orkank sagt:

    Über die Umstände in der Türkei müssen Sie lange gesucht haben, um überhaupt etwas positives zu berichten (:

  2. posteo sagt:

    Bitte diesen Artikel als Satire kennzeichnen.
    Wer die Gesetzesänderung über das Mitspracherecht im DEUTSCHEN öffentlich rechtlichen Rundfunks nicht zufällig mitbekommen hat, begreift den Seitenhieb auf die Kritik an der türkischen Medien-Politik nämlich nicht. Der Textkasten rechts mit dem Wortlaut der Gesetzesänderung ist zu wenig.
    Aber wesentlich wichtiger als die Verringerung der Politiker in den Rundfunk-Gremien von 44% auf 33% fände ich die Abschaffung der Rundfunkgebühren.

  3. posteo sagt:

    Und nach der üblichen Kunstpause…. ;-)
    fällt mir ein starkes Argument für die Abschaffung der Rundfunkgebühren ein. Wichtige Warn- und Katastrophenmeldungen werden immer über Radio übertragen, man denke nur an die Geisterfahrerwarnung im Verkehrsfunk. Aber auch Chemieunfälle etc., werden gesendet und die Bevölkerung sogar aufgefordert, ihre Radios eingeschaltet zu lassen. Schon deshalb müsste der Betrieb eines Radios oder Fernseher kostenlos sein… Da hätte ich mal ein Thema für unseren Abgeordneten.