Ausländische Studenten

Bildungsministerium streicht Gelder für Integrationsmaßnahmen

Ausländische Studierende sorgen jährlich für Steuereinnahmen in Höhe von 400 Millionen Euro. Das freut Bildungsministerin Wanka. Trotzdem streicht das Ministerium das Integrationsprogramm für ausländische Studierende (2,8 Millionen) – ersatzlos!

Montag, 27.01.2014, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:44 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Ausländische Studierende haben in vielfacher Hinsicht eine positive Wirkung auf die aufnehmenden Hochschulen und die Gastländer. Die Mobilität ausländischer Studenten hat für Deutschland aber auch volkswirtschaftlichen Nutzen. Dies belegt eine kurz nach Jahresbeginn veröffentlichte Studie, die mit Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und im Auftrag des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) erstellt wurde.

Danach haben im Jahr 2011 die 160.702 aus dem Ausland kommenden Studierenden in Deutschland Konsumausgaben von 1,531 Milliarden Euro getätigt. Dies führte zu Steuereinnahmen in Höhe von 400 Millionen Euro in den öffentlichen Haushalten, das entspricht 2.500 Euro pro Studierendem. Diese Wertschöpfung führt auch zu Beschäftigungseffekten, die 22.000 Arbeitsplätzen entsprechen.

___STEADY_PAYWALL___

Auch positive volkswirtschaftliche Effekte
Auch nach dem Studium sind positive volkswirtschaftliche Effekte festzustellen, die deutlich höher als die während des Studiums ausgelösten Kosten ausfallen. Unter dem Strich führen die volkswirtschaftlichen Auswirkungen dazu, dass sich die vorherigen Ausgaben der öffentlichen Hand für die Bereitstellung von Studienplätzen und Stipendien bereits amortisieren, wenn 30 Prozent der Absolventen wenigstens fünf Jahre in Deutschland arbeiten.

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) zeigte sich erfreut angesichts dieser Befunde: „Ausländische Studierende bringen uns ganz handfeste volkswirtschaftliche Vorteile. Sie investieren, konsumieren, zahlen Steuern und sichern Arbeitsplätze. Studenten aus aller Welt für Deutschland zu gewinnen und sie nach ihrem Abschluss bei uns zu halten, erfordert Investitionen in unsere Hochschulen, die sich schnell lohnen.“

Deutschland attraktiver geworden
Grund zur Freude gibt auch der fast zeitgleich erschienene Sonderbericht zur 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, beauftragt durch das Deutsche Studentenwerk und das BMBF. Danach ist Deutschland für ausländische Studenten noch attraktiver geworden. Im Vergleich zur vorherigen Erhebung vor drei Jahren sagen dieses Mal 61 Prozent der Studierenden, Deutschland sei ihre erste Wahl gewesen (2009: 47 Prozent). Das liegt mitunter auch an den Integrationsmaßnahmen der Hochschulen. Diese werden der aktuellen Erhebung zufolge erheblich besser wahrgenommen als noch vor drei Jahren.

Wird geladen ... Wird geladen ...

Wanka: „Ein immer aufnahmefreundlicheres Klima haben dazu geführt, dass Deutschland seine Stellung als attraktiver Studienstandort weiter ausgebaut hat. Wir haben jetzt die Chance, dauerhaft mehr Menschen für unser Land zu gewinnen. Dazu müssen und werden wir weiter konsequent in die Attraktivität unserer Hochschulen investieren“.

Ökonomisches Missmanagement
Johannes Glembeck, Geschäftsführer des Bundesverbands ausländischer Studierender (BAS), lobt ebenfalls die Verbesserung der Integrationsmaßnahmen an den Hochschulen. Allerdings verstehe er nicht, wieso die für diese Maßnahmen bereitgestellten Mittel ersatzlos gestrichen wurden. „Frau Wanka begrüßt zwar die Befunde der Studie, gleichzeitig streichen ihr Ministerium und das Auswärtige Amt aber einen Großteil der Gelder für diese Maßnahmen. Wenn dies nicht verlogen ist, ist es zumindest ökonomisches Missmanagement der Bundesregierung“, so der BAS-Geschäftsführer.

Tatsächlich zeigt ein Blick in den Wirtschaftsplan des DAAD, dass das Programm zur Förderung der Integration ausländischer Studierender (PROFIN) nicht mehr fortgeführt wird. Begründung: Beendigung des Programms. In den Jahren zuvor wurden noch jährlich etwa 2,8 Millionen für die Bereitstellung von Hilfsangeboten für ausländische Studierende ausgegeben. Mit diesem Geld wurden ausländische Studierende bei möglichen sprachlichen und fachlichen Defiziten sowie bei Schwierigkeiten bei der Anpassung an die Studien- und Lebensbedingungen in Deutschland unterstützt.

Ministerium bestätigt ersatzlose Streichung
Auf eine Nachfrage des MiGAZIN, bestätigte das BMBF die Streichung dieser Gelder. Das Ministerium könne bei diesem Thema nicht in eine Dauerförderung eintreten. Die Verantwortung liege bei den Hochschulen und der sie tragenden Landesregierungen. Allerdings werde das BMBF den DAAD dabei unterstützen, Informationsveranstaltungen oder Schulungen zu entwickeln und anzubieten. Außerdem komme die in erheblichem Umfang getätigten Investitionen für bessere Betreuung an den Hochschulen „auch ausländischen Studierenden zugute“, so die Erklärung eines Ministeriumssprechers.

Info: Insgesamt studierten im Wintersemester 2012/2013 an deutschen Hochschulen etwa 282.000 ausländische Studierende. Bei den Herkunftsländern liegt China vorne, gefolgt von Russland, Österreich, Bulgarien, Polen, der Türkei und der Ukraine. Indien folgt direkt dahinter, erstmals hat auch Brasilien den Sprung unter die ersten 20 geschafft. Nach den Zahlen des Berichts „Wissenschaft weltoffen“ ist die Zahl der Studierenden, die aus dem Ausland zum Studium nach Deutschland gekommen sind, von 180.222 im Jahr 2009 auf 192.853 im Jahr 2012 gestiegen.

Dabei bestätigte der BMBF dem MiGAZIN, dass mitunter das gestrichene PROFIN-Programm „eine entscheidende Rolle“ dabei gespielt hat, die Umfragewerte ausländischer Studierender zu verbessern. Im Vergleich zur vorherigen Erhebung vor drei Jahren schätzen ausländische Studierende die Unterstützungsangebote deutlich höher. Am stärksten gestiegen ist der Anteil der Zufriedenen bei den Informationen zum Aufenthaltsrecht (2009: 17 Prozent, 2012: 59 Prozent), den Informationen zur Finanzierung (2009: 26 Prozent, 2012: 56 Prozent) und bei der Hilfe im Umgang mit Behörden (2009: 43 Prozent, 2012: 70 Prozent).

Trotz dieser Zahlen gibt es aber auch viele Baustellen. Als Schwierigkeiten nennen ausländische Studierende etwa die Wohnungssuche, gefolgt von mangelndem Kontakt zu deutschen Studierenden, Orientierung im Studiensystem und Finanzierung des Studiums. (hs) Leitartikel Politik Studien

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)

  1. H.P.Barkam sagt:

    Liebe Leute,

    wer hat denn was anderes von der GroKo erwartet, als die Verdoppelung von Dummheit und staatlicher Fremdenfeindlichkeit?

    In diesem Sinne

  2. glamorama sagt:

    Wankas Verhalten ist typisch für die Politik, mit der Deutschland heute regiert wird. In dieser wird Bildung zwar als wichtiger Wirtschaftsfaktor gesehen, in der Praxis wird jedoch überall an wirksamen Bildungsmaßnahmen gespart.

    Statt in funktionierende Bildungsprojekte zu investieren, stecken der Bund und die Länder lieber Milliarden in eine Bildungsbürokratie, in der es neben einem zentralen Bildungs- und Forschungsministerium 16 Kultusministerien und eine dreistellige Anzahl von Schulämtern und Schulaufsichtsbehörden gibt.

  3. Susanne Nadas sagt:

    Ein Studienplatz kostet in Deutschland zwischen 15000 und 200000 €, die vom Staat übernommen werden. Lediglich Semestergebuehren und immer seltener Studiengebuehren fallen an. Wenn Studenten jobben zahlen sie in der Regel keine bzw niedrige Steuern. Ausserdem haben Studenten viele Vergünstigungen, Semesterticket, erm. oder kostenlosen Eintritt etc.
    Die Steuereinnahmen des Staates stammen am ehesten aus den Konsumsteuern. Da die meisten Studenten im Schnitt ca 800 € im Monat ausgeben waren das dann weniger als 2000 € im Jahr.
    Es wird nicht deutlich, wie diese Beträge Grundlage fuer Integrationskosten sein sollen.
    Davon abgesehen werden alle moeglichen Unterstuetzungsangebote begrusst – klar wer wurde das nicht wollen. Vergessen wird nur gerne das Deutschland eine hohe Verschuldung hat, an vielen Stellen gekürzt werden muss und es sehr viel an Integrationsangeboten bereits gibt.

  4. Rick sagt:

    Guter Artikel!

    Inhaltliche Anmerkung zur Haltung des Ministeriums/Frau Wanka:
    „Das Ministerium könne bei diesem Thema nicht in eine Dauerförderung eintreten. Die Verantwortung liege bei den Hochschulen und der sie tragenden Landesregierungen. “
    Das Ministerium könnte dies schon. Dazu müsste nur das Kooperationsverbot gekippt werden – was eine große Koalition sicherlich bewerkstelligen könnte.
    Die Verantwortung auf andere (Länder, Hochschulen) abzuschieben ist schön einfach, greift aber zu kurz. Sicherlich könnten diese den Bereich auch besser finanzieren. Dennoch ist es von Seiten komisch, dass die Bundesregierung doch Ziele (deutliche Erhöhung der Anzahl ausländischer Studierender bis 2020) als eigene Ziele im Koalitionsvertrag ausgibt, mit der Umsetzung aber praktisch kaum etwas zu tun haben möchte (obwohl ja die positiven Effekte, im Artikel sind die ökonomischen genannt, ja vor allem volkswirtschaftliche Art sind. Die Hochschulen als „Betriebe“ werden also in die moralische Pflicht genommen, ökonomisch aber nicht/kaum unterstützt.

  5. Rick sagt:

    @ Susanne Nadas: Sie betrachten in ihrem Kommentar lediglich die ökonomischen direkten Auswirkungen. In der Prognos-Studie wird deutlich, dass die direkten Auswirkungen durchschnittlich die Kosten eines Studienplatzes tatsächlich nicht ganz auffangen können (aber fast). Dennoch: durch den Verbleib von lediglich 30% der Absolvent*innen (eine realistische Zahl, vermutlich bleiben sogar etwas mehr Studierende hier) fünf Jahre in Deutschland amortisieren sich die Kosten schon wieder. Bleiben einige Studierende länger, springt volkswirtschaftlich sogar ein Gewinn heraus – und einige positive Faktoren (demografische Entwicklung etc.) sind dabei noch gar nicht voll einbezogen.

    Rein ökonomisch betrachtet sind also Studiengebühren für Ausländer*innen Unsinn, sobald sie Personen davon abschrecken, in Deutschland zu studieren.

    Bei dem Blick auf die Ausgaben sollte zudem nicht nur auf die direkten Kosten (à la jährlicher Haushalt – Schuldenbremse: „oh, wir müssen irgendwo Geld reinbekommen“) geschaut werden, sondern auch die sich nach lagernden ökonomischen Effekte betrachtet werden. Denn sonst werden die Kosten heute eingespart, aber Geld morgen zweifach nicht mehr eingenommen. Das passt leider in ein System, wo ein Haushalt nur kurzfristig gedacht wird (die Probleme hat die nachfolgende Regierung), ist und bleibt aber trotzdem volkswirtschaftlich gesehen Unsinn.

  6. Susanne Nadas sagt:

    @Rick
    Grundsätzlich stimme ich Ihnen zu. Das Schwierige ist nur, dass sehr selektiv gefoerdert wird und es keine Konzepte gibt. Z.B. ist Begabtenförderung von Schuelern ein Stiefkind (klingt unlogisch, ist aber so). Will man Ressourcen nutzen, sollte man bei Kindern und Jugendlichen anfangen, besondern von denen, die hier leben. Ich arbeite im sozialen Bereich und erlebe einzelene Familien, die in der Summe mit hohen 5-stelligen Beträgen pro Jahr unterstützt werden, ohne das klar ist, was letztlich erreicht wird – gerade hinsichtlich der Ausbildungsmoeglichkeiten läuft da sehr viel schief.
    Teilweise muessen Foerderangebote angeboten werden wie Sauerbier.
    Man kann nicht alles evaluieren, aber etwas weniger Versuch und Irrtum wäre schon wuenschenswert und ein möglichst wenig ideologiegeladener Blick.

  7. Rick sagt:

    Ich verstehe nicht, wieso Sie da ein Gegeneinander aufmachen.
    Selbst wenn sie knappe Ressourcen anbringen, nimmt der Staat Geld ein, indem ausländische Studierende angeworben und zum Blieben bewegt werden (das ist ja das eigentlich interessante der Prognos-Studie). D.h. es ist mittelfristig mehr Geld da, auch für andere Projekte (wohlgemerkt: in Deutschland – dass diese Kosten praktisch auf die Herkunftsländer der Studierenden abgewälzt werden, die die bisherige Ausbildung finanziert haben, ist die Kehrseite der Medaille).

  8. Susanne Nadas sagt:

    @Rock. Diese Rechnung verstehe ich nicht ganz; nach meiner bleiben noch mind. 300000000€ übrig, die nicht wieder rein kommen. Aber Sie haben ganz recht, es geht eben nicht nur ums Geld. Ich wende mich eher gegen eine Kultur des staendigen Pamperns, alles und jedes muss gefoerdert und unterstützt werden. Es entsteht die allgegenwaertige Erwartung, dass immer Geld zu fliessen hat. Viel zu selten wird geprüft, was es wirklich bringt.
    Es gibt nicht so viele Länder in denen man umsonst studieren kann, ausländische Studenten scheinen gerne nach Deutschland zu kommen. Warum genügt das nicht?

  9. Susanne Nadas sagt:

    Kleiner Nachtrag, gerade bei Spiegel online gelesen:
    „Weniger Geld für Unis: Sparen geht über Studieren“

    Da scheint es an die Substanz zu gehen.

  10. Rick sagt:

    Um Ihrer Logik zu folgen: Stimmt. Am besten werden alle „Hilfs“angebote für Studierende gestrichen, einschließlich aller Vorlesungen und Seminare. Das Studium besteht dann nur noch aus den wesentlichen Teilen: den Prüfungen. Wie sich jede*r darauf vorbereitet, ist dann denjenigen selbst überlassen – das soll ein Studium ja ausmachen: Selbstständig denken zu lernen.

    Ich sehe das etwas anders – zur Aufgabe der Hochschulen gehört die Hilfestellung, dass die Studierenden die Mittel zur Selbsthilfe an die Hand gegeben werden. Dazu gehören einersiets gute Vorlesungen und Seminare. Andererseits benötigen ausländische Studierende brauchen da eben etwas andere Dinge als die angenommenen „Normstudierenden“ (wie andere Studierendengruppen ebenfalls andere Angebote brauchen – das hat nicht gleich etwas mit „Pampern“ zu tun, wenn „Werkzeuge“ an die Hand gegeben werden.

    Die ökonomischen Rechnungen und Annahmen sind der Prognos-Studie zu entnehmen. Ihre Eigenrechnung kann ich beim besten Willen leider nicht nachvollziehen – sie erscheinen mir, da Sie auch keine Rechengrundlage anführen, vollkommen aus der Luft gegriffen zu sein.