Rechnungshof fordert
Aufnahmelimit für Nicht-EU-Studenten und Studiengebühren
Der Akademische Austauschdienst freut sich über neue Höchstzahlen ausländischer Studierender in Deutschland. Der Rechnungshof Baden-Württemberg wiederum beklagt die hohen Kosten und fordert Aufnahmelimit Nicht-EU-Studenten. Der Bundesverband ausländischer Studierender schlägt Alarm.
Mittwoch, 17.07.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 23.07.2013, 0:59 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Insgesamt war jeder dritte deutsche Absolvent während seines Studiums zeitweilig studienbezogen im Ausland. Außerdem absolvieren immer mehr deutsche Studierende ein komplettes Studium im Ausland. Das teilten der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) und HIS-Institut für Hochschulforschung (HIS-HF) vergangene Woche (11.7.2013) in Bonn mit.
Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) zeigte sich erfreut über diese Entwicklung: „Die Steigerung der Auslandsmobilität deutscher Studierender ist ein wichtiges Ziel der deutschen Hochschulpolitik. Bund und Länder streben in ihrer Internationalisierungsstrategie für die Hochschulen gemeinsam mit dem DAAD an, dass jeder zweite deutsche Hochschulabsolvent im Laufe seines Studiums studienbezogene Auslandserfahrung sammelt.“ Insgesamt studierten im Jahr 2010 rund 127.000 deutsche Studierende in anderen Ländern, um dort einen Hochschulabschluss zu erwerben. Diese Zahl ist mehr als doppelt so hoch wie zehn Jahre zuvor (rund 52.000).
Rechnungshof beklagt hohe Kosten
Umgekehrt haben sich auch an den deutschen Hochschulen mehr ausländische Studierende denn je eingeschrieben. 2012 studierten laut Statistischen Bundesamt 265.000 ausländische Studenten in Deutschland; damit kommt etwa jeder 10. Studierende aus dem Ausland. Dr. Ulrich Heublein, Projektleiter am HIS-Institut für Hochschulforschung, geht davon aus, dass auch die Zahl der ausländischen Studierenden an deutschen Hochschulen zukünftig weiter steigen wird: „In den nächsten Jahren wird es neue Höchstwerte geben. Das zeigt sich schon daran, dass auch die Zahl der ausländischen Studienanfänger an deutschen Hochschulen wächst. Mit 88.000 haben noch nie so viele Studienanfänger aus anderen Ländern ein Studium in Deutschland aufgenommen wie 2011“, erläutert Heublein.
Das ist dem baden-württembergischen Rechnungshof offenbar zu viel. Um Kosten im Hochschulbereich einzusparen, schlägt er vor, Studiengebühren für bestimmte ausländische Studierende einzuführen und deren Zahl zu begrenzen. Die Musikhochschulen etwa würden im landesweiten Durchschnitt mehr als ein Viertel ihrer Ausbildungskapazität für Studierende aus Staaten außerhalb der Europäischen Union zur Verfügung stellen. Besonders stark vertreten seien Südkorea, Japan, China und Taiwan. In einzelnen Fächern werde die Hälfte der Studienplätze von Studierenden aus Asien eingenommen, die sich aufgrund ihrer besseren Vorbildung bei den Aufnahmeprüfungen gegen einheimische Bewerber durchsetzten.
Aufnahmelimit für Nicht-EU-Studenten und Studiengebühren
„Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, dass Baden-Württemberg rund 10 Millionen Euro jährlich für eine unentgeltliche Ausbildung von Musikern aus Staaten mit hoher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausgibt“ kommentierte der Präsident des Rechnungshofs Max Munding diese Zahlen am Montag.
Deswegen schlägt der Rechnungshof vor, die Zahl der Musikstudenten aus Staaten außerhalb der EU auf landesweit 345 zu begrenzen. Dies entspräche immer noch 13 Prozent der insgesamt vorgesehenen Studienplätze. Nicht betroffen von dieser Quote sind nach den Vorstellungen des Rechnungshofs sogenannte Bildungsinländer. Dies sind junge Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die in Deutschland ihre Hochschulreife erworben haben.
Außerdem sollten Studierende aus Staaten außerhalb der Europäischen Union mit 2.000 Euro je Semester an den Kosten ihrer Studienplätze beteiligt werden. In derselben Höhe sollen Langzeitstudierende, die die Regelstudienzeit überschreiten, Gebühren bezahlen.
Politisch unverantwortlich
Der Bundesverband ausländischer Studierender (BAS) kritisiert diesen Vorschlag als politisch unverantwortlich. „Der Landesrechnungshof sieht Hochschulbildung vorwiegend aus ökonomischer Sicht“, erläutert Johannes Glembek, Geschäftsführer des BAS. „Dabei wird er dem eigentlichen Anliegen von Bildung nicht gerecht. Für Personen, die sich mit Hochschulpolitik auskennen, wird schnell klar, dass der Landesrechnungshof hier politisch motiviert handelt“.
Die Erklärung des Rechnungshofs diene offenbar dazu, die Wiedereinführung von Studiengebühren vorzubereiten. „Studierende, die die Regelstudienzeit überschreiten, werden als Langzeitstudierende bezeichnet. Das macht klar, dass es nicht um Fakten geht. Denn die sogenannte Regelstudienzeit ist eben keine durchschnittliche Studienzeit, sondern lediglich die Zeit, die eine Hochschule den Fortbestand eines bestimmten Studiengangs garantieren muss. Diese ist naturgemäß aus Kostengründen möglichst niedrig gehalten und hat mit der durchschnittlichen Studiendauer wenig zu tun“, so Glembek.
Die Schlauen werden nicht kommen
Gerade Studierende, die für ihren Unterhalt arbeiten gehen müssen, Studierende mit Kindern oder mit einer anderen Muttersprache bräuchten häufig wesentlich länger. Glembek weiter: „Entweder hat der Landesrechnungshof also keine Ahnung, oder er arbeitet wissentlich auf ein sozial selektives System hin. Erstaunlich ist, dass selbst der Rechnungshof darauf hinweist, dass genau die Studierenden betroffen sein werden, die besonders gute Aufnahmeprüfungen machen und eine gute Vorbildung haben.“
Besonders schlimm sieht der Bundesverband ausländischer Studierender die sich abzeichnende Entwicklung, ausländische Studierende nur als Einnahmequelle und nicht als Vorteil für den Wissensstandort Deutschland zu sehen. Allein die Diskussion darüber schade dem Wissensstandort, meint Maimouna Ouattara, Sozialreferentin des BAS: „Es werden weniger der schlauen und gut ausgebildeten Personen kommen, die in Deutschland angeblich gewünscht werden, denn diese können auch in andere Länder ausweichen.“
Deutschland verliert an Boden
Ein Blick in die jüngst vorgestellte OECD Studie zeigt, dass Quattaras Einwand stimmen könnte. Denn die Euphorie über neue Bestmarken ausländischer Studierender in Deutschland wird gedämpft, wenn man den langfristigen Wettkampf um die besten Köpfe betrachtet. Zwar steigt die Zahl der ausländischen Studierenden an, doch bezieht sich das auf absolute Zahlen, was wiederum eine Folge des weltweiten Trends ist. Ein Auslandsstudium ist heute gefragter denn je. Betrachtet man aber den Anteil der weltweit im Ausland Studierenden, hat Deutschland als Gastland deutlich an Boden verloren: kamen im Jahr 2005 noch 10 Prozent nach Deutschland, waren es 2001 nur noch 6 Prozent. (sb) Leitartikel Politik
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Wenn aus dem Ausland kommende Studierende bessere Chancen auf einen Studienplatz haben (z.B. Musik), weil sie eine bessere Vorbildung mitbringen, dann wäre der erste Schritt für mich die Überlegung, wie die Vorbildung in Deutschland verbessert werden kann und nicht, wie ich verhindere, dass Studenten aus dem Ausland an deutsche Hochschulen gehen.
Zum anderen erschreckt mich, dass es politisch mehr als gewollt ist, dass deutsche Studierende im Ausland theoretische und praktische Erfahrungen sammeln; dass man aber gleichzeitig nicht ein Land sein will, dass auch von ausländischen Studierenden zum selben Zweck genutzt werden soll. Also faktisch: Es ist okay, dass deutsche Studierende ausländischen Hochschulen Geld kosten. Nicht okay ist, wenn deutsche Hochschulen Geld für ausländische Studierende inverstieren müssen. Schöne Milchmädchenrechnung!
Außerdem bin ich überzeugt, dass jede Investition im Hochschulwesen auch den deutschen Studierenden zukommt.
Wir können alles, außer hochdeutsch – schön wärs!
Kein Bundesland bildet sich so viel auf seine Gscheitheit ein, wie BaWü. Kein Bundesland hat seinen Wahlkampf so auf Bildung ausgelegt, wie BaWü. Und kein Bundesland hat so viele Resourcen, seine bildungspolitischen Ziele auch umzusetzen. Aber was machen unsere Stuttgarter Superhirne? Träumen von Ausbau der Ganztagsschulen und bauen 5000 Lehrerstellen ab, träumen vom Ausbau internationaler Netzwerke und halten mit den verringerten Studienplätzen für Auslandsstudenten auch Netzwerker fern. Das verstehe, wer will.
Andererseits sollte man fragen – warum sollen wir unsere teuere INfrastruktur für ausländische Studenten durch den Steuerzahler finanzieren lassen, wenn diese danach sofort das Weite suchen?
In den meisten INdustrienationen (unter anderm auch in China wo ja viel herkommen) fallen Studiengebühren an – für ausländische Studenten sind diese sogar explizit häher als für inländische Studenten.
Ich sehe hier kein Vielleicht sondern eine Notwendigkeit das ganze zu begrenzen – oder durch GEbühren mehr Geld in die Kassen zu spülen. Das Geld käme dann ja wieder allen zu Nutze.
Wendy sagt:
17. Juli 2013 um 21:01
Andererseits sollte man fragen – warum sollen wir unsere teuere INfrastruktur für ausländische Studenten durch den Steuerzahler finanzieren lassen, wenn diese danach sofort das Weite suchen?
Dazu habe ich gerade heute ein Radiointerwiew auf SWR2 mit einem Dozenten der Stuttgarter Musikhochschule gehört:
– Zunächst macht die Sprachhürde Deutsch einen geldwerten Vorteil erforderlich, sonst gehen die Studies eben in die angelsächsischen Länder. – – Dann hat der Dozent geschildert, dass die zeitweilige Einführung der Studiengebühren bereits gezeigt hat, dass nicht mehr die begabtesten, sondern die besser gestellten kamen.
– Und dann hat er ausgeführt, dass sehr viele Studenten bleiben (gut, für Musiker bietet Dt.land natürlich auch einen relativ guten Arbeitsmarkt) und dann auch gut Steuern zahlen.
Dann noch 2 Anmerkungen von mir:
– Durch den demografischen Wandel wird sich die Wirtschaft zwangsläufig auch um andere Fachleute verstärkt bemühen müssen .
– Auch wenn Absolventen in ihre Heimatländer zurückgehen, sind sie, wie in meinem ersten Beitrag erwähnt, wertvolle Netzwerker für wissenschaftliche und wirtschaftliche Beziehungen.
@posteo – danke für die Ergänzungen.
Wenn die ausländischen Studenten (nicht die einheimischen) bezahlen müssen ist mir eigentlich egal ob „die besten“ oder „die reichsten“ kommen.
solange das Geld in den Topf kommt ist unerheblich von wem. Da kann er gerne 20 Jahre studieren…
Bzgl. der Musik – sehr viele Musiker hier sind im öffentlichen Dienst beschäftigt, das Geld komt also auch wieder „von uns“. Zudem würde ich mal sagen ist „Musik“ nicht unbedingt etwas was unsere Wirtschaft zukunftsfähig nach vorne bringt oder Arbeitsplätze in bedeutender Anzahl nach vorne bringt.
Ich habe nichts gegen ausländische Studenten, wäre aber für die Einführung einer Arbeitsfrist nach Studium. Soll heißen – wenn der Student hier erfolgreich einen MINT Abschluss hinlegt und mindestens 5 Jahre (in einem Zeitraum von vielleicht 7 JAhren) steuerpflichtig beschäftigt bleibt, wird ihm die Studiengebührengeschichte erlassen.
Ich bin der Meinung man sollte Gebühren entsprechend des Heimatlandes des Studierenden erheben. Ich meine wieso soll jemand der hier nicht geboren und gearbeitet hat etwas umsonst bekommen wenn sein Heimatland hemmungslos zugreift bei den Studiengebühren. Ursache gleich Wirkung gleich entsprechende Massnahme.
Liebe Wendy, lieber Blob,
habe gerade den 2. Teil der SWR2-Reportage zum Thema Studiengebüren an Musikhochschulen gehört und bin daher sozusagen noch mitten drin in der Materie:
Heute ging es mehr um die Bedeutung der Musik an sich. Auch wenn sie zu den seltenen Exemplaren gehören sollten, für die Musik lediglich eine Art der Lärmbelästigung darstellt, die Unterhaltungs- und damit in erster Linie die Musikindustrie hat in Deutschland inzwischen die Chemie von Platz 2 der Wirtschaftszweige verdrängt. Musik findet ja nicht nur in den subventionierten Konzertsälen statt, sondern, was mich betrifft, fast überall. Dazu kommt aber auch der positive pädagogische Effekt der Musik. Musizieren trainiert das Hirn und auch die körperliche Geschicklichkeit, und dafür brauchen wir ausgebildete Lehrer, Chorleiter und Freizeitpädagogen.
Soviel zur Musik, jetzt noch mal zur Demografie. Ich weiß nicht wie viele, aber ein guter Teil der Auslandsstudenten bleiben in Deutschland hängen, junge Menschen, die wir dringend brauchen. Und auch die, die nach dem Studium zurückkehren oder weiterziehen, nehmen ihre Studienzeit in der Regel als gute Erinnerung mit, und das ist wieder gut für unser Image. Und da man sich ja nach dem Studium auch nicht für das ganze restliche Leben festlegt, kommt vielleicht ein Teil der Studenten zu einem späteren Zeitpunkt wieder hierher.