USA

Umfassende Reform der Einwanderungspolitik

Die Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten haben gezeigt, dass die hispanoamerikanische Bevölkerung eine immer wichtigere Rolle für den Wahlausgang spielt. Die Wiederwahl von Amtsinhaber Barack Obama wäre ohne die starke Unterstützung durch diese Gruppe kaum möglich gewesen. Eine umfassende Reform der Einwanderungspolitik steht nun erneut auf der politischen Agenda.

Von Stefan Alscher Dienstag, 08.01.2013, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 09.01.2013, 22:50 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Bei den Präsidentschaftswahlen am 6. November nahmen etwa 12,5 Mio. Wähler hispanoamerikanischer Abstammung (sog. Hispanics) teil, dies entspricht etwa 10 % aller abgegebenen Stimmen. Davon stimmten etwa 70 % für den Amtsinhaber Barack Obama (Demokraten). Die Bedeutung dieser Wählergruppe nimmt vor allem auch deshalb zu, weil die hispanoamerikanische Bevölkerung seit den 1990er Jahren in immer mehr Regionen des Landes wächst und sich nicht mehr nur auf wenige Bundesstaaten beschränkt.

In den „swing states“ – Staaten mit geringem Abstand zwischen Demokraten und Republikanern in der Wählergunst – spielen die Hispanics ebenfalls eine immer größere Rolle, sodass ihr Stimmverhalten den Ausgang der Wahlen entscheidend beeinflusst. Auch US-Amerikaner asiatischer Herkunft sowie Afroamerikaner stimmen traditionell mehrheitlich für die Demokraten.

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Wählerpotenzial
Mitte November veröffentlichte das Forschungsinstitut Pew Hispanic Center eine Studie, der zufolge die Zahl der wahlberechtigten US-Amerikaner lateinamerikanischer Abstammung in 20 Jahren von derzeit 23,7 Mio. auf etwa 40 Mio. Personen ansteigen dürfte. Ursache für diese Entwicklung ist, dass Kinder und Jugendliche aus dieser Bevölkerungsgruppe in den kommenden Jahrzehnten das Wahlalter erreichen werden. Zudem spielt die höhere durchschnittliche Kinderzahl der Hispanics – 2,2 Geburten pro Frau gegenüber 1,9 bei der Gesamtbevölkerung – eine wichtige Rolle.

Das Durchschnittsalter der Hispanoamerikaner beträgt lediglich 18 Jahre, während die weiße, nicht-hispanische Mehrheitsbevölkerung ein Durchschnittsalter von 42 Jahren aufweist. In der Projektion nicht enthalten sind das Einbürgerungsverhalten sowie eventuelle Legalisierungsprogramme für undokumentierte Zuwanderer. Diese könnten das Wählerpotenzial der Hispanics noch deutlich vergrößern.

Reaktion der Republikaner
Angesichts der geringen Verankerung der Republikaner in der hispanoamerikanischen Bevölkerung ist in der republikanischen Partei eine Debatte um den künftigen Umgang mit dieser wachsenden Wählergruppe entbrannt. Einzelne republikanische Politiker sprachen sich nach den Wahlen bereits dafür aus, eine umfassende Einwanderungsreform unterstützen zu wollen.

Während des Wahlkampfes, vor allem jedoch in den Vorwahlen („primaries“), hatten Mitt Romney und andere republikanische Kandidaten versucht, sich mit einwanderungsfeindlichen Positionen zu profilieren. Dies habe potenzielle Wähler vor allem innerhalb der hispanoamerikanischen Bevölkerung verschreckt, sagte der Republikaner Carlos Gutierrez, ehemaliger US-Handelsminister und Ex-Berater von Präsidentschaftskandidat Romney. Zusammen mit dem republikanischen Lobbyisten Charles Spies gründete Gutierrez Mitte November die „Republicans for Immigration Reform“. Dabei handelt es sich um ein „Super PAC“ (PAC = Political Action Committee). Diese Komitees können unbegrenzte Summen an Spenden einwerben und spielten in den diesjährigen Präsidentschaftswahlen eine große Rolle. Erklärtes Ziel der neu gegründeten Lobbygruppe ist das Voranbringen einer umfassenden Einwanderungsreform innerhalb der republikanischen Partei. Dadurch sollen Wähler in der hispanoamerikanischen Bevölkerung gewonnen werden.

Einwanderungsreform
US-Präsident Obama unterstrich nach seiner Wiederwahl, dass er die seit Beginn seiner ersten Wahlperiode versprochene Reform des Einwanderungsrechts nun als „oberste Priorität“ erneut in Angriff nehmen werde. Obama befürwortet eine Reform, die unter bestimmten Umständen auch undokumentierten Zuwanderern einen Weg zur US-Staatsbürgerschaft eröffnet.

Einer Umfrage der Huffington Post und des Meinungsforschungsunternehmens YouGov zufolge sprachen sich mehr als zwei Drittel der Befragten dafür aus, dass eine Einwanderungsreform ein Schwerpunkt der zweiten Amtszeit von Obama sein solle. Dabei wünschen sich 55 % die Bekämpfung undokumentierter Migration im Mittelpunkt der Reform und nur 28 % eine stärkere Integration dieser Gruppe in die US-amerikanische Gesellschaft.

Einbürgerung undokumentierter Zuwanderer
Unterdessen arbeiten die Senatoren Chuck Schumer (Demokraten, New York) und Lindsey Graham (Republikaner, South Carolina) an einem überparteilichen Entwurf für eine Reform der Einwanderungspolitik. Ihnen zufolge soll dieser eine langfristige Einbürgerungsmöglichkeit für ehemals undokumentierte Zuwanderer enthalten. Diese müssten sich jedoch zunächst bei den Behörden melden. Zudem solle die Grenzsicherheit verstärkt und das derzeitige System legaler Zuwanderung reformiert werden.

Angesichts der Mehrheitsverhältnisse in den beiden Kammern des US-Kongresses ist eine umfassende Reform der Einwanderungspolitik nur dann möglich, wenn beide Parteien ein solches Vorhaben unterstützen. Hier bleibt jedoch offen, wie sich die Republikaner in dieser Frage positionieren. Beobachter sehen die republikanische Partei in der Einwanderungspolitik tief gespalten. Einwanderungskritiker („exclusionists“) stehen moderaten Kräften, die eine überparteiliche Lösung suchen, gegenüber. Aktuell Ausland

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