IGLU/TIMSS-Studien 2011

Migrantenkinder holen in der Schule auf – Deutschland im oberen Drittel

Deutschlands Grundschüler erreichen im internationalen Vergleich überdurchschnittliche Leistungen beim Lesen, in Mathematik und in den Naturwissenschaften. In allen Bereichen liegen die Viertklässler im oberen Drittel. Kinder mit Migrationshintergrund holen deutlich auf.

Mittwoch, 12.12.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Viertklässler in Deutschland erreichen im internationalen Vergleich im Lesen, in Mathematik und in den Naturwissenschaften ein Kompetenzniveau, das im oberen Drittel liegt. In allen Bereichen liegen die Ergebnisse über dem OECD-Mittelwert und über dem EU-Mittelwert. Das sind die zentralen Ergebnisse von IGLU 2011 und TIMSS 2011, die die Kultusministerkonferenz (KMK) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) am Dienstag in Berlin vorgestellt haben.

Besonders positiv fallen Schüler mit Migrationshintergrund auf. Sie haben in allen drei Bereichen ihre Leistungen verbessert, der Abstand zu ihren Mitschülern ohne Migrationshintergrund hat sich sichtbar verringert. Und: Im Gegensatz zum durchschnittlichen Gesamtleistungsniveau in Deutschland konnten Kinder mit Migrationshintergrund die Leistungszuwächse, die sich bereits 2006 gezeigt hatten, halten.

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Die Sprache zuhause
Wichtig ist laut Studie dabei die Sprache im Elternhaus. Schüler, die zu Hause nicht Deutsch sprechen,erzielen sowohl im Lesen als auch in Mathematik und in den Naturwissenschaften schlechtere Leistungen als ihre Mitschüler, die zu Hause Deutsch sprechen. Hier sind die Differenzen in den naturwissenschaftlichen Kompetenzen sind noch stärker ausgeprägt als in den mathematischen Kompetenzen. Zu beachten sei aber auch, dass nur 0,8 Prozent der Kinder zuhause nie Deutsch sprächen. „Man kann schwerlich von Parallelgesellschaft sprechen“, sagte der wissenschaftlicher Leiter der Studien, Wilfried Bos.

Doch auch ein weiterer Faktor beeinflusst die Leistung der Schüler in Deutschland wesentlich: Der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg ist in Deutschland immer noch zu groß. Und das trifft insbesondere Schüler mit Migrationshintergrund. Bos: „Wir kriegen es schlechter hin als der Durchschnitt der OECD.“

Feierlaune bei KMK-Präsident
KMK-Präsident Ties Rabe sind die Studienergebnisse insgesamt erfreulich: „Vielfältige Anstrengungen in der Schulpolitik wie der erhebliche Ausbau der Sprachförderung, die vielfältigen Anstrengungen für zusätzliche Förderangebote sowie die Steigerung der Ganztagsangebote haben zu dem guten Ergebnis beigetragen. Diese Anstrengungen müssen wir fortsetzen, insbesondere um Schüler aus bildungsfernen Elternhäusern besser zu fördern.“

Download: Ausführliche Ergebnisse der IGLU und TIMSS Studien können Sie hier herunterladen. Mit IGLU wird international vergleichend das Leseverständnis von Schüler am Ende der vierten Jahrgangsstufe untersucht. An IGLU 2011 beteiligten sich 56 Staaten und Regionen bzw. Bildungssysteme, davon 9 als Benchmark-Teilnehmer. Um Entwicklungstendenzen aufzeigen zu können, wird IGLU im Abstand von fünf Jahren wiederholt. Mit der Erhebung 2011 wird IGLU zum dritten Mal durchgeführt

Staatssekretärin Quennet-Thielen (BMBF) ergänzte: „Besonders freut mich, dass Kinder mit Migrationshintergrund in allen Bereichen deutlich besser abgeschnitten haben. Gleichwohl zeigt auch diese Studie: Wir müssen noch besser werden. Rund 20 Prozent an Schülern, die den Mindestanforderungen nicht gewachsen sind, sind zu viele.“ Mehr Bildungsgerechtigkeit brauche insbesondere frühe und individuelle Förderung.

Linke möchten Gemeinschaftsschule
Laut Rosemarie Hein, bildungspolitische Sprecherin der Linkspartei im Bundestag, sollte die individuelle Förderung in einer Gemeinschaftsschule erfolgen, wo Schüler länger gemeinsam lernen. „Die erreichten Lernergebnisse sind stark beeinflusst von der sozialen Herkunft des Kindes. Doch selbst wenn die Grundschulen gute Arbeit leisten, die Leistungsschere geht in den weiterführenden Schulen weiter auseinander. Das ist vor allem dem gegliederten Schulsystem geschuldet“, so die Linkspolitikerin. Auch sonst ist Hein nicht bei Feierlaune. „Der Schein eines guten Gesamtergebnisses für Deutschland trügt. Ein genauerer Blick in die Studien zeigt, dass etwa jeder fünfte Viertklässler hinterherhinkt“, so Hein. Merkliche Verbesserungen im Vergleich zu den Studienergebnissen 2001 oder 2007 gebe es ebenfalls keine.

Die ersten drei Plätze im Lesen belegen im internationalen Vergleich die Länder Hongkong, die Russische Föderation und Finnland. Im Bereich Mathematik hat Singapur die Nase vorn, es folgen Republik Korea (Südkorea) und Hongkong. Im Ranking der Naturwissenschaften liegen ebenfalls die Länder Republik Korea (Südkorea), Singapur und Finnland vorn. (sb) Gesellschaft Leitartikel Studien

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