TV-Tipps des Tages
20.11.2012 – Islam, Migranten, Muslime, Frankreich, Kosovo, Türkei, Flüchtlinge
TV-Tipps des Tages sind: Wir alle sind Prinzessinnen: Der Dokumentarfilm zeigt ihre Zerrissenheit zwischen den Normen und Wertvorstellungen ihres Herkunftsmilieus und denen, die unter ihresgleichen in und außerhalb der Schule gelten; Welcher Glaube für mein Kind? Fremde Heimat: Flüchtlingskinder - abgeschoben in den Kosovo
Von Ümit Küçük Dienstag, 20.11.2012, 8:18 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 19.11.2012, 11:52 Uhr Lesedauer: 5 Minuten |
Wir alle sind Prinzessinnen
Dokumentarfilm – Im Gymnasium eines Problembezirks von Marseille behandeln Schüler im Französischunterricht den Roman „Die Prinzessin von Clèves“ von Marie-Madeleine de La Fayette aus dem Jahr 1678. Der Handlung des Romans folgend, gewährt der Dokumentarfilm intime Einblicke ins Leben der jungen Leute. Manchmal benutzen die Jugendlichen ihre eigenen Worte, manchmal die des Buches. Die Höhepunkte des Romans, der zeitlose Themen behandelt, lassen sich gut auf ihre Welt übertragen. Auch sie entdecken gerade erste Liebesgefühle. Unmerklich verschwimmen die Grenzen zwischen Fiktion und Realität.
Der klassische französische Roman „Die Prinzessin von Clèves“ von Marie-Madeleine de La Fayette aus dem Jahr 1678 dient den Schülern der Abschlussklasse des Lycée Diderot, das in einem Problemviertel von Marseille liegt, als Ausgangspunkt, um über sich selbst, über Liebe, Gesellschaft, Religion, Ehe und Regeln des Familienlebens zu sprechen. Aufgrund der feinen psychologischen Zeichnung seiner Protagonisten gilt das Werk als erster moderner Roman der französischen Literatur.
In Régis Sauders Dokumentarfilm leihen Manel, Aurore, Mona, Abou und ihre Mitschüler den Romanfiguren ihre Stimmen und ihre Gesichter. Die Lektüre des im 16. Jahrhundert spielenden Romans regt die jungen Leute – meist Nachkommen ausländischer Immigranten – dazu an, ihre eigene Existenz samt deren Widersprüchen und inneren Konflikten mit neuen Augen zu sehen. Der Dokumentarfilm zeigt ihre Zerrissenheit zwischen den Normen und Wertvorstellungen ihres Herkunftsmilieus und denen, die unter ihresgleichen in und außerhalb der Schule gelten. In ihrem Stadtviertel, im Gymnasium und im Louvre, den die Schulklasse besucht, werden die Jugendlichen mit dem tragischen Schicksal der Prinzessin von Clèves konfrontiert, die bald eine der ihren wird. Sie versetzen sich in das Leben der jungen Romanheldin hinein und fragen sich, ob sie selbst manche Entscheidungen so treffen würden wie die Prinzessin.
Die Vermittlung des französischen Literaturerbes über den Schullehrplan wirft heutzutage bei manchen die Frage auf, ob es wirklich notwendig ist, dass junge Leute sich in ihrem späteren Leben einmal an eine Romanfigur, ein Gemälde oder ein Theaterstück erinnern können. Hilft ihnen das auf dem Arbeitsmarkt? Sind die alten Romane nicht völlig überholt? Der Dokumentarfilm zeigt auf überzeugende und bewegende Weise, dass die fiktiven Gestalten den Jugendlichen dabei helfen, erwachsen zu werden. 10:30-11:40 • arte
Welcher Glaube für mein Kind?
Dokumentation – Bisher hat sich Marc Burth nie viele Gedanken über Religion gemacht. Doch seitdem er Vater zweier Kinder ist, plagen ihn Fragen wie: Was sind meine Kinder eigentlich? Moslems, Protestanten, Katholiken, Juden? Oder vielleicht Heiden? Muss ich nach Gott suchen, oder offenbart er sich uns? Gibt es Gott überhaupt? Marc Burth begibt sich auf die Suche nach der passenden Religion für seine Kinder und besucht verschiedene Glaubensträger, die über ihre Erfahrungen mit Gott berichten.
Marc Burth ist Vater geworden und hat ein Problem: zwei Kinder und keine passende Religion für sie. Sein Vater ist Protestant, seine Mutter Jüdin und seine Schwester ist Schamanin. Der Vater seiner Frau ist Moslem und ihre Mutter Katholikin. Ein schwieriges Unterfangen für den verwirrten Filmemacher, in diesem Crossover der Religionen die richtige Wahl für seine Kinder zu treffen.
Auf der Suche nach Antworten besucht Marc Burth Menschen, die ein Verhältnis zu Gott haben und auch solche, die bewusst keines haben. Er spricht mit Atheisten, Schamanen, Jesuiten, Baptisten, Juden, Moslems und Heiden. Er will wissen, ob es Gott gibt oder eben nicht und warum Religion für Kinder wichtig sein soll.
Die Dokumentation ist eine verspielte, verrückte, leicht neurotische Annäherung an eine Frage, an der viele scheitern und die sich die Menschheit immer stellen wird: Existiert Gott? Und wenn ja, wie viele? 11:40-12:32 • arte
Fremde Heimat
Flüchtlingskinder – abgeschoben in den Kosovo. Sie sind in Deutschland geboren und aufgewachsen, ihre Muttersprache ist Deutsch – und trotzdem dürfen sie nicht bleiben: Viele Jugendliche, deren Eltern kosovarischen Minderheiten angehörten und in den neunziger Jahren vor den Bürgerkriegswirren auf dem Balkan nach Deutschland flohen, müssen jetzt zurück in ein Land, das ihnen nie ein Zuhause war.
In der Heimat ihrer Eltern fremdeln sie. Sie sprechen die Sprache kaum, werden als „Zigeuner“ von der Gesellschaft ausgegrenzt und leben in Armut und Perspektivlosigkeit. Die Folgen für die Kinder sind fatal.
Wie das Kinderhilfswerk UNICEF berichtet, leidet fast die Hälfte der aus Deutschland und Österreich ins Kosovo abgeschobenen Jugendlichen an Depressionen, ein Viertel hat Selbstmordgedanken. Dabei gehören sie eigentlich einer hoffnungsvollen Generation an, die Deutschland auch gerade angesichts der ständig alternden Gesellschaft dringend brauchen könnte.So wie Nermina. Die 18-Jährige stand kurz vor dem Realschulabschluss, hatte den Ausbildungsplatz als Krankenschwester bereits in der Tasche. Doch dann kam der Bescheid von der Ausländerbehörde. Jetzt lebt sie im Kosovo und wartet darauf, verheiratet zu werden.18:00-18:30 • PHOENIX
Das Feature
„Ich vermisse die Sonne und das Meer“. Familie Isik auf der Suche nach ihrem Leben in Deutschland. Von Thomas Hartwig
„Wenn du in der Türkei nicht in die Moschee gehst, wirst du ausgegrenzt“, sagt Dr. Kemal Isik, Veterinärmediziner. 1995 kam er mit seiner Ehefrau Susam aus der Türkei nach Deutschland. Hier erhofften sich beide mehr Gleichberechtigung, Freiheit und Chancengleichheit. Susam promovierte in Berlin zum Doktor der landwirtschaftlichen Fakultät, fand aber bisher keine geeignete Anstellung. Sie macht die Pressearbeit für einen Europaparlamentarier.
Kemal konnte nicht als Tierarzt arbeiten, weil seine türkischen Diplome nicht anerkannt wurden. Er musste eine Stelle als Hygienebeauftragter annehmen. Susam ist oft unterwegs, dann hütet ihr Mann die beiden kleinen Kinder, Tochter Arsu und Sohn Arda. Susam ist eine emanzipierte Frau und ein Energiebündel, Kemal dagegen eher bedächtig. Beide haben seit Langem den deutschen Pass und haben doch das Gefühl, hier nicht ganz angekommen zu sein. Der Autor hat die Familie in ihrem Alltag begleitet. 19:15-20:00 • Deutschlandfunk TV-Tipps
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