Bundesverfassungsgericht
Richter kassieren Ungleichbehandlung von Ausländern
Das Elterngeld- und Elternzeitgesetz, wonach Ausländer keinen Anspruch auf Erziehungs- bzw. Elterngeld haben, wenn sie nicht in den Arbeitsmarkt integriert sind, ist verfassungswidrig. Das entschied das Bundesverfassungsgericht.
Donnerstag, 30.08.2012, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 04.09.2012, 6:31 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Menschen mit humanitärem Aufenthaltsrecht wurden in verfassungswidriger Weise vom Erziehungs- und Elterngeld ausgeschlossen. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem am Mittwoch veröffentlichen Beschluss (10.07.2012) Vorschriften aus dem Elterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zugunsten von Migranten kassiert. Dies Vorschriften verstoßen gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz und gegen das Verbot der geschlechtsbezogenen Benachteiligung.
Danach ist die Gewährung von Erziehungs- bzw. Elterngeld vom Aufenthaltstitel abhängig. Keinen Anspruch haben ausländische Staatsangehörige, wenn ihnen der Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erlaubt ist. Ausnahme: Aufenthalt im Bundesgebiet von mindestens drei Jahren und Erwerbstätigkeit, Bezug von Arbeitslosengeld I oder Inanspruchnahme von Elternzeit.
Nicht gerechtfertigt
Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt, haben jetzt die Verfassungsrichter entschieden. Eltern mit identischen Aufenthaltstiteln würden zu Unrecht unterschiedlich behandelt. Zudem benachteilige die Regelung Frauen im Vergleich zu Männern, weil sie aus mutterschutzrechtlichen Gründen dem Arbeitsmarkt in den ersten acht Wochen nach der Geburt eines Kindes nicht zur Verfügung stehen.
„Erneut erweist sich die Bundesregierung als der eigentliche Integrationsverweigerer“, kommentiert die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, die Entscheidung. Trotz Kritik ihrer Fraktion sei dieser Verfassungsbruch „billigend in Kauf genommen, mit dem Effekt weiterer gesellschaftlicher Ausgrenzung von Ausländern“. „Sage niemand, die Regierung hätte es nicht wissen können“, so Dagdelen. Sie verweist auf einen Entschließungsantrag ihrer Fraktion aus Oktober 2006.
Verfassungswidrige Gesetze
Zum wiederholten Mal müsse das Bundesverfassungsgericht grundgesetzwidrige Gesetze der Bundesregierung kassieren, die Migrantinnen und Migranten betreffen – zuletzt beim Asylbewerberleistungsgesetz, nun beim Eltern- und Erziehungsgeld.
„Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im Jahr 2004 ein vergleichbares Urteil gefällt, das nur zu übertragen gewesen wäre. Der Regierung ging es jedoch – wie so oft im Umgang mit Flüchtlingen bzw. Migrantinnen und Migranten – nicht um die Wahrung der Verfassung, sondern um Kostenreduzierung auf deren Rücken. Diese Entrechtung, dieses Vorenthalten von Leistungen kommen einer gezielten Ausgrenzung gleich. Die Bundesregierung muss den verfassungswidrigen Zustand sofort beheben“, so die Linkspolitikerin abschließend. (hs) Aktuell Recht
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