Buchtipp zum Wochenende

Der Mythos vom Niedergang der Intelligenz

Bedient sich Sarrazin eugenischer Argumentationsmuster? Gibt es Bezüge zu Netzwerken und Zitierkartellen? Stützt sich Sarrazin tatsächlich auf seriöse Forschungen? „Der Mythos vom Niedergang der Intelligenz“ beantwortet diese und viele weitere Fragen.

Freitag, 15.06.2012, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 09.06.2012, 18:43 Uhr Lesedauer: 1 Minuten  |  

Die von Thilo Sarrazin heraufbeschworenen Untergangsszenarien sind uralt. Schon im vorletzten Jahrhundert waren es angeblich die „Falschen“, die am meisten Kinder bekamen: Ungebildete, Unterschichten und Volksfremde. Doch die befürchtete Degeneration blieb aus; die offene, moderne Gesellschaft erwies sich als leistungsfähiges Erfolgsmodell.

Worin liegt also die Popularität der Sarrazin-Thesen begründet? Der Sammelband „Der Mythos vom Niedergang der Intelligenz“ diskutiert aus Sicht verschiedener Wissenschaftsdisziplinen die Behauptung, in modernen Gesellschaften finde eine Gegenauslese zu Gunsten der „Dummen“ statt. Die Autoren weisen dieser inzwischen weit verbreiteten Argumentation zahlreiche Fehler und Missverständnisse nach. Sie zeigen, dass die von Sarrazin angestoßene Debatte um eugenische Ideen kreist und sich zu weiten Teilen auf dubiose Forschungsergebnisse eines internationalen Zitierkartells stützt.

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„Regelrecht peinlich für Sarrazin wird es, wenn der Direktor des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie, Diethard Tautz, ihn darauf hinweisen muss, dass Intelligenz keine monogenetische Eigenschaft ist, die nach den Mendelschen Gesetzen vererbt wird – wie der Ex-Banker laienhaft, aber umso sturer behauptet“, meint etwa Seteven Geyer in der Frankfurter Rundschau.

Wer das Buch aufschlägt, möchte kaum ein Kapitel überspringen. Ob es um die Deutschen oder US-Quellen Sarrazins geht oder um den Kontext zwischen Intelligenz, Bildung und Genetik. „Auf fast jeder Seite geht einem ein Licht auf“ (Alan Posener etwa schreibt in Die Welt) (bk) Aktuell Rezension

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  1. Hans Meiser sagt:

    In der FAZ erschien ein Artikel, in dem Sarrazin von zwei der führenden deutschen Intelligenzforscher bescheinigt wurde, dass die genetischen Inhalte in seinem Buch „mit dem Stand der Wissenschaft vereinbar“ seien und „keinesfalls Überinterpretationen enthalten“.

    http://www.faz.net/s/Rub9B4326FE2669456BAC0CF17E0C7E9105/Doc~EBFC72F0534A149BE84CA714A883B6B5C~ATpl~Ecommon~Scontent.html

    Sarrazin ist nicht widerlegbar, das lässt sich auch nicht durch wohl gesetzte rhetorische Unschärfen und Tricks verbergen.

  2. Al Bundy sagt:

    Nicht nur das, Hans Meiser. Forscher haben herausgefunden, das religiöse Menschen nicht besonders intelligent sind.
    http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/intelligenz-und-evolution-konservative-haben-geringeren-iq-a-680956.html

  3. Axel Schaper sagt:

    @ Hans Meiser: Der in dem angezeigten Buch enthaltene Aufsatz von Knebel und Marquardt diskutiert (und widerlegt) ausführlich den genannten FAZ Artikel von Rindermann und Rost (sowie deren Ansatz insgesamt). Noch ein Hinweis: Über die Kataloge wissenschaftlicher Bibliotheken ist für Nutzer kostenlos auch die elektronische Fassung des Buchs herunter zu laden! Z. B. über http://www.gbv.de und Autorennamen Michael Haller.

  4. pepe sagt:

    @Albundy:

    Erstens ist Der Spiegel die Bildzeitung der selbsternannten Intellektuelle.

    Zweitens kann man Korrelationen zwischen fast allem finden. Eine Korrelation sagt nichts aus.

    Tatsächlich ist Intelligenz weder ein endgültig oder eindeutig definiertes Konstrukt, noch ist Intelligenz auf ein einziges Gen zurückzuführen. Noch dümmer als Sarrazin sind seine Anhänger, die anscheinend keine Ahnung von Psychologie haben.

  5. Al Bundy sagt:

    Pepe, diese Forschung wurde ja nicht vom Spiegel oder der Bildzeitung erstellt sondern von Forschern der London School of Economics and Political Science. Und deren Ergebnisse werden Sie auch in anderen Publikationen finden. Eine Korrelation sagt nichts aus, da haben Sie recht. Aber was soll eine Korrealtion auch aussagen? Wäre diese Studie in Berlin durchgefühtt worden gäbe es wahrscheinlich noch gravierendere Unterschiede.
    Intellgenz ist vererbar. Dazu ein Artikel aus dem Tagesspiegel, also nicht aus der Bildzeitung: http://www.tagesspiegel.de/wissen/zwillingsstudien-intelligenz-ist-erblich/6065240.html
    Und Sarrazin ist gewiss nicht dumm, sonst wäre er nicht in hohe Amter aufgestiegen. Einige die seine Bücher kauften mögen dumm sein, vielleicht haben die auch keine Ahnung von Psychologie.
    Was solls.

  6. saggse sagt:

    rau „Migrantin“ scheint übrigens ihre verlinkte Artikel auch nicht bis zu Ende zu lesen.Herr pepe – falls Sie es noch nicht bemerkt haben – die von Al Bundy verlinkte Studie deckt sich mit jener in der “ Süddeutschen“, die von „Migrantin “ in den Disput gebracht wurde um die Unterbelichtung rechtspopulistischextremislamophober Sarrazinazis zu belegen und daselbst Ihren Beifall fand.

    http://www.migazin.de/2012/06/04/solidaritatskampagne-fur-mely-kiyak/comment-page-4/#comments

    In der SZ war auch zu lesen: „Ähnlich erklärt der Londoner Forscher Kanazawa die Ergebnisse. Mit Intelligenz könne sich der Mensch von Traditionen abwenden. Dazu zählt er auch die historisch neue Idee, nicht an einen Gott zu glauben. Unter den befragten Amerikanern hatten die „überhaupt nicht religiösen“ einen IQ von 103 und die „sehr religiösen“ einen IQ von 97.“

    Frau „Migrantin“ scheint die von ihr verlinkten Texte auch nicht bis zum En- de zu lesen.

  7. Pragmatikerin sagt:

    @ pepe
    Sie scgrieben:
    „“Noch dümmer als Sarrazin sind seine Anhänger, die anscheinend keine Ahnung von Psychologie haben“

    Was sie nicht alles von den Menschen erwarten. Ich bin z.B. eine Sarrazin-Anhängerin, aber warum sollte ich Ahnung von Psychologie haben? Bin ich allwissend?

    Pragmatikerin

  8. aloo masala sagt:

    Hans Meiser ist ein gutes Beispiel von untertäniger Obrigkeitshörigkeit eines unkritischen Geistes mit irrationaler Argumentation. Das sind 3 Kritikpunkte, die schon fast beleidigend für jeden gesunden Menschenverstand daher kommen, dass sie einer gründlichen Beweisführung bedürfen. Diese will ich im Folgenden versuchen:

    Wenn Wissenschaftler oder Experten etwas sagen, dann ist es die Wahrheit. Denn schließlich zählt das Wort auf berufenem Munde mehr als das eines kritischen Kleinbürgers. Das ist untertänige Autoritäts- oder Obrigkeitshörigkeit gegenüber Experten.

    Damit nicht genug. Gegenteilige Informationen von anderen Wissenschaftlern, die nicht in das eigene Weltbild passen, werden ignoriert. Sie existieren irgendwie nicht und deswegen braucht man sich damit auch nicht auseinander setzen. Denn es reicht völlig aus, wenn die richtigen Wissenschaftler, das richtige gesagt haben, wobei das Weltbild entscheidet, was richtig und falsch ist. Hier geht der autoritätshörige Geist in einen unkritischen Geist über.

    Untertänige Obrigkeitshörigkeit gegenüber Experten und ein unkritischer Geist gehen meist Hand in Hand mit irrationalen Argumenten einher. Wenn die Professoren Rost und Rindermann stichprobenartig einige von Sarrazins Thesen bestätigen, dann haben diese nicht nur recht sondern dann ist das auch für Herrn Meiser Beweis genug, dass Sarrazin unwiderlegbar ist, also faktisch Gott. Das entbehrt jeglicher Logik, ist somit irrational.

  9. Optimist sagt:

    Wenn man will, kann man durch Statistiken zu nahezu sämtlichen Thesen einen Bezug herstellen. Ich bin Wissenschaftler und weiß, wovon ich rede.

    Ich bin kein Mediziner, aber dennoch der Überzeugung, daß man bis zu einem gewissen Anteil Intelligenz in die Wiege gelegt bekommt. Das ist aber sicherlich nicht alles. Denn wenn es danach gehen würde, dann dürfte kaum ein Türke studiert haben, weil unsere Eltern fast alle als einfache Arbeiter ohne höhere Schulbildung nach D kamen. Wie erklärt die Vererbungstheorie, daß zB eine meiner Schwestern derzeit ihr Abitur macht, während die Ältere auf der Sonderschule war oder daß aus mir ein Wissenschaftler geworden ist, während meine Eltern beide nicht einmal Abitur haben?

    Studien haben allgemein belegt, daß weltweit Minderheiten schulisch schlechter abschneiden als Einheimische, zB eingewanderte Deutsche in Amerika oder Australien schlechter sind als die Amerikaner oder Australier. Es scheint also ua einen direkten Zusammenhang zwischen der Sprache und den schulischen Leistungen zu geben. An dieser Stelle muss ich wohl kaum auf die sprachlichen Defizite einiger in D lebenden Türken zu verweisen, was nicht auf Intelligenzschwäche, sondern meistens auf mangelnde Kontakte mit Deutschen zurückzuführen ist.

    Darüber hinaus haben Elternhäuser mit finanzieller Sicherheit ganz andere Voraussetzungen, um ihr Kind adäquat zu unterstützen. Seien es ihre Talente in der Freizeit (zB Kartfahren, um später einmal ein Renfahrer zu werden. Wer kann sich solch ein aufwändiges Hobby für sein Kind leisten?) oder auch in der Schule, welche privat gefördert werden. Wie soll ein alleinverdienender Vater mit möglicherweise harten Arbeitsbedingungen (Wechselschicht, körperlich harte Arbeit usw) nach dem Job noch die Energie aufbringen, für jedes seiner 3-4 Kinder die nötige Aufmerksamkeit und Unterstützung zukommen zu lassen? Wer das aus der eigenen Familie kennt, weiß, was ich meine.

    Kurzum, zwanghafte Versuche einen Beleg der Intelligenz ausschließlich in den Genen zu suchen, ist für mich viel zu einfach und zu kurzsichtig. Der Mensch ist schließlich mehr als die Summe seiner Teilchen. M.E. versuchen die Verteidiger der Vererbungstheorie lediglich auf Biegen und Brechen ihre Rassentheorie zu untermauern, und das sagt schon genug über diese Personen aus.

  10. Bachfischer sagt:

    „Ich bin Wissenschaftler und weiß, wovon ich rede.“

    Wer glaubt einem Wissenschaftler, der die Erkenntnisse der Evolutionstheorie im Gesamten in Zweifel zieht zugunsten religiöser Überlieferung? Überdies… sagten Sie nicht, Sie seien Ingenieur? Kennen Sie den Unterschied?