Bildung

Kinder mit deutschem Pass deutlich häufiger in Gymnasien als Ausländer

Migranten mit deutschem Pass besuchen häufiger ein Gymnasium als ausländische Kinder. Deutliche Unterschiede gibt es auch im Vergleich zu Kindern ohne Migrationshintergrund. SPD und Grüne machen das selektive Schulsystem verantwortlich.

Freitag, 13.04.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 19.04.2012, 7:47 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Nach den Ergebnissen des Mikrozensus gingen im Jahr 2010 von den jungen Baden-Württembergern im Alter unter 20 Jahren insgesamt 17 Prozent auf eine Hauptschule und 32 Prozent auf eine Realschule. Mit gut 44 Prozent am häufigsten waren die baden-württembergischen Jugendlichen jedoch auf einem Gymnasium zu finden. Sonstige Schulformen besuchten rund 7 Prozent der jungen Menschen im Land.

Im Hinblick auf die besuchten Schulen zeigen sich allerdings zwischen den Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund deutliche Unterschiede: Von den jungen Baden-Württembergern ohne Migrationshintergrund waren gut 12 Prozent auf einer Hauptschule, von den Migranten dagegen mit rund 26 Prozent mehr als jeder Vierte.

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Ohne Migrationshintergrund kommt man eher aufs Gymnasium
Demgegenüber waren die Jugendlichen ohne Migrationshintergrund mit knapp 49 Prozent weitaus häufiger auf dem Gymnasium zu finden als Gleichaltrige mit Migrationshintergrund, von denen knapp 36 Prozent ein Gymnasium besuchten. Bei Realschulen mit jeweils 32 Prozent sowie bei sonstigen Schulformen war der Besuch nahezu gleich häufig.

Gemäß der Definition des Mikrozensus setzt sich die Gruppe der Migranten zusammen aus Deutschen mit Migrationshintergrund (dazu zählen u.a. Spätaussiedler, Eingebürgerte und die Kinder von Spätaussiedlern und Eingebürgerten) sowie allen Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit.

Deutliche Unterschiede auch unter Migranten
Zwischen den jungen Deutschen mit Migrationshintergrund und den Ausländern zeigen sich ebenfalls erhebliche Unterschiede im Schulbesuch: Unter den jungen Ausländern war mit 38 Prozent die Hauptschule die am häufigsten besuchte Schule, knapp 30 Prozent waren auf der Realschule und rund 23 Prozent auf einem Gymnasium. Mit gut 9 Prozent war der Anteil derer, die eine sonstige Schulform besuchten, relativ hoch.

Die jungen Deutschen mit Migrationshintergrund waren hingegen am häufigsten auf dem Gymnasium zu finden (knapp 43 Prozent), die Realschule besuchten gut 32 Prozent, die Hauptschule knapp 20 Prozent und sonstige Schulformen rund 5 Prozent. Im Hinblick auf die besuchten Schulen stehen somit die Deutschen mit Migrationshintergrund den Baden-Württembergen ohne Migrationshintergrund näher als den Ausländern.

Türken abgeschlagen
Auch die Betrachtung nach dem Herkunftsland der jungen Migranten offenbart deutlich Unterschiede bei den besuchten weiterführenden allgemeinbildenen Schulen: So waren beispielsweise rund 41 Prozent der jungen Baden-Württemberger mit türkischem Migrationshintergrund, knapp 31 Prozent der Jugendlichen mit derzeitiger oder früherer Staatsbürgerschaft des ehemaligen Jugoslawiens, aber nur 21 Prozent der Jugendlichen mit derzeitiger oder früherer EU-Staatsbürgerschaft auf einer Hauptschule. Letztere waren mit rund 40 Prozent wesentlich häufiger Schüler eines Gymnasiums als die Jugendlichen mit türkischem Migrationshintergrund (gut 23 Prozent).

Strukturelle Diskriminierung
Für baden-württembergische Integrationsministerin, Bilkay Öney, sind die Zahlen ein Beleg für mangelnde Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem. Daher sei es „richtig“ gewesen, die Grundschulempfehlung abzuschaffen. Damit habe die Landesregierung „einen wichtigen Schritt gemacht, um strukturelle Diskriminierung im Bildungsbereich zu beenden“, sagte Öney am Donnerstag in Stuttgart.

In eine ähnliche Richtung deutet auch Memet Kılıç, migrationspolitischer Sprecher der Bundestagsgrünen, die Zahlen. Diese Zahlen seien das „miserable Erbe der CDU in der Bildungspolitik“. Wie man an den Zahlen sehen könne, sei das „insbesondere eine Last für Migrantenkinder. Durch die frühe Selektion landen überproportional viele von ihnen auf Förder- und Hauptschulen. Migrantenkinder wurden bisher aufgrund ihres sozialen Hintergrundes im Stich gelassen.“ Kılıç plädiert dafür, Schüler möglichst lange gemeinsam lernen zu lassen. Daher sei die Einführung der Gemeinschaftsschule ein richtiger Schritt. Diese Reform wird Früchte tragen! (sb) Gesellschaft Leitartikel

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  1. posteo sagt:

    Da der Schulerfolg vom Beherrschen der Unterrichtssprache abhängt und sowohl das Beherrschen der Unterrichtssprache Deutsch als auch das Recht auf Einbürgerung wiederum mit der Aufenthaltsdauer in Deutschland zusammenhängt, sollte nicht allzu verwunderlich sein, dass die Kinder eingebürgerter Eltern im Durchschnitt besser abschneiden als die Kinder ausländischer Eltern.

  2. posteo sagt:

    Und dann wäre ja auch noch der Sprachtest, den die Eltern für die Einbürgerung bestehen müssen. Das heißt, eingebürgerte Eltern müssen recht gut deutsch können und können damit ihre Kinder auch besser unterstützen.

    An dieser Stelle möchte ich darauf aufmerksam, machen, dass es in Deutschland auch den 2. Bildungsweg gibt.
    Wenn jemand erst als Jugendlicher nach Deutschland kommt und mangels Sprachkenntnis nicht gleich Abi machen kann, kann er nach der Ausbildung auf ein Fachgymnasium. Oder nach Ausbildung +gutem Abschluss auf die Fachhochschule. Auch der Meisterbrief berechtigt zum Studieren. Es ist nicht so, dass es nur den einen Weg gibt, Grundschule-Penne(umgangssprachlich für Gymnasium)-Uni.