Ausgrenzung mit Unworten
Die „Döner-Morde“ und die „SoKo Bosporus“
Zehn Menschen fielen Neonazi-Serientätern zum Opfer. Neun davon hatten einen sog. „Migrationshintergrund“, acht davon einen türkischen, einer einen griechischen, einer davon besaß eine „Döner-Bude“ - wie die Sprache der systematischen Ausgrenzung mit Unworten agiert.
Von dtjw Freitag, 18.11.2011, 7:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 20.11.2011, 23:44 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Bezeichnung eines Mordes steht für die Definition des Motives oder das Tatmuster der oder des Täters. Es gibt den Raubmord, den Sexualmord, den Serienmord, etc. Doch die Logik der systematischen Diskriminierung funktioniert anders. Die Medien zelebrieren die Ausgrenzung, indem sie eine Mordserie zu „Döner-Morden“ erklären. Worthülsen und sinnentleerte Neologismen sollen Ängste und Phantasien über düstere Machenschaften in nicht greifbaren Parallelwelten bedienen. Wenn die Mordopfer „Ausländer“ sind, kann man diese Morde unter „Döner-Morde“ zusammenfassen. Leichtfertig, jenseits von jeglicher Sensibilität und ohne einen Hauch von Taktgefühl. Wofür steht hier der Döner? Für die Motivation? Für die Täter oder für die Opfer?
Zehn Menschen wurden ermordet. Jeder dieser Menschen war ein Individuum mit seiner eigenen ganz persönlichen Lebensgeschichte. Diese aufgrund ihrer oder der Herkunft ihrer Eltern auf ein Imbissgericht zu reduzieren, kommt einer Entwertung ja sogar Entmenschlichung der Getöteten gleich und ist unter keinem Umstand hinnehmbar.
Nicht umsonst wurde die „SoKo Bosporus“ in Nürnberg gegründet, die beiden ersten Morde, wie auch der sechste, fanden ebendort statt. Weshalb erfolgte eine mentale Verlegung an die Meerenge von Istanbul, während alle Tatorte für alle ersichtlich in der Bundesrepublik liegen? Wäre eine „SoKo Franken“ nicht die realitätsorientiertere gewesen?
Sinnvolle Ermittlung baut auf die Eruierung und Auswertung von Tatsachen. Diese sind, dass alle Morde mit ein und derselben Waffe an Menschen mit einem sog. „Migrationshintergrund“ begangen wurden. Die Logik gebietet es, sich an Realitäten zu orientieren und diese so zu benennen, demnach handelt es sich um eine Mordserie – sie hat nichts mit einem Drehspieß zu tun.
Der Anstand gebietet es, Begriffe, die die Brutalität der Taten abschwächen nicht nur zu unterlassen, sondern auch andere aufzufordern, mit Opfern, gleich welcher Herkunft, respektvoll umzugehen. Verbal-strukturelle Ausgrenzung tut dies nicht. Aktuell Meinung
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Präzise auf den Punkt gebracht! Danke.
Warum demonstrieren wir Türken nicht öffentlich gegen diese Unverschämtheit?!! Dieser Begriff darf nicht in den Medien publiziert werden! Lasst uns dagegen was unternehmen! Wo seid ihr alle???
Kann sich noch jemand an die „Parkplatz-Morde“ erinnern? Oder in den USA an den „Green-River-Killer“? Mordserien bekommen egentlich immer einen mehr oder weniger passenden Namen. Normalerweise regt sich niemand darüber auf, hier ist es aber ein Thema und Inci ruft sogar auf dagegen was zu unternehmen. Was eigentlich genau?
Ähnlich beim Begriff „Soko Bosporus“. Es wurden ja bekanntlich vorallem Türken getötet und eine innertürkische kriminelle Tat schien wahrschenlich zu sein. Man ging vielen Richtungen nach, auch rechtsradikaler Motivation, nur die Polizei kann ihrem Fahnderteam ja nicht erst dann einen Namen geben, wenn die Taten eindeutig aufgeklärt wurden.
Dieser Artikel übertreibt ziemlich und zur deutsch-türkischen Verständigung trägt er nicht bei. Er verschäft die Gräben eher, wie man an Inci sieht.
Einigen Journalisten ging die SOKO Bosporus noch nicht weit genug. Die Polizei hatte zwar bis zu 160 Beamte im Einsatz, durchleuchtete das komplette Umfeld der Opfer und trug riesige Aktenberge zusammen, aber einen Zusammenhang konnten sie nicht finden. Kein Wunder, es gab ja auch keinen.
Conny Neumann und Andreas Ulrich vom SPIEGEL sahen das als Beleg für die tiefen Abgründe, vor denen die Ermittler standen. In mehreren Artikeln phantasierten sich die beiden in einen regelrechten Türkenrausch von Parallelgesellschaften, Angst, Schweigen, Mafia und Geheimdienst. Die SOKO, die auch Südländerhass für möglich hielt, gleichwohl aber kaum in diese Richtung ermittelte, wurde von den Autoren dafür verhöhnt. Fremdenfeindlichkeit sei wohl ausgeschlossen, meinten Conny Neumann und Andreas Ulrich.
Wie man Journalismus besser macht, zeigte der Kölner Stadt-Anzeiger. Der Redaktion fiel auf, dass die Phantombilder aus der Mordserie und des Bombenanschlags sehr ähnlich waren. Das teilte sie der Polizei mit. Antwort der Kripo: Zufall, da gibt es keinen Zusammenhang.
„Hätte ein Laie erkennen können“
http://www.ksta.de/html/artikel/1321373160248.shtml