Schule
Ausgrenzung fördert Gewalt
Erfahrungen sozialer Ausgrenzung begünstigen aggressives Verhalten. Vom Gefühl, minderwertig zu sein bzw. nicht dazu zu gehören sind insbesondere Migrantenkinder betroffen. Der Lehrerverband schlägt Alarm.
Dienstag, 11.10.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 17.10.2011, 1:36 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Neueste Erkenntnisse aus der Hirnforschung stehen gängigen Praktiken in Schulen entgegen. So gilt unter Neurobiologen soziale Akzeptanz als wichtigster Stimulus für Motivation – doch was geschieht? „Viele Kinder und Jugendliche erleben zu wenig Zuwendung und Förderung, nicht nur in ihren Herkunftsmilieus, sondern auch in der Schule,“ erklärten Klaus Wenzel, Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), und der Freiburger Arzt und Neurowissenschaftler Prof. Dr. Joachim Bauer.
Stattdessen komme es nicht selten zu fatalen Ausgrenzungserfahrungen, zum Beispiel dann, wenn Schüler erfahren, dass sie für einen bestimmten Schultyp nicht geeignet sind oder das Klassenziel nicht erreicht haben. „Erfahrungen sozialer Ausgrenzung tangieren die Schmerzgrenze des menschlichen Gehirns und begünstigen aggressives Verhalten“, ergänzte Bauer. Der BLLV-Präsident forderte Konsequenzen für alle Schulen: „Wir brauchen Bildungseinrichtungen, die junge Leute stark machen, die sie motivieren und fördern.“ Ein Schulsystem, das einen Teil der Kinder ausgrenze, sei kontraproduktiv, kostspielig und gefährlich. Bereits Grundschüler machten Erfahrungen mit Konkurrenz und Ausgrenzung. „Schulen der Zukunft müssen aber integrieren und soziale Akzeptanz befördern.“
Frage nach der Ursache
„Gewalt ist zu verurteilen, jeder Gewalttäter muss zur Verantwortung gezogen werden“, stellten Bauer und Wenzel klar. Allerdings dürfe nicht vergessen werden, nachzufragen, woher die Gewaltbereitschaft unter Heranwachsenden komme und welche Ursachen sie habe. Nicht nur fehlende Zuwendung und Ausgrenzungserfahrungen, auch Gewalt-Vorbilder, insbesondere die weit verbreiteten Kriegs- und Killerspiele, spielen Bauer zufolge für die Entstehung von Jugendgewalt eine fatale Rolle, da sie – wie Studien zeigen – zu einer gefährlichen emotionalen Abstumpfung junger Menschen führen können.
Wenzel und Bauer kritisierten, dass die Gesellschaft in vielfältiger Weise Kinder und Jugendliche mit Gewalt und Gewaltmodellen konfrontiere, nicht nur in den Medien, auch in Familien und im alltäglichen zwischenmenschlichen Umgang. Gleichzeitig werde Gewaltbereitschaft verurteilt und erwartet, dass sich Kinder und Jugendliche gut benehmen. „Gewalt ist aber, jedenfalls in hohem Maße, lediglich die Summe all der Erfahrungen, die junge Menschen machen und denen sie mehr oder weniger schutzlos ausgeliefert sind“, sagte der BLLV-Präsident.
Gewaltfaktoren an Schulen
Nach Aussage des Neurowissenschaftlers Bauer gebe es auch an Schulen Faktoren, die Gewalt bzw. Aggression eher befördern als abbauen. Abgesehen von im Schulsystem begründeten Ausgrenzungserfahrungen spiele auch die Unterrichtsatmosphäre eine wichtige Rolle. „Kinder und Jugendliche müssen es zwar ertragen, kritisiert zu werden“, so Bauer, „dies darf aber nicht damit verbunden sein, dass ein Kind vor anderen lächerlich gemacht, gedemütigt oder ausgegrenzt wird.“ Der Weiterbildung von Lehrkräften im Bereich Beziehungspsychologie komme hier eine wichtige Rolle zu.
Bauer und Wenzel richteten drei Botschaften an Schul- und Bildungspolitiker, Lehrer und Eltern:
- Es sei wichtig, im Hier und Jetzt eine durch Zuwendung und Interesse geprägte Beziehung zu Kindern und Jugendlichen aufzubauen und zu gestalten. Dies gelte zu Hause ebenso wie in der Schule. Mobbing sei in jeder Form gefährlich, es müsse daher konsequent geächtet werden.
- An die Bildungspolitik appellierten Bauer und Wenzel, strukturelle Merkmale der Schule zu beseitigen, die einem Teil der Kinder das Gefühl geben, minderwertig zu sein bzw. nicht dazu zu gehören. Es sei kontraproduktiv, wenn sich Kinder als „Verlierer“ wahrnehmen. Dies gelte besonders auch für Kinder mit Migrationshintergrund. Bauer und Wenzel forderten, in diesem Zusammenhang mehr russische und türkische Lehrkräfte.
- Es sei zudem wichtig, auch an Eltern stärkere Signale auszusenden. „Eltern sollen ihren Kindern einerseits Zuwendung und Zeit schenken, andererseits ihrem Nachwuchs aber auch früh die Regeln des Zusammenlebens beibringen, ihnen auch mal Grenzen setzen“, sagte Bauer. Eltern sollten mit ihren Kindern mehr reden, mit ihnen regelmäßig gemeinsam essen, und Fernseher oder Computer nicht als Ersatzerzieher bemühen.
Kritik an dreigliedrigem Schulsystem
Wenzel und Bauer befürworten „Elternschulen“ oder Kursprogramme für Eltern, wie sie z.B. vom Deutschen Kinderschutzbund (DKSB) angeboten werden. Auch Schulverträge, in denen sich Schüler, Eltern und Schule zur Einhaltung von Grundregeln des schulischen Zusammenlebens verpflichten, seien sinnvoll.
Der BLLV-Präsident appellierte an das bayerische Kultusministerium, Ausgrenzungsmechanismen an Schulen entgegenzuwirken und junge Leute bestmöglich zu begleiten, zu fördern und zu motivieren. In einem dreigliedrigen Schulsystem, in dem Schüler bei mangelnder Leistung nach „unten“ delegiert würden, sei dies aber nur sehr schwer möglich. (sb)
Gesellschaft Leitartikel
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Klar, wir haben die Ausländer ausgegrenzt, jetzt schlagen sie zu! Keine Frage, wir sind Schuld. Wie schön einfach doch die Welt ist. Wir müssen nur aufpassen, dass nicht auch noch die Vietnames anfangen, zurückzuschlagen, die können Kung-Fu!
Viele ausländische Kinder, Jugendliche und Erwachsene grenzen sich selbst aus – durch ihr unzivilisiertes und asoziales Verhalten. Ihre Aggressivität verschlechtert den Ruf aller Ausländer.
„Klar, wir haben die Ausländer ausgegrenzt, jetzt schlagen sie zu! Keine Frage, wir sind Schuld. Wie schön einfach doch die Welt ist. Wir müssen nur aufpassen, dass nicht auch noch die Vietnames anfangen, zurückzuschlagen, die können Kung-Fu!“
Merken Sie eigentlich noch, wie unzivilisiert Ihre Aussagen sind? Und zu Ihrer Info: Kung-Fu stammt nicht aus Vietnam, soviel zu Ihrer Kenntnis über „Ausländer“
„Und zu Ihrer Info: Kung-Fu stammt nicht aus Vietnam, …“
Das hat Relbrandt auch nicht behauptet. Und dennoch werden in Vietnam, diverse Kung-Fu Stile gelehrt und trainiert.
Mika, von Satire verstehen Sie noch recht wenig…?
Ich wollte damit sagen: Vietnamesen fallen für gewöhnlich NICHT durch Aggressivität und Gewalt auf, im Gegenteil. Sie hatten aber durch die Bank schlechtere Startbedingungen als die Türken. Mal ein Beispiel:
Vor dem Ali in der Grundschule hatten wir alle Angst. Wenn man sein Freund war, war aber alles gut. Der Cong war einfach so beliebt, man musste keine Angst vor ihm haben, obwohl er auch starkt war. Aber: ich denke schon, dass in Eurer Kultur was kämpferisches, kriegerisches mitschwingt. Und somit was Aggressives. Immerhin seid ihr nachkommen eines Reiter- und Kriegervolkes. Wir Deutschen stammen von Bauern ab….
Zur Ihrer Info: ich habe über 15 Jahre diverse Kampfsportarten auf Hochleistungsniveau betrieben ;)
Man ist immer wieder erstaunt, welch ein krasses Schwarz-Weiß-Weltbild hier verbreitet wird. Migranten sind grundsätzlich gut und lieb, Deutsche sind grundsätzlich rassistisch und reaktionär.
Ich denke, sie erreichen damit das Gegenteil von dem, was sie erreichen wollen.
@Relbrandt
Genau: Vietnamesen fallen nicht auf; sie werden strengstens dahingehend erzogen, NICHT aufzufallen. Und sie werden dazu „angehalten“ immer Lernerfolge aufzuweisen. Also ich weiß ja nicht, ob Sie so leben möchten, aber ich nicht. Da falle ich lieber auf :-) Die Südländer sind nunmal generell ein eher heißblütiges bis aufbrausendes Volk!
Und mich schockt das ja gar nicht, dass sie Kampfsporterfahrung haben: die habe ich nämlich auch *lol* 13 Jahre TKD!
@Fritz
„Ich denke, sie erreichen damit das Gegenteil von dem, was sie erreichen wollen.“
Genau das wollte ich Ihnen auch sagen *lol*
@Mika
Liebe Mika, ich wollte Sie ja nicht schocken! :) Nur zum Ausdruck bringen, dass ich mich mit Kampfsport ein wenig auskenne, und weiß, dass Vietnam nicht das Land ist, wo Kung-Fu herkommt.
13 Taekwondo, da schocken Sie mich jetzt aber! Sehr schön, ein schöner Sport. Welche Variante, wenn ich fragen darf?
„Genau: Vietnamesen fallen nicht auf; sie werden strengstens dahingehend erzogen, NICHT aufzufallen.“
Hm, ich weiß nicht. Es gibt ja solche und solche, aber generell haben Sie vielleicht sogar recht. Die chinesische „Disziplin“ ist mir auch nicht geheuer. Ich habe im übrigen überhaupt nichts gegen Südländer! Man wird hier immer gleich als Nazi beschimpft, wenn man mal ein bisschen Kritik übt. Tz, tz,tz, also ein Nazi bin ich nun wirklich nicht. Nichtmal ein Konservativer. Im Grunde eigentlich liberal. Deswegen habe ich generell was gegen Dogmen und Vorschriften. Und hier kritisiere ich die Regeln des Islam, die -wie ich finde-, die Menschen geistig versklaven. Genauso kritisiere ich aber die Regeln des dritten Reichs, der katholischen Kirche oder anderer verquerer Ideologien. Erst, wenn wir alle frei sind von diesen Dogmen, wird es Frieden geben. Und wir aufhören, Fleisch zu Essen natürlich.
„Nichts wird die Chance auf ein Überleben auf der Erde so steigern wie der Schritt zur vegetarischen Ernährung.“
Albert Einstein
Ja,die Ausgrenzung kann die Gewalt fördern ,aber enschuldigt sie nicht. Die Gewalt hat keine Religion, keine bestimmte Nation oder Ethnie. Migrant sein hängt nicht direkt damit zusammen. Die Gewalt gilt in jedem Fall abzulehnen.