Berufsbildungsbericht 2011

Entkoppelung von Bildung und Herkunft gelingt nicht

Trotz vorhandenem Interesse, Wirtschaftswachstum sowie günstigeren demografischen Bedingungen ist die Ausbildungsbeteiligungsquote junger Migranten zurückgegangen. „Erschütternd“, sagt Serkan Tören.

Donnerstag, 07.04.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die Zahl der angebotenen Ausbildungsstellen 2010 war höher als vorausgesagt. Weitere positive Entwicklungen gibt der Berufsbildungsbericht 2011 kaum her – trotz Wirtschaftswachstum sowie der demografisch bedingte Rückgang der Ausbildungsstellenbewerber. Dennoch klang Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) bei der Veröffentlichung am Mittwoch erfreut: „Nun dürfen wir mit unseren Ausbildungsanstrengungen nicht nachlassen und müssen besonders solche Jugendliche unterstützen, denen der Einstieg in Ausbildung schwerfällt“.

Ausländische Jugendliche unterrepräsentiert
Gemeint sind die Ausbildungschancen für junge Menschen mit Migrationshintergrund. Dort besteht nach wie vor erheblicher Handlungsbedarf. In der Berufsausbildung sind ausländische Jugendliche weiterhin stark unterrepräsentiert. Im Jahr 2009 lag deren Ausbildungsbeteiligungsquote bei 31,4 Prozent. Das bedeutet einen Rückgang von 0,8 Prozentpunkten. Davon betroffen sind männliche Ausländer (−1,8 Prozentpunkte). Ausländerinnen hingegen verzeichneten einen leichten Anstieg (+0,2 Prozentpunkte). Insgesamt fällt deren Quote mit 29,1 Prozent (zum Vergleich: ausländische Männer: 33,6 Prozent, deutsche Frauen 55,5 Prozent, deutsche Männer 72,7 Prozent) aber weiterhin am niedrigsten aus.

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Dabei ist die deutlich niedrigere Ausbildungsbeteiligungsquote junger Ausländer nicht auf mangelndes Interesse zurückzuführen. Schon der Berufsbildungsbericht 2010 hatte gezeigt, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund nach der allgemeinbildenden Schulzeit ein ebenso hohes Interesse an einer Berufsausbildung wie deutsche Jugendliche haben. Liegt keine Studienberechtigung vor, sind ihre Chancen, einen Ausbildungsplatz zu erhalten, jedoch wesentlich geringer. Insgesamt gestalten sich die Übergangsprozesse in Ausbildung für Jugendliche mit Migrationshintergrund schwieriger und langwieriger. Überdurchschnittlich häufig bleiben Jugendliche ausländischer Herkunft ohne Berufsabschluss.

Erschütternd
Für den integrationspolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Serkan Tören, ist der Rückgang „erschütternd“. Daran gebe es „nichts zu beschönigen.“ Das Ziel müsse sein, Bildung und Aufstieg von sozialem Hintergrund oder Herkunft zu entkoppeln. Das sei in Deutschland offensichtlich noch nicht gelungen.

Download: Der Berufsbildungsbericht 2011 ist im Internet abrufbar, ebenso der Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2011.

„Gleichzeitig sind die Chancen für junge Migranten auch bei vergleichbarer Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt geringer. Das ist ein untragbarer Zustand für ein offenes und modernes Land wie Deutschland“, so Tören. Er appelliert an junge Migranten, sich davon nicht entmutigen zu lassen und mit Nachdruck ihre Möglichkeiten im Bildungssystem aktiv zu nutzen. Denn der Standort Deutschland sei zunehmend auf qualifizierte Migranten angewiesen.

Weniger ausländische Jugendliche ohne Schulabschluss
Der FDP-Politiker sieht in diesem Zusammenhang unter anderem Schulen in der Pflicht. Er fordert sie auf, gezielt an Eltern und Schüler mit Migrationshintergrund heranzutreten. Denn nach wie vor verlassen ausländische Jugendliche mehr als doppelt so häufig die Schule ohne Abschluss wie deutsche Jugendliche (2009: 13,8 Prozent gegenüber 5,8 Prozent). Laut Berufsbildungsstatistik ist es zwar gelungen, den Anteil der ausländischen Jugendlichen ohne Schulabschluss zu reduzieren (-0,4 Prozent). Der Rückgang fiel aber bei den deutschen Jugendlichen mit −1,2 Prozentpunkten stärker aus. (sb)
Studien Wirtschaft

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  1. GuntherG sagt:

    Schön das auch mal hier die Frage gestellt wird, was man noch alles machen muss um dies zu ändern.
    Für mich stellt sich das langsam als Fass ohne Boden dar.
    Je mehr man versucht Migranten zu unterstützen, umso weniger Erfolg scheint sich einzustellen.
    Das sich bei solchen Ergebnissen die Meinung in der Bevölkerung verfestigt, daß dies alles vergebene „Liebesmüh“ ist, ist meiner Meinung nach verständlich.
    Aber was soll man den erwarten, wenn Hartz4 schon zuhause als „Idealbild“ vorgelebt wird, bleibt Eigeninitiative schon von vorhinein aus.
    Letzendlich stellt sich mir die Frage, wollt Ihr eigentlich unsere Hilfe oder habt Ihr euch schon so in eure Opferrolle eingelebt?
    Es kann doch nicht sein das jedem Migranten alles hinterher getragen wird obwohl der das gar nicht will.

  2. Miro sagt:

    Die fehlende Differenzierung bei der Betrachtung von „den Migranten“ ist problematisch, vorallem wenn man ernsthaft interessiert ist die Situation zu verbessern.
    Aber es gilt wohl schon als politisch inkorrekt den unterschiedlichen Erfolg von Migrantengruppen aufzuzeigen, denn das würde natürlich die Illusion zerstören das die böse deutsche Gesellschaft allen Nicht-Deutschen perse keine Chance gibt.
    Die Realität ist eine andere, manche Menschen nutzen die Möglichkeiten und Chancen einfach die dieses Land bietet und andere tun es eben nicht. Eigenverantwortung ist das Stichwort und das ist normalerweise einer der Grundpfeiler der FDP.

  3. lkwklaus sagt:

    Erschütternd?
    Erschütternd ist
    was auf der einen Seite
    Medienwirksam den Leuten weis gemacht werden soll
    Und was in der Wirklichkeit im Stillen und
    unter Ausschluss der Öffentlichkeit an Isolation Praktiziert wird
    […]