Sicherheit als zentrales Anliegen

Friedrich fährt Deutsche Islam Konferenz gegen die Wand

Bundesinnenminister Friedrich sieht Kampf gegen islamische Extremisten als zentrales Anliegen der Deutschen Islam Konferenz. Dafür erntet er heftige Kritik. Generalverdacht, Stigmatisierung und Frechheit sind nur einige der Vorwürfe.

Mittwoch, 30.03.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 05.04.2011, 0:00 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Über die Zusammensetzung der Deutschen Islam Konferenz (DIK) diskutiert man bereits seit der ersten Verkündung der Teilnehmerliste durch den damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Die Zusammensetzung, so die Kritik, repräsentiere nicht die Muslime. Seit Hans-Peter Friedrich (CSU) das Amt des Bundesinnenministers innehat, verlagert sich die Kritik nach der Repräsentanz in Richtung Hausherr.

„Dass der Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt“, hatte er kurz nach seiner Amtseinführung gesagt und damit seinen Vorgängern und dem Bundespräsidenten widersprochen. Daran hielt er auch am Dienstag nach der Konferenz fest – im Historischen Museum.

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Islam und Muslime – untauglicher Trennungsversuch
„Selbstverständlich sind die vielen Muslime, die in diesem Land leben, ein Teil dieser Gesellschaft“, sagte er, und fügte hinzu: „Dieses Land ist ein christlich-abendländisch geprägtes Land, … daran bestand und besteht hoffentlich auch kein Zweifel.“ Es sei bedauerlich, dass das „bei den Einzelnen falsch angekommen“ sei. Der Satz, „der Islam ist Teil Deutschlands“, wollte ihm aber nicht über die Lippen kommen.

Vor und neben ihm saßen Muslime, die der Hausherr für befähigt hält, für über vier Millionen Muslime zu sprechen, von denen zwei Millionen deutsche Staatsbürger sind. In den Händen hielten sie einen Pressezettel des Bundesinnenministeriums, in der von „Einbindung des Islams“ die Rede ist. Hinter ihm war „Deutsche Islam Konferenz“ zu lesen.

Kampf gegen islamische Extremisten zentrales Anliegen der DIK
Und als wenn sein untauglicher Trennungsversuch der Muslime vom Islam nicht schon genug Öl ins Feuer gegossen hätte, formulierte Friedrich bei seinem ersten Gespräch mit den Islam-Vertretern auch noch den gemeinsamen Kampf gegen islamische Extremisten und den Wunsch einer „Sicherheitspartnerschaft“ als zentrales Anliegen der DIK: „Lassen Sie uns gemeinsam tätig werden, um Radikalisierung und Extremismus vorzubeugen“, appellierte Friedrich und rief zu mehr Wachsamkeit in muslimischen Vereinen oder Kulturzentren auf.

Damit warf er die Frage auf, wen denn eigentlich Friedrich mit dieser Einstellung repräsentiert. Gemessen an den Reaktionen seiner ersten Vorstellung bei der DIK als Gastgeber, allenfalls die CSU – die bei Bundestagswahlen weniger Stimmen bekommt, als es Muslime in Deutschland gibt. Auch damit ließe sich leben, wenn Friedrich die Kirche in Bayern lassen und die Deutsche Islam Konferenz nicht für seinen Stammtischklientel missbrauchen würde.

Generalverdacht, Ressentiments, Frechheit
Denn die geplante „Sicherheitspartnerschaft“ – und seit Friedrich auch die DIK – seien allenfalls geeignet, den Generalverdacht insbesondere gegenüber muslimischen Migranten weiter zu institutionalisieren. „Indem der neue Innenminister die Islamkonferenz zu einer Sicherheits- und Extremismusdebatte degradiert, werden Vorurteile gegenüber Muslimen mehr noch als zuvor bekräftigt“, so Sevim Dagdelen, die integrationspolitische Sprecherin der Linkspartei. Für Ali Al Dailami, Mitglied des Parteivorstandes der Linkspartei, befördert das „nur gesellschaftliche Ressentiments gegenüber Muslimen. Kein Wort hingegen über die alarmierende Islamfeindlichkeit und die Diskriminierung von Muslimen in Deutschland.“

Für Grünen-Chef Cem Özdemir nimmt Friedrich „mit seiner Rhetorik bereitwillig in Kauf“, die in Deutschland lebenden Muslime „unter Generalverdacht zu stellen“. Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast ergänzte: „Diese Konferenz des Bundesinnenministers ist eine Frechheit“. Mit Friedrich sei „die Islamkonferenz als Beitrag zur Integration an ihr Ende gekommen“.

Misstrauenskultur mit verheerendem Signal
„Ein verheerenderes Signal hätte der Bundesinnenminister an die muslimischen Konferenzteilnehmer und an die über vier Millionen Muslime in unserem Land gar nicht senden können“, kommentierte Aydan Özoguz Friedrichs Vorstoß. Der Innenminister habe damit nichts anderes zum Ausdruck gebracht, als dass er eigentlich „über den extremistischen Islamismus reden“ wolle. Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) sieht darin allenfalls eine „Misstrauenskultur“.

Selbst Politiker des Koalitionspartners griffen Friedrich scharf an. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) warf dem Innenminister vor, der Integration von Ausländern zu schaden. Es hinterlasse „Fragezeichen, wenn die in der Konferenz vertretenen Muslime offener für andere Religionen wirken als der amtierende Innenminister“. Sie mahnte Friedrich zu einer offenen Haltung gegenüber Muslimen. Eine Sicherheitspartnerschaft nehme „den muslimischen Glauben nicht als Teil von Deutschland wahr, sondern als Quelle von Extremismus und Radikalisierung“.

Friedrich soll Islamkonferenz abgeben
„Den Islam mit Islamismus in Verbindung zu bringen“ sei falsch, kommentierte Serkan Tören, integrationspolitischer Sprecher der FDP, und ging noch einen Schritt weiter. Er forderte Friedrich auf, die Zuständigkeit für die Islamkonferenz abzugeben, wenn er „weiterhin Realitätsverweigerung“ betreiben wolle.

Dieser Meinung sind auch immer mehr Teilnehmer der Islamkonferenz. Nach Informationen, die dem MiGAZIN vorliegen, wird darüber diskutiert, ob der Innenminister aufgefordert werden soll, die Zuständigkeit für die DIK abzugeben. Aus einem bisher nicht veröffentlichten Schreiben der Teilnehmer geht hervor, dass die DIK dabei sei, zu einem „bloßen Instrument in den Händen der Sicherheitspolitik zu verkommen“. Weiter heißt es darin: „Es scheint, dass die vielfältigen Erscheinungsformen des Islams in Deutschland wieder einmal auf extremistische Gefahr reduziert werden und die staatliche Islampolitik durch Gefahrenmomente bestimmt werden soll.“

Die Zukunft des Islam
Im Anschluss an die DIK erklärten neun der 15 muslimischen Teilnehmer öffentlich, der neue Duktus aus dem Innenministerium lasse Zweifel daran aufkommen, ob die Dialog- und Integrationsfunktion der Islamkonferenz weiterhin angestrebt werde. Die Islamwissenschaftlerin Armina Omerika warf Friedrich vor, „eine sehr bedenkliche Kultur des Denunziantentums unter den Muslimen“ zu fördern.

Mit dieser Politik und diesem Islamverständnis, darüber ist man sich einig, ist es um die Zukunft der Deutschen Islam Konferenz, die den Islam integrieren soll, schlecht bestellt. Möglicherweise ein gewolltes Resultat. Als CSU-Landesgruppenchef hatte Friedrich im Oktober 2010 gesagt: „Die Leitkultur in Deutschland ist die christlich-jüdisch-abendländische Kultur. Sie ist nicht die Islamische und wird es auch nicht in Zukunft sein.“ (bk)
Politik

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  1. mila sagt:

    Ich verstehe immer nicht, wieso es Friedrich ist, der die Konferenz gegen die Wand gefahren hat? Wieso war es nicht die andere Seite mit ihrer überhöhten Empörung, anstatt vernünftig darüber zu diskutieren? Wieso nicht beide Parteien?

    Ich verstehe auch nicht, wieso Friedrichs Äußerung als Generalverdacht dargestellt wird. Das hat er nun wirklich nicht gesagt, die Muslime selber sprachen von Generalverdacht.

    Im Gegenteil, Friedrich hat doch die seiner Ansicht nach große Mehrheit der nicht-extremistischen Muslime gebeten, Deutschland im Kampf gegen Extremisten zu unterstützen. Stünden alle unter Generalverdacht, wäre eine solche Äußerung doch sinnlos.

    Aber mit der Weigerung, diese Möglichkeit zu diskutieren stellen sich doch die Muslime wiederum selbst unter Generalverdacht, da sie sich bereit erklären, solche gefährlichen Islamisten zu decken.

    Ich verstehe wirklich nicht, was Friedrich böses gesagt hat. Fakt ist ja nunmal auch, dass der Islam historisch wirklich keine Tradition hier hat. Dann eher in Spanien. Das heißt ja nicht, dass wir alle Muslime rauswerfen wollen. Das ist einfach Geschichte.

  2. samosa sagt:

    @mila:

    die zielsetzung der dik ist ein dialog zur annäherung zwischen dem deutschen staat und den hier lebenden muslimen.

    derartige dialoge sind dann notwendig, wenn zwei gruppen durch eine kluft des gegenseitigen unverständnisses getrennt sind. diese kluft überbrückt man nicht, indem man beispielsweise muslimische vertreter von der dik fordern, den kampf gegen ausländerfeindliche ressentiments gegen türken und muslime in das zentrum des gemeinsamen dialogs zu rücken. eine solche forderung im zuge der gegenseitigen annäherung wäre in der tat dreist und frech. genauso ist auch friedrichs forderung eine frechheit, die vom dialog der annäherung wieder in den typischen vorurteilsbehafteten monolog zurückfällt, den es ja zu überbrücken galt.

    wer negative auswüchse der jeweils anderen gruppe in das zentrum eines dialogs rückt, interessiert sich nicht mehr vorrangig für annäherung und integration sondern verfolgt rücksichtslos eigene interessen. aus diesem grund wären die muslimischen vertreter gut beraten während der wahlkampfzeit auf weitere gespräche mit dem innenminister zu verzichten. wie brüderle schon dem BDI erklärte, die politik handele aus wahlkampftaktischen gründen nicht immer rational. schlimm und verwerflich ist nur, dass der innenminister den irrationalen krawallbruder auf kosten der schwächsten dieser gesellschaft mimt.

  3. Wolfgang Bieber sagt:

    Die Islamkonferenz hebt das Verhältnis von deutschem Staat und Religionsgemeinschaften aufs Tapet. Eine säkulare Demokratie braucht wehrhafte Institutionen, die verhindern, dass der Staat über seine Kompetenzen hinaus Boden gutmacht. Das Kruzifix im Klassenzimmer wird somit zu einem Bollwerk gegen Ideologien und staatliche Allmachtsversuche. Freie Gesellschaften müssen sich deshalb Religion im öffentlichen Raum gönnen: http://bit.ly/dIortQ

  4. Fikret sagt:

    Mit diesen Vorürfen ist eine Annäherung nicht möglich. Ich habe den Eindruck , er macht für seine politische Ziele Propaganda. Also,viel Luft um nichts. Er könnte genauso Selbstgespräche führen. Diese Generalverdacht kann nicht hingenommen werden, Wenn man will kann man einige Stellen im Koran als „gewalttätig“ oder „nicht gewalttätig“ andeuten. Schmutz- und Hetzkampagnen gegenüber Ausländer sind sicher nicht hilfreich.

  5. Kehrhelm Kröger sagt:

    @samosa:

    die zielsetzung der dik ist ein dialog zur annäherung zwischen dem deutschen staat und den hier lebenden muslimen.

    Und wieso können sich die Muslime nicht einfach so integrieren, wie es die Vietnamesen, Osteuropäer, Lateinamerikaner u.a. auch tun? Warum brauchen ausschließlich Muslime eine Sonderkonferenz mit dem Staat? Macht Sie das eigentlich nicht stutzig?

    @Fikret:

    Wo hat Herr Friedrich denn eine Schmutz- und Hetzkampagne gegenüber Ausländern losgetreten?

  6. Pingback: Islamkonferenz: Die letzte? (Fortsetzung) « BlogIG – Migrationsblog der InitiativGruppe

  7. Fikret sagt:

    @ Kehrhelm Kröger
    Er bringt von Anfang an Gewalt und Islam – somit Terror – in Zusammenhang. Diese Haltung – also eine Verallgemeinerung -ist nicht tolerierbar. Als Gesprächpartner hat er von Anfang seine Glaubwürdigkeit verloren. Er muss mit „verbaler Gewalt“ gegen den Islam aufhören. Immerhin gehören in Deutschland über 4 Millionen Menschen zu dieser
    Religion. Obwohl ich kein glaubiger Mensch bin ärgere ich mich über diese Respektlosigkeit.

  8. kritischerleser sagt:

    Friedrich schafft sich ab!!!

  9. Weltanschauungs- statt Islamkonferenz!

    Auch ich finde – wie die SPD – dass die Muslime die „Islamkonferenz“ boykottieren sollten.
    Denn Tatsache ist (nach Bevölkerungsumfragen), dass in Deutschland nur kleine Minderheiten existieren, die sich „Christen“ oder „Muslime“ nennen und dass es weitere – nach den Menschenrechten völlig gleichberechtigte! – ca. 4000 andere religiöse und nichtreligiöse Weltanschauungen gibt. Darum ist eine „Islamkonferenz“ völlig absurd und extrem ungerecht. Sinnvoll ist alleine, eine „Weltanschauungskonferenz“ abzuhalten, in der es nur darum gehen kann, wie es auf der Basis der Menschenrechte gelingen kann, ein friedliches Miteinander der Menschen unterschiedlicher Weltanschauungen zu ermöglichen.

    Dies ist nur machbar, wenn in Deutschland alle menschenrechtswidrigen Bevorzugungen irgendeiner Weltanschauung abgeschafft werden, z.B. Gottesbezug im Grundgesetz, Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, Kirchensteuer und insbesondere sämtliche staatliche christlichen Feiertage – dies entspräche übrigens auch der christlichen Nächstenliebe, welche inhaltlich genauso lautet wie die Grundregel der Menschenrechte: „Was du nicht willst, das mit dir antut (hier: dass Menschen anderer Weltanschauung dir gegenüber bevorzugt werden), das füg‘ auch nicht anderen zu!“

  10. Udo sagt:

    Diese Veranstaltung ist vollkommen unnötig. Wenn es um Islamunterricht an Schulen geht, sind die Bundesländer zuständig. Bei Moscheebauten und ähnlichen Themen entscheiden die kommunalen Behörden. Bei der Terrorismusbekämpfung sollten Mitarbeiter der Exekutive direkt mit Moscheegemeinden und Verbänden das Gespräch suchen.

    Die Islamkonferenz ist für alle Seiten nur eine reine Show- und Propaganda Veranstaltung.