Integrationspolitik

Familien in den Fokus rücken

Das Bundesfamilienministerium möchte erstmals die gesamte Familie integrationspolitisch in den Blick nehmen. Es hat ein Dossier veröffentlicht - wichtigstes Ergebnis: Erwerbsarbeit ist zentral für eine gelungene Integration.

Donnerstag, 25.11.2010, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Mehr als jede vierte Familie in Deutschland hat heute einen Migrationshintergrund. Nachdem bislang vor allem die Situation der Kinder, Jugendlichen und Frauen untersucht wurde, nimmt das Bundesfamilienministerium erstmals die gesamte Familie integrationspolitisch in den Blick. Dazu stellte das Ministerium gestern das Dossier „Familien mit Migrationshintergrund: Lebenssituation, Erwerbsbeteiligung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ vor.

„In der Familie gelingt Integration nachweisbar am besten“, erklärte Familienministerin Kristina Schröder (CDU) in Berlin. „Wir müssen deshalb in der Integrationspolitik die ganze Familie in den Fokus rücken. Das Dossier belegt dabei, wie wichtig insbesondere die Erwerbsarbeit für eine gelungene Integration ist. Entscheidend ist, dass gerade auch Migrantinnen berufstätig sind, denn so tragen sie zum Familieneinkommen bei und profitieren selbst – und damit auch ihre Kinder – von neuen sozialen Kontakten. Die Chance für diese Frauen, einen Beruf zu erlernen und ihn später auch auszuüben, darf nicht an mangelnder Unterstützung oder an innerfamiliären Hürden scheitern.“

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Hohe Motivation der Frauen
Neben der Lebens- und Einkommenssituation untersucht das Dossier auch die Bereiche Bildung und Erwerbsarbeit. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Integration der Mütter in den Arbeitsmarkt. Die Daten belegen dabei eine hohe Motivation der Frauen, arbeiten zu gehen. Neben den unmittelbaren Auswirkungen auf die Familie – geringeres Armutsrisiko, weniger Transferbezug, soziale Integration – hat die Erwerbstätigkeit auch langfristig positive Wirkungen, indem sie die Teilhabechancen der Kinder verbessert. Auffällig sind die hohen Bildungserwartungen, die Eltern mit Migrationshintergrund an ihre Kinder haben: 70 Prozent der Mütter und 73 Prozent der Väter mit Migrationshintergrund wünschen sich, dass ihr Kind Abitur macht.

Während jedoch rund zwei Drittel der Familien mit Migrationshintergrund gut auf dem Arbeitsmarkt integriert oder selbstständig dazu in der Lage sind, den Integrationsprozess zu bewältigen, sieht das Dossier bei etwa einem Drittel der Mütter mit Migrationshintergrund großen Unterstützungsbedarf. Ohne besonders intensive und individuelle Unterstützung blieben diese Frauen dauerhaft vom Erwerbsleben ausgeschlossen und sozial weitgehend isoliert. Die Ergebnisse des Dossiers sollen eine wichtige Grundlage für die Ausgestaltung der Praxisprojekte zur besseren Erwerbsintegration von Müttern mit Migrationshintergrund sein, die das Bundesfamilienministerium im kommenden Jahr starten wird.

Download: Grundlage des Dossiers sind Daten aus dem Mikrozensus 2009 und aus dem Panel „Arbeitsmarkt und soziale Sicherung“ des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Das Dossier „Familien mit Migrationshintergrund: Lebenssituation, Erwerbsbeteiligung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ kann auf der Internetseite des Bundesfamilienministeriums kostenlos heruntergeladen werden.

Bildungssystem ist nicht vertraut
„Wir müssen das Bildungsstreben und den Aufstiegswillen der Eltern unterstützen. Nicht nur aus sozialen Gründen – schon vor dem Hintergrund des wachsenden Fachkräftemangels können wir es uns gar nicht leisten, auf dieses Potential zu verzichten“, sagte Schröder. „Allerdings scheitern die hohen Bildungserwartungen in der Realität viel zu oft. Die Eltern wollen zwar das Beste für ihre Kinder, wissen aber in vielen Fällen nicht, wie sie sie dabei unterstützen können, weil sie mit dem deutschen Bildungssystem nicht vertraut sind.“

Das Bundesfamilienministerium hat deshalb zwei neue Programme aufgelegt. In 4.000 Schwerpunkt-Kindertagesstätten „Sprache und Integration“ soll es vom kommenden Jahr an zusätzliche Sprachförderung für die Jüngsten geben. Zugleich möchte die Familienministerin Anfang nächsten Jahres das Bundesprogramm „Elternchance ist Kinderchance“ starten, in dem speziell geschulte Elternbegleiter die Familien in Bildungsfragen beraten und unterstützen werden. (sb) Aktuell Gesellschaft Studien

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