Ein Jahr länger in der Ehehölle

Gesetzespläne zum Schutz vor Zwangsehen bestraft die Opfer

Zwangsverheiratungen sollen mit einem eigenen Straftatbestand bekämpft werden. Parallel dazu sollen die Opfer ein Jahr länger in der Zwangsehe verharren. Das sieht ein Gesetzespaket der Bundesregierung vor.

Mittwoch, 20.10.2010, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 29.10.2010, 0:16 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Das Bundeskabinett berät nächste Woche Mittwoch über ein Gesetzespaket gegen Zwangsverheiratung. Darin soll die Zwangsverheiratung als eigener Straftatbestand ins Strafgesetzbuch aufgenommen werden. Gleichzeitig enthält das Paket eine Erhöhung des eheabhängigen Aufenthaltsrechts (Ehebestandszeit) von zwei auf drei Jahre.

Dies bedeutet für Betroffene von Zwangsheirat, dass die Verbesserungen zugleich auch eine gravierende Verschlechterung beim eigenständigen Aufenthaltsrecht für nachgezogene Ehegatten mit sich bringt. „Ein wahrer Kuhhandel“, so Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin von Terre des Femmes. „Schon heute bleiben viele dieser Frauen aus Angst vor einer Abschiebung in einer ungewollten und gewalttätigen Ehe. Sie erleben tagtäglich Gewalt und Unterdrückung. Und jetzt soll dieses Martyrium auch noch verlängert werden?“

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Zwar soll eine Frau, die im Ausland gegen ihren Willen festgehalten und dort verheiratet wird, in Zukunft über einen längeren Zeitraum die Möglichkeit haben, nach Deutschland zurückzukehren. Im Gegenzug muss eine andere Frau, die für eine Heirat nach Deutschland gekommen ist, jetzt noch ein Jahr länger mit einem gewalttätigen Partner aushalten, um nicht zurück in die alte Heimat abgeschoben zu werden – in die Hände derer, die dem Zwangsheirat zugestimmt haben.

„Eine im jetzigen Gesetz enthaltene Härtefallregelung soll dies zwar verhindern, doch die Praxis zeigt eine andere Realität: Die Gewaltsituation ist schwer zu beweisen und wird vor Gericht oft angezweifelt“, so Stolle.

Sie fordert deshalb die Umsetzung der geplanten Verbesserungen zur Zwangsverheiratung sowie ein eigenständiges Aufenthaltsrecht von Ehepartnern ab dem Zeitpunkt der Eheschließung. „Alles andere wäre Augenwischerei und eine Politik zu Lasten von MigrantInnen“, so Irmingard Schewe-Gerigk, Vorstandsvorsitzende von Terre des Femmes.

Ausführlicher: Die ausführliche Stellungnahme von Terre des Femmes zu den geplanten Gesetzesänderungen finden Sie unter www.frauenrechte.de

So sprechen sich neben Terre des Femmes, viele Experten und auch das Forum Menschenrechte, ein Netzwerk von mehr als 50 deutschen Nichtregierungsorganisationen, gegen die Erhöhung der Ehebestandszeit aus.

Hintergrund: Verhinderung von Scheinehen
Die Einführung eines Zwangsehen-Paragrafen in das Strafgesetzbuch auf der einen und die Verlängerung des in der Praxis wesentlich bedeutsameren Ehebestandszeites auf der anderen Seite, zeigt deutlich, dass es der Bundesregierung nicht um den Schutz von Opfern von Zwangsverheiratungen geht, wie Regierungspolitiker immer wieder vorgeben.

Tatsächlich dient die Verlängerung der Ehebestandszeit einzig dazu, die ungewollte Zuwanderung mittels Scheinehen zu erschweren, wie sie oftmals vorgeschlagen und im Bundestag beraten wurde. Würde ein Straftatbestand tatsächlich ein wirksames Mittel sein, müsste die Bundesregierung konsequenterweise einen eigenständigen Straftatbestand gegen Scheinehen einführen. Das allerdings steht und stand nie zur Debatte. Denn ein Verstoß gegen das Strafgesetzbuch ist in der der Regel schwieriger und seltener sanktionierbar, als die Durchsetzung von aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen.

Fazit: Der Bundesregierung ist die Verhinderung von Scheinehen wichtiger als der Opferschutz bei Zwangsverheiratungen. Die öffentlichen Verlautbarungen hingegen erwecken einen ganz anderen Eindruck. Politik

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  1. LI sagt:

    Es würde mich auch interessieren, ob der strafrechtliche Begriff der Zwangsheirat auch die Fälle erfaßt, in welchen ein deutscher Ehepartner unter letztlich sittenwidriger Ausnutzung der wirtschaftlichen Notlage des anderen Ehepartners diesen zur Ehe bestimmt, welche der andere Ehepartner ohne diese Notlage nicht eingegangen wäre. (Stichwort Thailand u.a.)

    Auch das ist nach meiner Vorstellung eine Zwangsheirat.

    LI

  2. BiKer sagt:

    @ LI

    natürlich nicht. da wird zwang ganz anders ausgelegt.

  3. elimu sagt:

    @LI

    die gehören warscheinlich wieder zu der Kategorie „Familiendrama“, da ein deutscher dran beteiligt ist ;)

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