Theater

Mauererinnerungen auf Türkisch

Nach einer längeren Pause wurde das Theaterstück „Die Schwäne vom Schlachthof“ im Ballhaus Naunynstrasse in Berlin-Kreuzberg für kurze Zeit wieder aufgeführt. Gülseren Ölcüm und Maik Baumgärtner trafen den Berliner Regisseur und Autor des Stücks Hakan Savaş Mican und sprachen mit ihm über andere Sichtweisen auf die Mauer, seine Jugend in der Türkei und Klischeebilder in deutschen Medien.

Von Gülseren Ölcüm, Maik Baumgärtner Dienstag, 09.03.2010, 8:03 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.09.2010, 22:42 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Im vergangenen Jahr war das Thema „20 Jahre Mauerfall“ in den Medien dauerpräsent. Doch wenn man von der Wiedervereinigung Deutschlands sprach, redete niemand über die Migranten auf beiden Seiten der Mauer. Eine Lücke, die das Stück „Die Schwäne vom Schlachthof“ zu schließen versucht.

Als sich Hakan Savaş Mican auf die braunen Holzstühle des Theatersaals setzt, ist die erste Aufführung der Wiederaufnahme seines Stücks gerade vorbei.

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Man sieht dem Mann – der von sich sagt, zehn Jahre mit „diesem migrantischen und ungesunden Gefühl“ gelebt zu haben, morgen wieder die Stadt in Richtung Türkei zu verlassen – die Freude darüber an. Heute kann er sagen: „Ich bin Berliner und ich bleibe hier!“

„Ich bin Berliner und ich bleibe hier!“

Zu Beginn des Interviews erzählt er mit ruhiger Stimme über eine Art „kollektive Mauer-Erinnerung“ innerhalb der türkischen Migrantenfamilien im Kreuzberg der 1980er und 1990er Jahre. Diese ist eng verbunden mit den Geschichten von drei in der Spree ertrunkenen türkischen Kindern. „Wenn man über das Wasser sprach, über die Spree, über die Trennung, dann sprach man auch über die Kinder, die ertrunken sind“. Als Mican sich Gedanken darüber machte, ein Stück über die Mauer zu schreiben, dachte er „sofort an die Geschichte der Kinder“.

Der junge Regisseur ist bei seiner Großmutter in der Türkei aufgewachsen. Die Sommerferien verbrachte er aber immer bei seinen Eltern in Berlin, der Stadt in der er geboren wurde und in die es ihn nach dem Abitur verschlug. Die Mauer ist damit auch ein Teil seiner eigenen Kindheitserinnerung, genau wie die Geschichte der ertrunkenen Kinder. Die Frage was diese Kinder wohl heute machen würden, hätten sie überlebt, war die Grundlage für die Entstehung des Stücks. Während seines Studiums der Architektur arbeitete er fünf Jahre für Radio Multikulti und den WDR. Aus dieser Zeit stammen nicht nur die Kontakte zu den Menschen, deren Biografien die Grundlage für „Die Schwäne vom Schlachthof“ bilden, damals entflammte ihn ihm auch der Wunsch, „Filme und Theater zu machen“.

Viele Migranten, die heute in Berlin leben, kommen aus der ehemaligen DDR und waren sogenannten Arbeitsmigranten, vor allem aus Vietnam und Mosambik, es gab aber auch unzählige politische Flüchtlinge aus Chile, Griechenland, Spanien und der Türkei. Feuilleton

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