Bundesagentur für Arbeit

Jeder vierte ALG-II-Bezieher mit Migrationshintergrund hat einen ausländischen Berufs- oder Hochschulabschluss

Die deutsche Bevölkerung wird nicht nur weniger und älter, Deutschland wird auch bunter. Aktuell leben 15,4 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Jeder fünfte Mitbürger in Deutschland hat ausländische Wurzeln.

Dienstag, 22.12.2009, 8:18 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.09.2010, 1:58 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

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Auf dem deutschen Arbeitsmarkt zählen Menschen mit Migrationshintergrund oftmals zu den „Sorgenkindern“, und das obwohl sie gute Qualifikationen und interkulturelle Kompetenzen mitbringen. Viele von Ihnen arbeiten weit unter ihren Möglichkeiten. Bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) sind derzeit mehr als eine halbe Million arbeitslose Ausländer registriert, der Großteil davon in der Grundsicherung („Hartz IV“).

Die Bundesregierung hat vor kurzem beschlossen, die Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen und Berufsabschlüssen zu verbessern und das Anerkennungsverfahren transparenter zu gestalten. Heinrich Alt, Vorstand Grundsicherung bei der Bundesagentur für Arbeit sieht hier auch einen Auftrag an die BA. „Jeder vierte Arbeitslosengeld-II-Bezieher mit Migrationshintergrund hat im Ausland einen Berufs- oder Hochschulabschluss erworben. Unsere Aufgabe muss es sein, arbeitslose Migranten darin zu unterstützen, ihre im Heimatland erworbenen Abschlüsse adäquat am deutschen Arbeitsmarkt einzusetzen. Das beginnt damit, im Beratungsgespräch diese Potenziale zu erkennen und über mögliche Anerkennungsverfahren zu informieren. Dieses wertvolle Kapital müssen wir stärker in unsere Vermittlungsarbeit einbeziehen. Hier gibt es sicherlich noch Luft nach oben“, so Alt.

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Alt verweist aber gleichzeitig darauf, dass sich in der Beratung und Vermittlung von Menschen mit Migrationshintergrund viel getan hat. „Unsere Vermittlungsfachkräfte arbeiten heute intensiver daran, Talente von Arbeitsuchenden herauszuarbeiten und nicht daran, Vermittlungshemmnisse zu identifizieren. Mir diesem Ansatz gelingt es besser, Stärken zu erkennen und zu nutzen“, so Alt.

Im Arbeitsalltag werden die Vermittlungsfachkräfte eher selten mit dem Wunsch nach Anerkennung von Bildungsabschlüssen konfrontiert. „Hier können wir noch aktiver mit den Kunden arbeiten. Aber auch für die Kolleginnen und Kollegen ist die Materie kompliziert und undurchsichtig. In Regionen mit hohem Ausländeranteil haben wir Mitarbeiter speziell geschult, Migranten bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse zu unterstützen.“

Mit der Verabschiedung der Eckpunkteregelung sieht Alt mehr Möglichkeiten aber auch mehr Verantwortung bei den Grundsicherungsstellen. „Wir müssen und werden unser Beratungsangebot weiter professionalisieren, neben der Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch durch die Bereitstellung von Informationsmaterial – welches wir zum Großteil bereits jetzt in verschiedenen Landessprachen anbieten. Viele Migranten wissen zum Beispiel nicht, dass wir auch die Kosten für das Anerkennungsverfahren übernehmen können. Wir holen heute Migranten verstärkt in ihren Communitys ab, wir nutzen ihre Medien als Kommunikationsplattform, gehen in die Moscheen, kooperieren mit Konsulaten… Die BA geht hier sehr unkonventionelle Wege und dies erfolgreich. Dies wäre vor Jahren so noch nicht denkbar gewesen“, so Alt.

Alt weiter: „Wir dürfen den Migrationshintergrund nicht als Hürde, sondern als Chance begreifen. Migranten bringen besondere Stärken mit, zum Beispiel die Kenntnisse einer zweiten Sprache, interkulturelle Kompetenzen und Kontakte in ihre Herkunftsländer. Dies macht sie in Zeiten der Globalisierung und weltweiten Vernetzung zu gefragten Mitarbeitern. Die BA wird hier weiterhin ihren Beitrag leisten.“ Gesellschaft

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  1. Anne sagt:

    Aus meiner eigenen Erfahrung muss ich sagen, dass es da ein weiteres Problem gibt: die Vermittler können schon mit Hochschulabsolventen deutscher Universitäten schlecht umgehen. Die Vorstellung, was mit einem Abschluss in dem ein oder anderen Fach möglich sein könnte, ist oft sehr begrenzt – mein sog. Arbeitsvermittler hatte von meiner Berufsbezeichnung noch nie etwas gehört… und der war alles andere als neu in dem Geschäft.
    Qualifizierung der Vermittler wäre sicher auch eine gute Idee.

  2. elimu sagt:

    Die BA kann aber nur weiterhelfen, wenn ein Neuzuwanderer mindestens 1 Jahr hier in Deutschland sv-pflichtig gearbeitet hat und die Kasse gefüllt hat. An einen „normalen“ Job zu kommen ist aber sehr schwer. Mein Mann hat zwar eine Arbeit ohne die BA gefunden, aber diese hält er nur aus, weil nur dieses Angebot eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung war.

    Er arbeitet von Mo.-Fr. jeweils 10 Stunden und an Samstagen 8 Stunden. max.20-30 Minuten/ Tag Pause. Die lüge von einer 40-Stunden-Woche (max.) ist daher längst Geschichte.Aber das ist ja nichts neues. Neuzuwanderer werden ausgebeutet. Egal wie gut Ihre Qualifikation ist. Und das auch noch von den eigenen Landsleuten. Weil diese genau wissen, dass deutsche Arbeitgeber den Neulingen keine Chancen geben. Neulinge sind daher angewiesen auf solche Arbeitsverhältnisse.

  3. Jens sagt:

    Man kann ja wohl nicht einen deutschen IHK-Abschluss mit einem türkischen Berufsabschluss vergleichen. Da liegen doch Welten zwischen…

    • bogo70 sagt:

      Woher wissen sie das? Die Türkei ist kein Dritte Welt Land, falls ihnen das entgangen sein sollte.
      Die besten Ärzte finden sie zum Beispiel in Istanbul und Ankara, sodass viele ausländische Patienten nicht nur wegen der Preise die Türkei als Behandlungsort bevorzugen. Wer in Deutschland ausgebildet wird, muss stur nach einem Fahrplan gehen, den Schreibtischhengste ausarbeiten, ausgebildet, werden Fachidioten die ohne Fortbildung weder Rechts noch links kennen. In der Türkei werden Menschen ausgebildet, die flexibel von A nach Z springen können und die Scheuklappen ablegen müssen. Dazu kommt, dass die Ausbildung in der Türkei, viel intensiver und schneller vonstatten geht und dem entsprechend die Ausgebildeten früh Berufserfahrung sammeln, also auch noch aufnahmefähiger sind. Die Ausbildung ist nicht schlechter, weil sie kürzer ist, denn das türkische Schulsystem zeichnet sich durch Disziplin und mehr Schulstunden täglich aus. Den Stoff den unsere Tochter jetzt in der Oberstufe hat, den hatte ihre Cousine in der Türkei schon in der neunten Klasse. Ihr Vater hatte mit 24 Jahren sein Maschinenbaustudim in der Tasche und vier Jahre später, seine eigene Firma, die inzwischen in China, Russland und Deutschland ihre Auslandsfilialen hält. Noch Fragen?

    • Selçuk sagt:

      Können Sie Ihre Behauptung auch begründen? Die Frage ist wirklich ernst gemeint.

  4. Jens sagt:

    Natürlich kann ich meinen Beitrag belegen.

    Hier gibt es Infos zur Berufsausbildung in der Türkei:

    http://www.berufsbildung.bayern.de/imperia/md/content/bbk/fachtagungakquisiteure/berufsausbildung_andere_laender_schobert.pdf

    Die türkische Verfassung bestimmt, dass das gesamte Bildungswesen, einschl. der türkischen Berufsausbildung in die Zuständigkeit des Erziehungsministeriums fällt.

    Schwachpunkte dieses Ausbildungssystems:

    Die Ausbildung ist häufig nur schulisch-akademisch.

    Die Ausbildung wird kaum den Anforderungen der modernen Arbeitswelt gerecht.

    Die Schulen sind kostenintensiv und wegen Veralterung der Ausrüstung nicht zeitgemäß.

    Den Fachlehrern fehlt oft die didaktisch-methodische Fähigkeit für die beruflich-modernen Lernprozesse.

    • municipal sagt:

      Eines der größten Defizite ist die mangelnde Fremdsprachenausbildung/Kenntnis (selbst im Englischen) an der Universitäten.

      • Selçuk sagt:

        Mittlerweile nervt es mich sogar selbst, dass man immer wieder nachfragen muss, um etwas mehr zu erfahren.

        Also, können Sie uns etwas detailliertere Informationen zu dem Punkt geben?

    • Selçuk sagt:

      Vielen Dank für Ihre Antwort. In dem verlinkten Dokument ist als Quelle folgender Link angegeben;
      http://www.gc21.de/ibt/opengc21/ibt/public/IFKA/2003/download/tuerkei/BBS.pdf

      Dieses Dokument enthält mehr Informationen, als das von Ihnen verlinkte. Jedoch würde ich mir mehr Details wünschen und einige Punkte verstehe ich nicht so ganz;

      Ein Beispiel;
      “ Die Nachteile dieser Ausbildung (berufliche Sekundarschulen) sind
      – Die Möglichkeit, nach Ende der Schule ein Studium aufzunehmen, vermindert den praxisbezogenen Lernerfolg.“
      Hä? Warum soll die Möglichkeit, nach dem Ende der Ausbildung studieren zu können, den praxisbezogenen Lernerfolg vermindern? Kann mir das jemand erklären?

      Und folgende Punkte sollten meiner Meinung nach detailliert dargelegt werden, damit sie für den Leser nachvollziehbar sind;
      „Die Nachteile dieser Ausbildung (berufliche Sekundarschulen) sind
      – Die Betriebspraktika werden nicht ernst genommen und die Eingliederung in das Arbeitsleben erfolgt schleppend.
      – Den Schülern wird ein unrealistisches Bild des Arbeitslebens vermittelt.“

      Außerdem wäre es schön zu wissen, wie viele Schulen tatsächlich besucht wurden und in welchen Regionen der Türkei.

      Und sonst kann ich nicht viel dazu sagen, da ich in der Türkei nur die Grundschule und die erste Klasse der Mittelschule besucht habe. Wie bogo70 aber bereits sagte, geht die schulische Ausbildung viel schneller vonstatten. Deshalb braucht auch der Großteil der Schüler zusätzliche Nachhilfe in einer „Dershane“ (die deutsche Übersetzung weiß ich leider nicht, tut mir sehr leid). Mein Cousin besucht in der Türkei z. Z. die letzte Klasse der Oberstufe und sie haben schon Themen behandelt, die ich erst im Studium hatte. Aber ich sehe mich persönlich nicht in der Lage, das ganze System zu bewerten.