Undurchlässiges Schulsystem
Wirtschaftsnahe Stiftungen fördern Migrantenkinder
Gut die Hälfte der Eltern in Deutschland möchten ihr Kind aus dem öffentlichen Schulsystem herausnehmen; insbesondere Eltern mit Hauptschulabschluss kritisieren das staatliche System. Das Bildungssystem in Deutschland sei äußerst undurchlässig, heißt es zur Begründung.
Dienstag, 18.08.2009, 6:33 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 31.10.2011, 19:48 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Forsa-Studie im Auftrag der Zeitschrift „Eltern“. Die in der Studie genannten Defizite im Bildungssystem betreffen dabei besonders Migranten und sozial Schwache. Die weltweiten Pisa-Tests haben gezeigt, dass der Bildungserfolg eines Kindes in keinem anderen vergleichbaren Industriestaat so abhängig von der sozialen Herkunft ist wie in Deutschland. Außerdem sind Deutschland Versäumnisse bei der Chancengleichheit in der Bildung und der Förderung von Migrantenkindern bescheinigt worden.
„Diese Undurchlässigkeit des Bildungssystems ist ein Mangel, den wir beheben wollen“, sagt Marlehn Thieme, Bereichsleiterin Bildung der Deutschen Bank Stiftung. Die Zahlen sprechen für sich: 83 Prozent der Kinder aus Akademikerfamilien entscheiden sich für ein Studium. Aber nur 23 Prozent aus Elternhäusern ohne akademischen Hintergrund schaffen den Sprung an die Hochschule. Das trifft Kinder und Jugendliche aus Zuwandererfamilien besonders stark. Denn ihre Eltern kamen hauptsächlich als „Gastarbeiter nach Deutschland.
Mit der Gemeinschaftsinitiative „Studienkompass“ wollen die wirtschaftsnahen Stiftungen Accenture-Stiftung, Deutsche Bank Stiftung und die Stiftung der Deutschen Wirtschaft dieser Tendenz gezielt entgegenwirken. Das Programm richtet sich an Schülerinnen und Schüler, die zwei Jahre vor dem Abitur stehen und vor der Aufnahme eines Studiums einen besonders großen Beratungs- und Orientierungsbedarf haben. Sie werden während ihrer letzten beiden Schuljahre umfassend bei ihrer Studienorientierung unterstützt und darüber hinaus im ersten Studienjahr begleitet, damit sie an der Hochschule Fuß fassen. Das Projekt ist jetzt schon ein großer Erfolg: Laut einer Umfrage unter den Teilnehmer wollen 80 Prozent von ihnen ein Studium aufnehmen. Im Bundesdurchschnitt beginnen nur 37 Prozent eines Geburtsjahrganges ein Studium.
Ein Drittel der Teilnehmer/innen hat einen Migrationshintergrund
Der Studienkompass wendet sich in erster Linie an Jugendliche, deren Eltern keine Studienerfahrungen gesammelt haben. Drei Viertel der Teilnehmer haben Eltern, die nicht studiert haben, ein Drittel hat einen Migrationshintergrund. Der Migrationshintergrund spiele bei der Bewerbung selbst dann eine Rolle, wenn beide Eltern eines Bewerbers studiert haben. Ein Migrationshintergrund könne nämlich bei der Entscheidung für ein Studium generell hinderlich sein; beispielsweise, wenn beide Eltern im Ausland studiert haben, ihr Abschluss hier nicht anerkannt wird und/oder sie das deutsche Bildungssystem nicht kennen.
Das Programm kommt bei den Schülern und Lehrer gut an. Der Andrang auf die 275 neu geschaffenen Plätze im Förderprogramm „Studienkompass“ sei groß gewesen, gab die Stiftung der Deutschen Wirtschaft kürzlich bekannt. Über 800 Schülerinnen und Schüler von 178 Schulen hätten sich beworben. Der Schulleiter des Emil-Krause-Gymnasiums in Hamburg, Rüdiger Radler, zeigte sich insbesondere über die Integrationskraft des Projekts erfreut. In der praktischen Umsetzung des Programms gewährleiste das Programm, dass sich junge Menschen mit und ohne Migrationshintergrund über mehrere Jahre hinweg regelmäßig treffen und austauschen. „Dadurch werden neben der Studien- und Berufsorientierung auch die Integration und gegenseitiges Verständnis verschiedener Kulturen ganz selbstverständlich gefördert“, sagte Radler. Insgesamt begegnen sich im „Studienkompass“ Schüler und Studierende aus 25 Nationen. Gesellschaft
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