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Umstrittene Stiftung verantwortet islamischen Religionsunterricht

Der islamische Religionsunterricht in Baden-Württemberg geht weiter. Allerdings verweigern zwei große muslimische Religionsgemeinschaften die Mitarbeit am umstrittenen Stiftungsmodell. Drei von fünf Vorstandsmitgliedern segnet das Land ab.

Mittwoch, 17.07.2019, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 22.07.2019, 17:29 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der islamische Religionsunterricht in Baden-Württemberg ist gesichert: Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat am Dienstag in Stuttgart ein Modell der Landesregierung vorgestellt, wonach eine zum 1. August gegründete Stiftung „Sunnitischer Schulrat“ für die Inhalte dieses Unterrichts und die Zulassung von Lehrkräften zuständig sein wird. Damit geht der islamische Unterricht für gut 6.000 Schüler an 86 Schulen für zunächst sechs Jahre weiter. „Verlängert werden kann immer“, sagte Kretschmann. Unumstritten ist das Stiftungsmodell jedoch nicht.

Die Stiftung ist nach Einschätzung der Landesregierung erforderlich, weil es dem Staat bei den Muslimen an einem vergleichbaren Gegenüber wie den Kirchen fehlt. Während die Kirchen Inhalte und die Zulassung von Lehrern für den konfessionellen Religionsunterricht verantworten, konnten sich die muslimischen Verbände bislang nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Als Schulrat soll deshalb die Stiftung fungieren. Kretschmann hält es nach eigenen Worten für wichtig, dass islamische Bildung in Schulen und nicht in Hinterhöfen vermittelt werde.

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An der Stiftung beteiligen sich der Landesverband der Islamischen Kulturzentren Baden-Württemberg und die Islamische Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland. Abgelehnt haben die Mitarbeit der Ditib-Verband und die Islamische Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg (IGBW). Eine Verfassungsklage der nicht mitwirkenden Verbände gegen das Stiftungsmodell hält der Ministerpräsident für nicht möglich, da sie gar nicht klageberechtigt seien.

Kretschmann: Türen stehen offen

Kretschmann hofft allerdings nach eigenen Worten, dass sich die muslimischen Verbände zu einer staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft entwickeln. Die Stiftung sei lediglich ein Provisorium. Für Ditib und die IGBW stehe die Tür weiter offen, sich an dem Modell zu beteiligen. Ditib allerdings müsse „belastbare und glaubwürdige Signale“ setzen, dass sie sich vom türkischen Staat abnabele.

Die Neuordnung des islamischen Religionsunterrichts war nötig geworden, weil das seit 2006 laufende Modellprojekt zum Ende des Schuljahrs ausläuft. Laut Kultusministerium wollen bereits 50 weitere Schulen Muslimen Religionsunterricht anbieten, finden dafür aber keine qualifizierten Lehrkräfte.

Land segnet Mehrheit im Vorstand ab

Umstritten in der grün-schwarzen Koalition war die Einbindung des Tübinger Zentrums für Islamische Theologie, das Lehrer für Gymnasien ausbildet. Das Zentrum wird vom türkischen Ditib-Verband mitgetragen, der wiederum die Beteiligung am Stiftungsmodell ablehnt. Nach einer Übergangsfrist von einem Jahr soll das Zentrum ab August 2020 in der Stiftung vertreten sein.

Auf scharfe Kritik stößt unter Muslimen und Experten auch das vom Land konstruierte Stiftungsmodell. Staatsrechtler sehen darin einen Verstoß gegen die Verfassung. Das Land nehme durch die Mitglieder im Stiftungsvorstand die Rolle einer Religionsgemeinschaft ein und gestalte die Inhalte eines konfessionsgebundenen Religionsunterrichts mit. Die Kritik ist nicht unbegründet. Wie das Land auf Anfrage des MiGAZIN mitteilte, stehen drei von fünf Mitgliedern im Stiftungsvorstand unter Zustimmungsvorbehalt des Landes. (epd/mig) Leitartikel Politik

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