Jüdisches Museum Berlin, Juden, Museum, Berlin
Jüdisches Museum Berlin © corno.fulgur75 @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Reaktionen

Direktor des Jüdischen Museums Berlin zurückgetreten

Direktor der Stiftung Jüdisches Museum Berlin, Peter Schäfer, ist zurückgetreten. Sein Rücktritt löst unterschiedliche Reaktionen aus. Der Zentralrat der Juden begrüßt den Schritt. Brumlik wirft dem Zentralrat „Hofjudentum“ vor.

Dienstag, 18.06.2019, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 19.06.2019, 14:26 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Der in die Kritik geratene Direktor der Stiftung Jüdisches Museum Berlin, Peter Schäfer, ist von seinem Amt zurückgetreten. Er wolle damit „weiteren Schaden vom Jüdischen Museum Berlin“ abwenden, teilte das Museum Ende vergangener Woche mit. Die Vorsitzende des Stiftungsrats, Kulturstaatsministerin Monika Grütters, habe das Rücktrittsgesuch angenommen. Die operative Leitung der Stiftung übernehme ab sofort deren Geschäftsführender Direktor Martin Michaelis. Der Rücktritt löste unterschiedliche Reaktionen aus.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, begrüßte im Kurznachrichtendienst Twitter die Entscheidung des Direktors Schäfer. Dessen Rücktritt sei „ein wichtiger Schritt, um weiteren Schaden von der Institution abzuwenden“. Schuster unterstrich, das Jüdische Museum Berlin befinde sich derzeit „in einer wichtigen Phase der Neuaufstellung“, in der die neue Dauerausstellung konzipiert und die Kinderausstellung gebaut werde. Diese Projekte müssten nun zu einem guten Abschluss geführt werden.

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Hintergrund der jüngsten Querelen war ein Tweet des Museums in der vergangenen Woche. Darin wurde auf einen Artikel der „tageszeitung“ über eine Erklärung von 240 israelischen und jüdischen Wissenschaftlern verwiesen, die gegen den Anti-BDS-Beschluss des Bundestages Stellung bezogen hatten. BDS fordert den Boykott Israels wegen der Besatzungspolitik.

Brumlik kritisiert Zentralrat der Juden

Der frühere Leiter des Frankfurter Fritz-Bauer-Instituts, Micha Brumlik, hingegen kritisierte den Zentralrat. Der Rückzug möge den Zentralrat mit „einem Zuwachs an Selbstbewusstsein erfüllt haben“, schreibt Brumlik in der „tageszeitung“. Tatsächlich habe der Zentralrat aber einen „Pyrrhus-Sieg errungen“, fügte der Erziehungswissenschaftler hinzu: „Denn es ist dies auch ein Sieg über den Pluralismus innerhalb der jüdischen Gemeinschaft – national wie weltweit.“

Brumlik kritisierte: „Der Anlass der Rücktrittsforderung – der von dem Museum geteilte Tweet der „taz“ über die Erklärung von 240 jüdischen und israelischen Wissenschaftlern, dass BDS nicht­antisemitisch sei, war nämlich alles andere als eine Solidaritätserklärung mit BDS, sondern allenfalls eine Richtigstellung.“ Dem Zentralrat scheine die Meinung mehr oder minder uninformierter Bundestagsabgeordneter also wichtiger als die Überzeugung gelehrter Frauen und Männer, sagte Brumlik. Dies widerspreche der Tradition der jüdischen Gelehrtenkultur ebenso, wie es doch dem nahekomme, was man früher als „Hofjudentum“ bezeichnet habe.

Zentralrat wünscht sich jüdischen Nachfolger

Zu den aktuellen Entwicklungen erklärte die Stiftungsratsvorsitzende Monika Grütters: „Ich respektiere die Entscheidung von Professor Peter Schäfer.“ Grütters zeigte sich zuversichtlich, dass das Team des Museums die von Schäfer angestoßenen Projekte zu einem guten Abschluss bringen werde. Der Stiftungsrat und die eingesetzte Findungskommission würden ihre bereits eingeleitete Suche nach einer neuen Direktorin beziehungsweise einem neuen Direktor fortsetzen. Schuster zufolge wäre es „nicht schlecht, wenn es künftig eine jüdische Leitung im Jüdischen Museum Berlin gibt“. Dies sei „nicht zwingend“. Aber das Jüdische müsse im Haus „mehr Einfluss haben“, so Schuster.

Das Museum ist eine Stiftung öffentlichen Rechts in der Verantwortung des Bundes. Sie erhält vom Bund nach eigenen Angaben jährlich eine Zuweisung, die etwa drei Viertel des Gesamtbudgets abdeckt. Die restlichen Mittel werden durch Einnahmen des Hauses erwirtschaftet und durch Spenden aufgebracht. (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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  1. Ute Plass sagt:

    „Im Libeskind-Bau vermutet man, dass der missglückte Tweet einigen gerade recht kam, weil sie ihn nutzen konnten, um Schäfer loszuwerden.

    Im Hintergrund tobt ein Deutungskampf darüber, wer bestimmen darf, was jüdisch ist. Ein Deutungskampf über das Verhältnis zwischen Juden in Israel und in der Diaspora, über den Stellenwert des Zionismus. Und welchen Einfluss dem Zentralrat zukommen soll, der im Stiftungsrat des Museums sitzt. https://www.zeit.de/2019/26/juedisches-museum-berlin-peter-schaefer-ruecktritt-israel/seite-3