NSU, V-Personen, V-Männer, Nationalsozialistischer Untergrund
NSU und Umfeld, eine geschredderte Akte © Tribunal NSU-Komplex auflösen

OVG Münster

Verfassungsschutz muss Auskunft über Vernichtung von NSU-Akten geben

Der Verfassungsschutz muss Auskunft über die Vernichtung von NSU-Akten und über den Ausgang von Disziplinarverfahren gegen Mitarbeiter geben. Das entschied das Oberverwaltungsgericht Münster. Der Verfassungsschutz verweigert die Auskunft seit Jahren.

Montag, 24.09.2018, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 27.09.2018, 17:31 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der Verfassungsschutz muss einem Journalisten Auskunft über die Vernichtung von Akten im Zusammenhang mit der rechtsextremen Terrorzelle NSU geben. Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster gab am Donnerstag im Berufungsverfahren einem Journalisten Recht, der vom Bundesamt für Verfassungsschutz Auskunft über das Disziplinarverfahren gegen den Mitarbeiter verlangt hatte, der die Dokumente vernichtet hatte. Gegen das Urteil ist Revision zum Bundesverwaltungsgericht möglich. (AZ: 15 A 3070/15)

Der nur unter seinem Decknamen bekannte Mitarbeiter des Verfassungsschutzes hatte nach Angaben des Gerichts wenige Tage nach der Festnahme des einzigen noch lebenden NSU-Mitglieds Beate Zschäpe die Vernichtung von Akten zu V-Leuten in der rechten Szene angeordnet.

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Der klagende Journalist verlangte vom Verfassungsschutz unter anderem Auskunft über den Stand des Disziplinarverfahrens gegen den Mitarbeiter und über die Ermittlungsergebnisse. Das Bundesamt erklärte dagegen, wegen der besonders sensiblen Aufgaben des Verfassungsschutzes könne man generell keine Auskünfte erteilen. Zudem bestehe die Gefahr, dass die Arbeitsweise der Nachrichtendienste ausgeforscht und die wirkliche Identität des Mitarbeiters bekannt werde.

Öffentliches Informationsinteresse überwiegt – teilweise

Bereits in erster Instanz verpflichtete das Verwaltungsgericht Köln den Verfassungsschutz im November 2015, die Fragen des Journalisten weitgehend zu beantworten. Diesem Urteil folgte nun auch das Oberverwaltungsgericht weitgehend. Danach muss die Behörde Informationen erteilen zur Dauer des Ermittlungsverfahrens, zum Umfang der Ermittlungsakte, zur Zahl der befragten Personen und zur Frage, ob der Beamte eigenmächtig gehandelt hat. Keine Auskunft muss das Bundesamt dagegen über den konkreten Ausgang des Verfahrens und die von Kollegen des Mitarbeiters möglicherweise angestellten Vermutungen über dessen Motive geben.

Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege das Persönlichkeitsinteresse des Beamten und das Vertraulichkeitsinteresse seines Dienstherrn, begründete das Gericht seine Entscheidung. In der Diskussion über die Morde und die weiteren Straftaten des NSU habe von Anfang an auch die Frage eines Versagens der Sicherheitsbehörden breiten Raum eingenommen. Insbesondere die Aktenvernichtung habe Mutmaßungen begründet, dass es im Bundesamt für Verfassungsschutz Fehleinschätzungen, Nachlässigkeiten und Pflichtwidrigkeiten gegeben habe, ohne die der NSU-Terror möglicherweise ein früheres Ende gefunden hätte. (epd/mig) Leitartikel Recht

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