Rechtsstreit

Deutschland will arbeitssuchenden Zuwanderern kein Hartz IV zahlen

In einem aktuellen Rechtsstreit vor dem Europäischen Gerichtshof unterstreicht die Bundesregierung, dass arbeitssuchende Zuwanderer aus EU-Ländern von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen sind. Die Diakonie ist anderer Meinung.

Donnerstag, 05.02.2015, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 06.02.2015, 11:17 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die Bundesregierung hat die deutschen Regelungen verteidigt, nach denen arbeitssuchende Zuwanderer aus anderen EU-Ländern in vielen Fällen von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen sind. Das Freizügigkeitsrecht sei eine Grundfreiheit, bestehe aber nicht schrankenlos, unterstrich eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums am Dienstag.

Die Bundesregierung hatte vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg in einer mündlichen Verhandlung zum Fall „Alimanovic“ Stellung zu nehmen. Es geht um eine Frau aus Schweden, die mehrfach kurzzeitig in Deutschland gearbeitet hatte und im Moment auf der Suche nach einem neuen Job ist. (AZ: C-67/14)

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Das Jobcenter Berlin-Neukölln hatte der Frau und ihrer Familie Hartz-IV-Leistungen verwehrt und auf das deutsche Sozialgesetzbuch verwiesen. Demnach sind EU-Bürger von Leistungen ausgeschlossen, deren Aufenthaltsrecht sich „allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt“. Erst nach einem Aufenthalt von mindestens fünf Jahren oder einer Berufstätigkeit von einem Jahr haben sie ein Recht auf Hartz IV.

Die Freizügigkeit setze voraus, dass zuziehende Unionsbürger selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen könnten, betonte die Sprecherin des Berliner Arbeitsministeriums. „Dies ist auch der klare Wille des europäischen Gesetzgebers.“

Der Fall „Alimanovic“ ist eng verwandt mit dem Fall „Dano“, über den der EuGH Ende 2014 ein Urteil gefällt hatte. Damals hatte der Gerichtshof die deutschen Regelungen als rechtskonform bestätigt. Die beiden Fälle unterscheiden sich allerdings darin, dass die Klägerin Alimanovic aktiv nach Arbeit sucht, während die Klägerin Dano das nicht tat.

Die Diakonie Deutschland, die beide Betroffenen unterstützt, ist der Ansicht, dass infolge des anstehenden EuGH-Richterspruchs durchaus „ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf entstehen könnte“. „Arbeitsuchende aus der Europäischen Union leben rechtmäßig in Deutschland. Sie dürfen bei Hilfebedürftigkeit nicht gesetzlich von der Grundsicherung ausgeschlossen werden“, sagte Vorstandsmitglied Maria Loheide am Dienstag.

„Die große Mehrheit der zuwandernden EU-Bürger findet ohne weiteres Arbeit in Deutschland.“ Eine fehlende Existenzsicherung hingegen sei Nährboden für entwürdigende Ausbeutung – viele Arbeitgeber in Deutschland nützten die prekäre Lebenssituation der Zuwanderer aus, gab Loheide zu bedenken. Ein Urteil in dem Fall ist nach Diakonie-Angaben noch in diesem Jahr zu erwarten. (epd/mig) Aktuell Politik

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