Baden-Württemberg

Sargpflicht aufgehoben

Baden-Württemberg hat die Aufhebung der Sargpflicht beschlossen. Die Neuregelung kommt den rund 600.000 im Land lebenden Muslimen entgegen. Integrationsministerin Bilkay Öney spricht von einem deutlichen Zeichen: „Wir erkennen die religiöse Vielfalt an.“

Montag, 31.03.2014, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 03.04.2014, 6:36 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der Landtag von Baden-Württemberg hat am Mittwoch vergangener Woche mit den Stimmen aller Fraktionen die Änderung des Bestattungsgesetzes beschlossen. Damit sind im Land Begräbnisse nach den Riten Andersgläubiger möglich. Integrationsministerin (SPD) Bilkay Öney sagte: „Das ist ein deutliches Zeichen an die Menschen im Land: Wir erkennen die religiöse Vielfalt an.“ Erfreulich sei auch, dass die Änderungsinitiative parteiübergreifend aufgenommen worden sei.

Das bisherige Bestattungsgesetz war durch die zunehmende Vielfalt der in Baden-Württemberg gelebten Kulturen und Religionen nicht mehr zeitgemäß. Insbesondere die Aufhebung der Sargpflicht aus religiösen Gründen kommt den rund 600.000 im Land lebenden Muslimen entgegen. Denn nach den islamischen Riten ist die Erdbestattung in einem Sarg nicht vorgesehen. Die Muslime haben nun die Möglichkeit, ihre Verstorbenen in Tüchern zu beerdigen.

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Integration bis zum Tod
„Mit der Gesetzesänderung bringen wir das Bestattungsrecht noch besser mit den religiösen Bedürfnissen von Andersgläubigen in Einklang. Integration muss sich auf die Spanne des Lebens beziehen – von der Geburt bis zum Tod eines Menschen“, so Öney. Dasselbe gelte für den Wegfall der Vorgabe eines frühesten Bestattungszeitpunkts (bislang nach 48 Stunden). Ob allerdings die Bestattung innerhalb von 24 Stunden erfolgen kann, wie es die jüdische und die islamische Religion vorschreibt, ist meist auch eine organisatorische Frage.

Ministerin Öney befürwortet zudem, dass in der Gesetzesbegründung ein Hinweis an die Friedhofsträger aufgenommen wurde, auch Einrichtungen für islamische Bestattungsriten vorzuhalten, zum Beispiel für die rituelle Waschung der Verstorbenen. „Ebenso begrüße ich den Hinweis auf die Möglichkeit von Wahlgräbern, die dem Bedürfnis nach ewiger Ruhe bereits nach geltendem Recht entgegenkommen“, sagte Öney.

Hintergrund
Die Änderung des bestehenden Bestattungsrechts war erstmals beim Runden Tisch Islam vor knapp zwei Jahren Thema. Ministerin Öney versprach damals den muslimischen Verbänden, zusammen mit dem zuständigen Sozialministerium zu prüfen, ob die Sargpflicht aus religiösen Gründen gelockert oder ganz aufgehoben werden kann. Im Oktober 2012 erfolgte eine organisierte Anhörung von Experten der Kommunen, der Diözesen und Landeskirchen, der israelitischen und muslimischen Religionsgemeinschaften, der Bestatter und Friedhofsverwalter sowie der Wissenschaft zum Thema. (eb) Aktuell Politik

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  1. Theodora sagt:

    Solange jetzt die Kommunen für „christliche“ Wohnungslose und Sozialhilfe-Empfänger nicht den Sargzuschuss sparen, ist das o.k. Aber ich sehe als Grund und Folge der Gesetzesänderung Einsparungswünsche für die von den Kommunen zu zahlenden Beisetzungen.