Spätaussiedler

Mängel bei der Anerkennung von Berufs- und Hochschulabschlüssen

Seit den 90 Jahren fordern Selbstorganisationen der Russlanddeutschen von der Politik bessere Anerkennung von Berufs- und Hochschulabschlüssen. Dieses zögerliche Vorgehen der Politik hat bei vielen Spätaussiedlern inzwischen zu der Auffassung geführt, dass echte Veränderungen gar nicht gewollt sind.

Von Mittwoch, 22.12.2010, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 02.01.2011, 23:59 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die Russlanddeutschen gehören mit rund 2,8 Millionen Menschen zu einer der größten Zuwanderergruppen und stellen somit ein enormes Potential für diese Gesellschaft dar. Dennoch werden die Potenziale dieser Zuwanderergruppe in der Öffentlichkeit zu wenig behandelt. Wenn man über Russlanddeutsche spricht, so ist meistens von gewalttätigen Jugendlichen die Rede und nicht von Menschen, die sich eigentlich recht schnell in die Gesellschaft integrieren und – trotz vieler Hürden – Hervorragendes für dieses Land leisten.

Seit den 90 Jahren fordern Selbstorganisationen der Russlanddeutschen von der Politik bessere Anerkennung von Berufs- und Hochschulabschlüssen. In der jetzigen Integrationsdebatte gewinnt dieses Thema endlich an Bedeutung und die Spätaussiedler bekommen Hoffnung auf eine bessere berufliche Verwirklichung, was mehr Selbstvertrauen mit sich bringt.

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Die Presse schreibt überwiegend über Migranten, deren Abschlüsse nicht anerkannt werden. Hinzu kommt die Diskussion über die qualifizierte Zuwanderung nach Deutschland. Aber brauchen wir diese tatsächlich, wenn so viel Potential in unserer Republik brach liegt?

2,8 Millionen Spätaussiedler sind aus den früheren Sowjetrepubliken nach Deutschland gekommen. Viele dieser Menschen haben in ihrer früheren Heimat eine Hochschulausbildung absolviert. Wie kommen diese Menschen in Deutschland auf dem Arbeitsmarkt zurecht? Sie müssen sich mit Arbeitsstellen begnügen, die weit unterhalb ihrer mitgebrachten Qualifikationen liegen, oder sind gar zur Arbeitslosigkeit verdammt.

Dass diese mehr als bedauerliche Erscheinung keinesfalls auf die mangelnde Arbeitsbereitschaft der Russlanddeutschen zurückzuführen ist, belegen beispielsweise die vor gut zwei Jahren erstmalig vom Statistischen Bundesamt per Mikrozensus erhobenen Daten über die Lebenssituation der Spätaussiedler in Deutschland. Daraus geht eindeutig hervor, dass diese erheblich besser in Schule, Ausbildungs- und Arbeitsmarkt integriert sind als andere Zuwanderergruppen.

Positiven Untersuchungsergebnissen wie diesen stehen jedoch mehr als zögerlich vorangetriebene politische Bemühungen auf Länder- und Bundesebene gegenüber, Mängel gerade im Bereich der Anerkennung im schulischen und beruflichen Hochqualifikationsbereich zu beseitigen.

Dieses zögerliche Vorgehen hat bei vielen Spätaussiedlern inzwischen zu der Auffassung geführt, dass echte Veränderungen von Seiten der Länder und des Bundes gar nicht gewollt sind. Dennoch bemühen sich die Organisationen der Russlanddeutschen ihre Forderungen gegenüber der Politik durchzusetzen.

Sie fordern die Intensivierung der Beratungsarbeit und der Sprachförderung sowie Verstärkung des Einsatzes des Akademikerprogramms der Otto-Benecke-Stiftung. Ein transparenteres Anerkennungsverfahren für Bildungs- und Berufsabschlüsse sowie Ausbau der Möglichkeiten, fehlende Qualifikationsbestandteile nachzuholen sind auch ein Teil der Forderungen.

Da man in der Öffentlichkeit kaum über die Potentiale der Russlanddeutschen spricht, stellt sich die Frage, ob die Spätaussiedler auch weiterhin auf das zweite und dritte Gleis geschoben werden? Wenn ja, dann entsteht durch den Verzicht auf ihre Qualifikationen für die Bundesrepublik ein Schaden, der vor allem der Wirtschaft zum Nachteil kommt. Können wir uns das leisten? Aktuell Meinung

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  1. eichelberg sagt:

    Russlanddeutsche Aussiedler müssen häufig einen beruflichen Abstieg in Kauf nehmen, wenn sie nach Deutschland kommen. In besonderer Weise sind Lehrerinnen und Lehrer betroffen, deren Studienabschlüsse nicht den deutschen Anforderungen entsprechen.
    Weiter unter: http://www.ornis-press.de/brachliegende-potentiale.1346.0.html

  2. Sinan A. sagt:

    Jeder russlanddeutsche Lehrer erhöht die Chancen für alle Migrantenkinder. An der fachlichen Qualifikation habe ich überhaupt keinen Zweifel, da vertraue ich blind. Viel wichtiger ist jedoch die menschliche Komponente. Der Lehrer mit Migrationshintergrund (egal woher!) teilt nicht die abschätzige Grundhaltung des Deutschen gegenüber unseren Kindern. Er hat also das, was der Deutsche „interkulturelle Kompetenz“ nennt.

  3. bogo70 sagt:

    Selbst wenn die Qualifikation nicht die gleiche sein sollte, was Pisa nach ja eher unwarscheinlich ist, überträgt sich der Enthusiasmus solcher Neuankömmlinge doch mehr auf die Schüler als ein gelangweilter Lehrer, der hier ausgebildet wurde und dem nur noch die Pension vorschwebt, die im mit seinem Job so gut wie sicher ist. Learn by doing, ist nicht unbedingt schlechter und sich nebenbei weiter zu qualifizieren sollte auch kein Problem sein. Aber wir sind ja in Deutschland und da nehmen wir es ganz genau mit der Ausbildung, ob der Lehrer nun geeignet ist oder nicht, wen interessiert das schon, er hat immerhin die nötige Theorie, alles andere zählt nicht und braucht natürlich nicht gefördert zu werden. Ironie aus.