
Schmutzige Deals
Grünen-Chef: Geld-Angebot an Afghanen „zynisch und unmenschlich“
Die Grünen kritisieren Angebote an Afghanen, gegen Geld auf eine Einreise nach Deutschland zu verzichten und sprechen von „Schweigegeld“. Der Minister erklärt das Vorgehen.
Mittwoch, 05.11.2025, 16:01 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 05.11.2025, 16:02 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Grünen-Chef Felix Banaszak kritisiert das Angebot an Afghanen, gegen Geld Pläne zur Einreise nach Deutschland aufzugeben. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) mache in alle Richtungen schmutzige Deals, sagte Banaszak der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
„Erst hofiert er die terroristischen Taliban und adelt sie zu normalen Verhandlungspartnern auf dem internationalen Parkett. Und jetzt bietet Dobrindt den Afghaninnen und Afghanen, die unserem Land und unseren Truppen gegen genau diesen Terrorismus unter Lebensgefahr geholfen haben, ein Schweigegeld statt Sicherheit und Freiheit“, so Banaszak.
Minister: „Ein geerbtes Problem“
Dobrindt wies darauf hin, dass dies ein „geerbtes Problem“ noch aus der Zeit der Ampel-Koalition sei. Es handele sich um Leute, die aus Afghanistan nach Pakistan gebracht worden seien – teils ohne, teils mit rechtsverbindlichen Aufnahmezusagen. Die Abarbeitung dieser Fälle sei aber in der vergangenen Wahlperiode „schlicht nicht erfolgt“, obwohl einige Personen sich seit 2023 in Pakistans Hauptstadt Islamabad befänden, sagte der Minister in Berlin.
Wenn betroffene Menschen mit Aufnahmezusage das entsprechende Verfahren und eine Sicherheitsüberprüfung positiv durchlaufen, könnten sie auch nach Deutschland kommen. „Die anderen Fälle nicht“, sagte Dobrindt. Wenn nicht von einer Aufnahme auszugehen sei, werde aber eine Perspektive angeboten. Diese sei wie in anderen Fällen auch mit einem finanziellen Angebot zu einer freiwilligen Rückkehr nach Afghanistan oder in ein anderes Drittland verbunden.
Geld bei Verzicht auf Aufnahmerecht
Beobachter bezweifeln allerdings, dass das Ministerium überhaupt prüft, bzw. sehr langsam. Es sei davon auszugehen, dass die Menschen durch das Hinhalten in eine hoffnungslose Lage versetzt werden, damit sie das Geldangebot annehmen. Dobrindt selbst hatte kürzlich erklärt, dass die Prüfungen würden noch lange dauern.
Hintergrund der Debatte sind Schreiben, in denen Afghanen finanzielle und anderweitige Hilfe angeboten wird, wenn die Adressaten darauf verzichten, Pläne zur Einreise nach Deutschland weiterzuverfolgen. Nach Angaben von Adressaten hatte die Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) die Schreiben im Namen der Bundesregierung verschickt.
Afghanische Familien harren in Islamabad aus
Viele aus Afghanistan geflohene Familien harren seit Monaten oder gar Jahren in Islamabad aus. Die schwarz-rote Regierung stoppte ein Aufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen im Mai.
Neben früheren Ortskräften deutscher Institutionen und ihren Angehörigen sollten über das Programm auch Afghanen aufgenommen werden, die Verfolgung durch die islamistischen Taliban fürchten müssen, etwa weil sie sich in der Vergangenheit als Anwälte oder Journalistinnen für Menschenrechte eingesetzt haben.
Banaszak: Menschen vertrauen auf Aufnahmezusage
„Diese Menschen haben lange Jahre für die Bundesregierung gearbeitet oder sich besonders für ein demokratisches Afghanistan eingesetzt und damit hohe Risiken auf sich genommen. Sie vertrauen darauf, dass die Aufnahmezusage der Bundesrepublik gilt“, bemängelte Banaszak. Nach quälenden Jahren des Wartens sollten Betroffene nun binnen 14 Tagen entscheiden, ob sie das Angebot annehmen. „Das ist zynisch und unmenschlich.“
Bundesregierung verhandelt mit Taliban
Die Bundesregierung verhandelt mit den Taliban über Abschiebungen nach Afghanistan. Laut Dobrindt stehen die Gespräche kurz vor einem Abschluss. Die Kontakte zu den Taliban sind umstritten, denn offiziell unterhält die Bundesregierung keine diplomatischen Beziehungen zu den Taliban, die seit August 2021 wieder in Afghanistan an der Macht sind.
Wegen ihrer Missachtung von Menschen- und vor allem Frauenrechten sind die Taliban international isoliert. Seit ihrer Machtübernahme kam es mit Hilfe von Katar zweimal zu Abschiebungen von Afghanen aus Deutschland. (dpa/mig) Aktuell Politik
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