Äthiopien, Wasser, Dürre, Menschen, Armut, Wasserpumpe, Klimawandel
Menschen in Äthiopien am Wasserbrunnen © mathess/123rf.com

Klimawandel

Wir verursachen, andere sterben

Der neue „Lancet“-Bericht zeigt, wie eng unser Lebensstil mit weltweiten Gesundheitskrisen verknüpft ist. Während der Norden profitiert, verlieren Millionen im globalen Süden ihr Leben, ihre Heimat und jede Hoffnung. Und wir? Wir schließen Grenzen.

Mittwoch, 29.10.2025, 11:51 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 29.10.2025, 11:51 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Unsere Lebensweise hat globale Folgen: Wenn hierzulande Autos Abgase ausstoßen, Kohle verbrannt oder Fleisch konsumiert wird, spüren Menschen anderswo die Konsequenzen – oft mit tödlichem Ausgang. Der Jahresbericht der medizinischen Fachzeitschrift „The Lancet“ zeigt, wie eng unser Alltag mit weltweiten Gesundheitskrisen verknüpft ist.

Demnach haben 12 von 20 Indikatoren für klimabedingte Gesundheitsgefahren Rekordwerte erreicht. Die Autorinnen und Autoren sprechen von einer „beispiellosen Bedrohung für Gesundheit und Leben weltweit“.

___STEADY_PAYWALL___

Globale Verantwortung – lokale Folgen

Seit den 1990er Jahren ist die Zahl hitzebedingter Todesfälle laut Bericht global um 23 Prozent gestiegen – auf jährlich durchschnittlich etwa 546.000 im Durchschnitt der Jahre 2012-2021. Zudem sterben jährlich rund 2,5 Millionen Menschen durch die Luftverschmutzung, die direkt auf die Verbrennung fossiler Energieträger zurückzuführen ist. Während Öl- und Gaskonzerne ihre Produktion ausbauen, gaben Regierungen weltweit im Jahr 2023 rund 956 Milliarden US-Dollar für fossile Subventionen aus – mehr als 15 Staaten sogar mehr als für ihre nationalen Gesundheitsbudgets.

Auch Europa, Deutschland sowie weitere Industrietaten tragen maßgeblich zu dieser Entwicklung bei. Verkehr, Heizung und industrielle Produktion zählen hier zu den Hauptquellen der Emissionen, die anderswo Dürren, Überschwemmungen oder unbewohnbare Landstriche verursachen. Besonders stark betroffen sind Regionen in Afrika und Südasien, wo steigende Temperaturen Ernten vernichten und Wasserknappheit verschärfen. Dort verlieren Millionen Menschen ihre Lebensgrundlagen – viele sehen keine andere Wahl, als ihre Heimat zu verlassen.

Klimaflucht und moralische Widersprüche

Der Klimawandel ist längst zu einem der stärksten Treiber von Migration geworden. Laut Schätzungen der Weltbank könnten bis 2050 mehr als 200 Millionen Menschen gezwungen sein, wegen klimatischer Veränderungen ihre Heimat zu verlassen. Auch wenn Europa mitverantwortlich ist für die Ursachen, schließt sie ihre Grenzen, wenn Menschen aus den betroffenen Regionen Schutz suchen. Diese Politik widerspricht nicht nur der moralischen Verantwortung, sondern auch den eigenen Verpflichtungen aus internationalen Abkommen.

Auch Infektionskrankheiten nehmen laut Bericht zu: Beispielsweise sei das weltweite Übertragungspotenzial des von Mücken übertragenen Dengue-Fiebers seit den 1950er Jahren durch den Klimawandel stark gestiegen. „Dieses Jahr zeichnet ein düsteres und unbestreitbares Bild der verheerenden Gesundheitsschäden“, sagte Studienleiterin Marina Romanello vom University College London. „Die Zerstörung von Leben und Lebensgrundlagen wird weiter zunehmen, solange wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen nicht beenden.“

Maßnahmen zeigen Wirkung – aber zu langsam

Gleichzeitig zeigen die Daten, dass eingeleitete Maßnahmen wirken. Der Umstieg auf saubere Energien habe seit 2010 jährlich etwa 160.000 vorzeitige Todesfälle verhindert, vor allem durch sauberere Luft infolge des Rückgangs von Kohleverbrennung in reicheren Ländern.

Romanello betonte: „Wir haben die Lösungen in der Hand, um eine Klimakatastrophe zu vermeiden. Von sauberer Energie bis zu gesünderen Ernährungsweisen – diese Maßnahmen könnten über zehn Millionen Leben pro Jahr retten.“

Wirtschaftliche Verluste und soziale Ungleichheit

Die Forscherinnen und Forscher weisen darauf hin, dass die Auswirkungen des Klimawandels zunehmend wirtschaftliche Schäden verursachen. Allein 2024 gingen weltweit 639 Milliarden Arbeitsstunden durch Hitze verloren – 98 Prozent mehr als im Schnitt der 1990er Jahre, was einem Einkommensverlust von rund 1,09 Billionen US-Dollar entspricht. Auch das trifft vor allem Länder des globalen Südens. Während die Wirtschaft dort unter der Last zusammenbricht, profitiert der Norden vom fossilen Reichtum.

Mitautor Anthony Costello mahnte: „Wir müssen auf der Dynamik aufbauen, die wir durch lokale Initiativen gesehen haben. Eine gesundheitsschützende, gerechte und faire Transformation kann nur gelingen, wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen.“ (dpa/mig) Aktuell Panorama

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)