Joachim Herrmann, Herrmann, Innenminister, CSU, Bayern
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) © bayern.de/Sebastian Widmann

„Signal der Schande“

Bayers Innenminister feiert Asylbilanz als Erfolg

Bayern Innenminister feiert Rekordabschiebungen und sinkende Asylzahlen – doch der Rückgang hat wenig mit deutscher Politik zu tun, sondern mit dem Machtwechsel in Syrien. Der Flüchtlingsrat spricht von „Schande“.

Dienstag, 28.10.2025, 10:17 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 28.10.2025, 10:17 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Aus Bayern sind in den ersten neun Monaten dieses Jahres so viele Menschen abgeschoben worden oder freiwillig ausgereist wie seit 2015 nicht mehr. Mit insgesamt 14.646 Aufenthaltsbeendigungen habe man einen neuen Höchstwert erreicht, teilte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) mit. „Der Freistaat nimmt bundesweit eine Spitzenposition bei den Rückführungen ein. Diesen erfolgreichen Weg werden wir auch konsequent weitergehen“, kündigte er an.

Demnach wurden von Januar bis September 2.787 Menschen aus Bayern abgeschoben. Das waren rund 25 Prozent mehr als im entsprechenden Zeitraum des Vorjahres (2.242). Gleichzeitig wurden 11.859 freiwillige Ausreisen gezählt.

___STEADY_PAYWALL___

Zahl neuer Asylbewerber sinkt weiter

Auf der anderen Seite ist die Zahl neuer Asylbewerber weiter gesunken, auf 10.600 von Januar bis September. Das sind rund 60 Prozent weniger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum, als rund 26.500 Asylzugänge gezählt wurden.

Herrmann reklamierte den Rückgang als Erfolg der Asylpolitik der Bundesregierung. „Diese Zahlen belegen eindrucksvoll: Der erfolgreiche Kurswechsel in der Migrationspolitik, den Bayern gemeinsam mit der neuen Bundesregierung vollzogen hat, wirkt.“

Tatsächlich gehen die Asylbewerber-Zahlen schon seit 2024 zurück. Ein Grund für den Rückgang ist auch die veränderte Lage in Syrien, wo im vergangenen Dezember Langzeitmachthaber Baschar al-Assad gestürzt worden war. Syrien war jahrelang Hauptherkunftsland von Asylbewerbern in Deutschland gewesen. Allein aus dem ehemaligen Bürgerkriegsland ging die Zahl der Asylanträge in den ersten neun Monaten 2025 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres deutschlandweit um knapp 40.000 zurück.

Herrmann fordert noch mehr Abschiebungen

Herrmann forderte nun deutlich mehr Rückführungen auch in Länder wie Afghanistan und Syrien. Hier gebe es vom Bund vielversprechende Signale.

„Auch Menschen aus Afghanistan und Syrien, denen nach einer individuellen, umfangreichen und sorgfältigen Prüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie durch deutsche Verwaltungsgerichte keine Gefahren in ihrer Heimat drohen, müssen unser Land notfalls auch gegen ihren Willen wieder verlassen“, sagte der Minister und argumentierte: „Das ist essenziell für die Akzeptanz und Funktionsfähigkeit unseres Asylsystems.“

Flüchtlingsrat kritisiert scharf

Menschenrechtler reagieren mit scharfer Kritik auf Herrmanns Forderung nach Rückführungen nach Afghanistan. Im Verhältnis zur Gesamtzahl spielten Abschiebungen im niedrigen vierstelligen Bereich praktisch keine Rolle für die Aufnahmefähigkeit Deutschlands. Auch die wenigen potenziellen Abschiebungen nach Afghanistan hätten lediglich symbolischen Charakter. Der Preis, den die Bundesregierung dafür zahle, sie ungleich höher.

Der Bayerische Flüchtlingsrat etwa warnt vor einer schleichenden Anerkennung des Taliban-Regimes. Vertreter des Bundesinnenministeriums sollen in Kabul Gespräche über Abschiebungen geführt haben. Schon zuvor seien Taliban-Vertreter als konsularische Ansprechpartner in Deutschland zugelassen worden. Das sei, so der Flüchtlingsrat, „ein hoher Preis für ein politisches Symbol“, das die Bundesregierung „ohne Not zu zahlen bereit“ sei.

Arif Abdullah Haidary vom Bayerischen Flüchtlingsrat spricht von einem „Signal der Schande“. Deutschland verhandle „mit Mördern, Unterdrückern und Feinden der Menschenrechte“ und verrate damit die eigenen Werte. Wer Abschiebungen nach Afghanistan vorbereite, ignoriere die Realität eines Terrorregimes, das Frauen entrechtet, Oppositionelle verfolgt und Hinrichtungen zu seinem Machtinstrument gemacht habe. (dpa/mig) Aktuell Politik

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)