
„Ein schwarzer Tag“
Deutschland erinnert an die Opfer vom 7. Oktober
Das blutige Massaker der Hamas ist zwei Jahre her. Am militärischen Gegenschlag Israels gibt es Kritik. Doch viele Deutsche machten zum Jahrestag deutlich: Antisemitismus ist keine Option.
Dienstag, 07.10.2025, 17:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 07.10.2025, 17:23 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Flaggen auf halbmast, Mahnwachen gegen Antisemitismus und Gespräche mit jüdischen Mitbürgern – am zweiten Jahrestag des Hamas-Überfalls auf Israel ist deutschlandweit der Toten und Verschleppten gedacht worden. „Wir sind in Gedanken bei den Opfern des 7. Oktober 2023 und bei den Geiseln in der Hand der Terroristen“, versicherte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei einem Besuch der Brodyer Synagoge in Leipzig.
Anhänger der Hamas hatten vor zwei Jahren gemeinsam mit anderen Terroristen für das schlimmste Massaker in Israels Geschichte gesorgt. Etwa 1.200 Menschen wurden getötet, mehr als 250 in den Gazastreifen verschleppt. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sprach von einem „schwarzen Tag“ in den Geschichtsbüchern des jüdischen Volkes.
Leere Stühle am Brandenburger Tor
Am Brandenburger Tor in Berlin wurden am frühen Morgen die Namen der Todesopfer verlesen. Anschließend wurden in Gedenken an die Opfer rund 1.100 Stühle aufgestellt, wobei einige Stühle ganze Familien symbolisieren. Abends sollten die Worte „Bring them home now“ auf das Brandenburger Tor projiziert werden. Damit wird gefordert, die verbliebenen Geiseln freizulassen.
Auch an vielen anderen Orten in Deutschland gab es Gedenkveranstaltungen und Mahnwachen – etwa auf dem Hamburger Rathausmarkt, wo auch der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) seine Solidarität bekundete.
Auf das Massaker vom 7. Oktober hatte Israel mit einer Militäroffensive im Gazastreifen reagiert. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden seitdem mehr als 67.000 Palästinenser getötet – die meisten Zivilisten, darunter Frauen und Kinder. Deshalb gab es am Jahrestag des Überfalls auch Proteste gegen das israelische Vorgehen.
Polizei stoppt Gaza-Demos
Die Berliner Polizei, die den Jahrestag mit rund 1.500 Einsatzkräften begleitete, stoppte eine propalästinensische Demonstration wegen verbotener Parolen. Für den Abend war am Alexanderplatz eine Kundgebung mit dem Titel „Stoppt den Völkermord“ angemeldet, die von der Polizei aber kurzfristig verboten wurde.
Weltweit gibt es zunehmende Proteste gegen das militärische Vorgehen der israelischen Regierung. Ihr werden schwere Kriegsverbrechen und Völkermord vorgeworfen. Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist Hilfsorganisationen zufolge desaströs. Auch Deutschland steht aufgrund seiner erklärten Staatsräson zu Israel international zunehmend in der Kritik.
Steinmeier äußerte bei seinem Synagogen-Besuch seine „tiefe Sorge“ um die notleidenden Menschen in Gaza. Kritik an der israelischen Politik sei allerdings niemals eine Rechtfertigung für Anfeindungen und Übergriffe: „Wer Jüdinnen und Juden bedroht oder sogar angreift, greift uns alle an. Das werden wir nicht hinnehmen.“
Kanzler Merz prangert Antisemitismus an
Auch Merz beklagte eine „neue Welle des Antisemitismus“ in Deutschland. „Er zeigt sich in altem und neuem Gewand – in den sozialen Medien, an den Universitäten, auf unseren Straßen; immer lauter, immer unverschämter und immer öfter auch in Form von Gewalt“, sagte der Kanzler in einer Videobotschaft. Es müsse jedoch alles dafür getan werden, „dass Jüdinnen und Juden hier in Deutschland ohne Angst leben können“.
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) empfing drei Überlebende des Nova-Musikfestivals – einem der Hauptziele der Angreifer vom 7. Oktober. Allein dort starben mehr als 400 Besucher. In der SPD-Fraktion war der jüdische Publizist Michel Friedman zu Gast. Dieser äußerte anschließend seine Sorge um die Demokratie in Deutschland und warnte vor wachsendem Antisemitismus: „Wenn Juden in einem Land nicht mehr sicher sind, sind alle nicht mehr sicher.“
In Israel selbst finden staatliche Zeremonien – in Einklang mit dem hebräischen Kalender – erst am 16. Oktober statt. Für Überlebende des Massakers und Angehörige der Opfer war am späten Dienstagabend aber zumindest eine Gedenkzeremonie in Tel Aviv geplant. Unter anderem sollte dort Yuval Raphael auftreten. Die israelische Sängerin gehört zu den Überlebenden des Nova-Festivals und belegte in diesem Jahr für ihr Heimatland den zweiten Platz beim Eurovision Song Contest. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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