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Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) © Tobias Schwarz/AFP

Dobrindts Pläne

Verhandlungen mit Taliban, Abschiebungen nach Syrien – und in Drittstaaten

Innenminister Dobrindt will direkte Verhandlungen mit der Taliban aufnehmen für regelmäßige Abschiebungen nach Afghanistan – und das ist nicht sein einziger Plan. Grüne, Linke und Menschenrechtler kritisieren seine Pläne scharf.

Montag, 29.09.2025, 12:06 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 29.09.2025, 12:06 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Die Taliban gelten international als Terrororganisation. Und mit Terroristen verhandelt man nicht. Wenn es aber Abschiebungen nach Afghanistan geht, scheint Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) eine Ausnahme machen zu wollen. Er will direkte Verhandlungen mit den Taliban in Kabul aufnehmen. Damit will der Innenminister regelmäßige Abschiebungen nach Afghanistan ermöglichen. Grüne und Linke kritisieren den Plan scharf.

„Mit einem Abkommen“ mache sich Dobrindt von der Taliban abhängig und werte sie auf, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen, Marcel Emmerich, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Das sei ein Schlag ins Gesicht für all jene, die über Jahre für Demokratie gegen die Taliban gekämpft hätten.

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Die stellvertretende Fraktionschefin der Linken im Bundestag, Clara Bünger, sagte der „Rheinischen Post“: „Wer mit den Taliban verhandelt, legitimiert und verharmlost Terroristen.“ Ziel der Verhandlungen sei „die Vorbereitung auf Abschiebungen in Größenordnungen in ein Land, in dem Folter, öffentliche Hinrichtungen und Auspeitschungen an der Tagesordnung sind. Wer solche Deals macht, macht sich mitschuldig“, ergänzte sie.

Deutsche Beamte demnächst in Kabul

Dobrindt hatte in dem Boulevardblatt „Bild am Sonntag“ Gespräche mit den Machthabern in Afghanistan direkt in der afghanischen Hauptstadt angekündigt. „Abschiebungen nach Afghanistan müssen regelmäßig stattfinden können! Darum verhandeln wir jetzt direkt in Kabul, damit Straftäter und Gefährder künftig konsequent abgeschoben werden“, sagte der CSU-Politiker.

Noch im Oktober sollen Beamte des Bundesinnenministeriums nach Kabul reisen, um dort zu verhandeln, wie ein Ministeriumssprecher der Zeitung bestätigte. Lange Zeit war von Gesprächen „auf technischer Ebene mit afghanischen Vertretern“ die Rede – ohne genaue Angaben, wo sie geführt werden.

Die Kontakte zu den Taliban sind umstritten, denn offiziell unterhält die Bundesregierung keine diplomatischen Beziehungen zu ihnen, die seit August 2021 wieder in Afghanistan an der Macht sind. Wegen ihrer Missachtung von Menschen- und vor allem Frauenrechten sind sie international isoliert.

Seit Machtübernahme der Taliban zwei Abschiebeflüge

Seit der Machtübernahme der Taliban in Kabul im August 2021 kam es mit Hilfe von Katar zweimal zu Abschiebungen von Afghanen aus Deutschland. Im August 2024 – damals regierte noch die Koalition von SPD, Grünen und FDP – wurden 28 verurteilte Straftäter in die afghanische Hauptstadt gebracht. Im Juli brachte ein Flugzeug 81 weitere Männer nach Afghanistan.

Der Innenexperte der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), begrüßte die Ankündigungen des Innenministers. „Das fordert die Union schon länger. Gut, dass Minister Dobrindt dies nun umsetzt“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Flüchtlinge, die hier Straftaten begehen, müssen nach ihrer Haftstrafe das Land verlassen. Das gilt auch für Menschen aus Syrien und Afghanistan.“ Nur so könne „die Akzeptanz unseres Asylsystems weiter geschützt werden“, sagte Throm.

Dobrindt: Einigung mit Syrien über Abschiebungen noch 2025

Auch im Hinblick auf Syrien plant Dobrindt eine zügige Einigung über Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber aus Deutschland. „Wir wollen noch in diesem Jahr eine Vereinbarung mit Syrien treffen und dann zunächst Straftäter abschieben und später Personen ohne Aufenthaltsrecht“, sagte Dobrindt der „Rheinischen Post“. „Dabei muss man unterscheiden, zwischen Menschen, die gut integriert sind und arbeiten, und solchen ohne Anspruch auf Asyl, die von Sozialleistungen leben.“

Die Gespräche darüber würden „in Kürze“ beginnen, so der Innenminister weiter. „Ich habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) beauftragt, die ausgesetzten Asylverfahren für Syrer teilweise wieder aufzunehmen, um dann abgelehnte Asylbewerber abschieben zu können.“ Abschiebungen aus Deutschland nach Syrien gibt es seit 2012 nicht mehr.

Freiwillige Rückkehrer und neue deutsche Staatsbürger

Die Zahl der syrischen Flüchtlinge, die nach dem Sturz von Langzeit-Machthaber Baschar al-Assad aus Deutschland freiwillig in die alte Heimat zurückkehrt, steigt inzwischen langsam – auf niedrigem Niveau – an. Aus Dobrindts Ministerium hatte es geheißen, bis Ende August seien 1.867 Menschen mit Förderung vom Bund nach Syrien ausgereist.

Ende Juli lebten laut Ausländerzentralregister knapp 955.000 Syrer in Deutschland. Im vergangenen Jahr wurden 83.150 vormals syrische Staatsangehörige in Deutschland eingebürgert. Viele der Flüchtlinge, die 2015 oder 2016 gekommen waren, erfüllen inzwischen die Kriterien für eine Einbürgerung.

Dobrindt: Abschiebezentren in Drittstaaten sind „notwendiger Weg“

Zu den Plänen Dobrindts gehört auch die Einrichtung von Abschiebezentren in Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union. Er verwies am Donnerstag im Bundestag auf die niederländische Regierung, die mit Uganda über die Einrichtung solcher „Rückkehrzentren“ spreche. „Das ist schlichtweg ein notwendiger Weg, unser Asylsystem zu stärken und zu härten“, sagte Dobrindt. Er nannte Konzepte wie das der Niederlande „innovative Lösungen“.

Dobrindt kündigte zudem Gespräche mit den Innenministern mehrerer Nachbarstaaten am 4. Oktober in München an. Dabei solle es darum gehen, in die gemeinsame europäische Asylpolitik „mehr Schärfe und mehr Härte“ zu bringen.

In der EU wird seit einigen Monaten über sogenannte Return Hubs in Drittstaaten diskutiert, in denen abgelehnte Asylbewerber und andere ausreisepflichtige Migranten untergebracht werden könnten. Die Kommission hatte dazu im März einen Gesetzesvorschlag vorgelegt. Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Konzept scharf. (dpa/epd/mig) Aktuell Politik

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