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Stimmungsmache?

Union will Bürgergeldbezug für EU-Ausländer erschweren

In der Debatte um die Belastung der Sozialsysteme scheint CDU-Generalsekretär Linnemann einen Schuldigen gefunden zu haben: EU-Ausländer und Ukrainer. CSU-Landesgruppenchef Hoffmann beklagt gar eine „Armutsmigration“. Sozialministerin Bas kündigt Vorschläge an. Die Linke hält dagegen.

Montag, 22.09.2025, 17:01 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 22.09.2025, 17:01 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann dringt auf schärfere EU-Regeln zur Arbeitnehmerfreizügigkeit, um ein Ausnutzen des deutschen Bürgergeldsystems zu erschweren. Deutschland müsse das Sozialsystem „resilienter machen und vor dem Missbrauch durch kriminelle Banden schützen“, sagte er dem Boulevardblatt „Bild“.

„Auf EU-Ebene muss der Arbeitnehmerbegriff deswegen neu definiert werden. Wenige Stunden zu arbeiten und den Rest aufzustocken, obwohl man Vollzeit arbeiten kann, darf nicht möglich sein.“ Grundsätzlich müsse eine Vollzeittätigkeit maßgeblich sein, „insbesondere bei kinderlosen Singles“. Es handele sich um eine „krasse Regelungslücke, die geradezu dazu einlädt, sie auszunutzen“, erklärte er.

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Hoffmann will „Armutsmigration“ stärker bekämpfen

Zuvor hatte bereits CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann höhere Hürden für die Migration ins deutsche Sozialsystem gefordert. „Wir müssen den Missbrauch des Sozialsystems stärker bekämpfen“, sagte Hoffmann den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. „Es gibt mafiöse Strukturen im Bürgergeldbezug, denen ein Ende gesetzt werden muss.“

Zwar werde EU-Bürgern per Rechtsprechung schon bei minimaler wöchentlicher Arbeitszeit Freizügigkeit in der Union garantiert. Deutschland könne aber zusätzliche Kriterien schaffen, um die Migration ins Sozialsystem einzudämmen. „Mehr Kriterien könnten helfen, Missbrauch zu verhindern.“ Konkrete Vorschläge machte er zunächst nicht.

Arbeitsministerin Bas: Im Herbst konkrete Vorschläge

In der Koalition sei darüber bereits gesprochen worden. „Ich erlebe da auch in der SPD eine Bereitschaft, dieses Thema anzugehen“, betonte Hoffmann.

Auch Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hatte bereits mitgeteilt, stärker gegen Sozialbetrug von Migranten vorgehen zu wollen. Es gebe „ausbeuterische Strukturen, die Menschen aus anderen europäischen Ländern nach Deutschland locken und ihnen Mini-Arbeitsverträge anbieten. Gleichzeitig lassen sie diese Menschen Bürgergeld beantragen und schöpfen die staatlichen Mittel dann selbst ab. Das sind mafiöse Strukturen, die wir zerschlagen müssen“, machte die SPD-Politikerin deutlich.

Bas bekräftigte, „im Herbst weitere konkrete Vorschläge vorlegen“ zu wollen. Ein zentraler Punkt sei „ein besserer Datenaustausch zwischen Bund, Ländern und Kommunen – etwa zwischen Ausländerbehörden, Jobcentern und Sicherheitsbehörden, insbesondere dem Zoll“. Die Bundesagentur für Arbeit plane dafür ein eigenes „Kompetenzzentrum Leistungsmissbrauch“.

Linke-Politikerin kritisiert Vorstoß scharf

Cansin Köktürk, sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag kritisiert den Unions-Vorstoß scharf. Linnemann mache „Stimmung gegen die 2,7 Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürger, die in Deutschland leben und arbeiten. Sie leisten einen essenziellen Beitrag zum Funktionieren unserer Gesellschaft“, erklärte Köktürk am Montag. Wenn sie, genauso wie Deutsche, trotz Arbeit aufstocken müssten, sei das ein Armutszeugnis für einen Arbeitsmarkt, der viele Menschen mit Niedriglöhnen ausbeute.

„Statt EU-Bürgerinnen und -Bürger zu beschuldigen, Sozialhilfebetrug zu begehen, sollte Linnemann lieber hinterfragen, warum Arbeit in Deutschland nicht existenzsichernd ist. Das wahre Problem ist der Niedriglohnsektor, den CDU-geführte Regierungen gefördert haben. Wir brauchen sichere Arbeit, armutsfeste Löhne und soziale Absicherung für alle – unabhängig von ihrer Herkunft“, erklärte Köktürk weiter.

Illegale Beschäftigung und Ukrainer im Visier

Hoffmann forderte zudem, auch bei Geflüchteten aus der Ukraine stärker auf Missbrauch zu achten. Helfen werde dabei der sogenannte Rechtskreiswechsel. Er sieht vor, dass ab dem 1. April 2025 eingetroffene Ukrainer nicht wie bisher Bürgergeld bekommen, sondern Leistungen gemäß dem Asylgesetz. Da die Regelung noch nicht verabschiedet wurde, schließt der CSU-Landesgruppenchef auch nicht aus, Ukrainer rückwirkend zur Kasse zu bitten. „Die Frage der Rückzahlung oder Teilrückzahlung muss uns in jedem Fall beschäftigen.“

Wie bereits der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hält auch Linnemann ein strengeres Vorgehen gegen illegale Beschäftigung für nötig. „Schwarzarbeit ist zu einem der größten Einfallstore beim Missbrauch von Sozialleistungen geworden“, sagte er. Linnemann schlug vor: „Wer als Arbeitgeber Personen illegal beschäftigt, muss wie ein selbstschuldnerischer Bürge behandelt werden. Heißt, er haftet in vollem Umfang auch für Leistungen, die der illegal Beschäftigte zu Unrecht erhalten hat. Oder einfacher: Wer betrügt, muss zahlen.“ (dpa/mig) Aktuell Leitartikel

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