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DHL-Paketbote (Archiv) © de.depositphotos.com

Geschafft

Ohne Einwanderer geht bei DHL kaum noch etwas

Hasan Sulaiman floh aus Syrien, fand in Weimar ein Zuhause und bei DHL in Nohra einen Job. Warum das Paketzentrum ohne Zuwanderer längst einpacken müsste – und was das mit Bürokratie zu tun hat.

Von Donnerstag, 11.09.2025, 11:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 11.09.2025, 11:34 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Hasan Sulaiman weiß nicht, was die Flüchtlingskrise ist. Jeder sollte in Deutschland willkommen sein, findet er – „wenn man auch arbeitet direkt.“ Damit ist er von den Aussagen mancher migrationspolitischer Hardliner nicht weit entfernt. Doch er weiß auch, wie schwer es als Asylsuchender ist, in Arbeit zu kommen. Seit 2018 arbeitet Hasan im DHL-Paketzentrum in Nohra bei Erfurt. Unzählige Sendungen rasen über die vollautomatischen Rollbänder in der riesigen Halle. „Wir sind ein Team, alle freundlich“, sagt er über seinen Job.

Als Hasan Sulaiman im Dezember 2014 nach Thüringen kam, stand Deutschland seine sogenannte Flüchtlingskrise noch bevor. Und während sich Politiker und Gesellschaft zunehmend darüber zerstritten, ob die damalige Kanzlerin Angela Merkel mit ihrem Schicksalssatz „Wir schaffen das“ Recht behalten sollte, bangte der 47-Jährige um das Schicksal seiner Familie, die 2015 auf dem Weg nach Deutschland war. Für den Syrer aus Qamischli unmittelbar an der Grenze zur Türkei war ein Bleiben in dem kriegsgebeutelten Land ausgeschlossen. „Die Armee hat mir gesagt, Du musst kommen“, erinnert er sich. In dem Bürgerkrieg hätte das bedeutet, für die Truppen des Diktators Assad auf Freunde und Bekannte schießen zu müssen.

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DHL: Bürokratischer Aufwand für Beschäftigung Geflüchteter riesig

Das alles ist jetzt rund zehn Jahre her. Weimar ist zur Heimat geworden für ihn, seine Frau und seine drei Kinder. Rund 21.600 seiner Landsleute lebten laut Statistischem Landesamt zum Ende vergangenen Jahres in Thüringen. Die Anzahl von Menschen mit nicht deutscher Staatsangehörigkeit hat sich seit 2015 in Thüringen auf rund 174.600 mehr als verdoppelt. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung schätzt die Erwerbstätigenquote unter Geflüchteten acht Jahre nach deren Zuzug auf 68 Prozent.

Als Personalverantwortlicher im DHL-Paketzentrum Nohra kennt Steven Schley alle bürokratischen Hürden, die es für die Einstellung Asylsuchender zu überwinden gilt. Der bürokratische Aufwand sei nach wie vor riesig. Aufenthaltstitel müssen regelmäßig verlängert werden. Und selbst wohlwollende Arbeitszeugnisse, gelungene Integration und die Aussicht auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis könnten eine Abschiebung mitunter nicht verhindern. Auch das habe er lernen müssen. Was in der Politik als Problem diskutiert wird, nennt Steven Schley einen Glücksfall: Das DHL-Paketzentrum Nohra mit seinen 400 Mitarbeitenden hätte ohne seine internationale Belegschaft ein akutes Personalproblem, ist sich der 35-Jährige sicher.

Ohne internationale Belegschaft ginge nichts mehr

Rund 40 Prozent des Personals habe Migrationshintergrund. Menschen aus 30 Nationen arbeiten hier. Vom einfachen Helfer bis zur Teamleitung in Personalverantwortung – viele seien schon etliche Jahre dabei, hätten mittlerweile einen deutschen Pass. „Wir könnten die Schranke zulassen, wenn wir die Menschen nicht hätten, die für uns jeden Tag die Arbeit erledigen“, so Schley. Wer anfangs noch nicht ausreichend Deutsch spreche, kommuniziere mit Händen und Füßen. Gleichsprachige Kollegen helfen sich gegenseitig beim Lernen von Handwerk und Sprache, so Schley.

Und was für DHL in Nohra gelte, gelte auch für den Konzern insgesamt, so Pressesprecher Thomas Kutsch: Mehr als 30.000 Geflüchtete habe DHL seit 2015 in den ersten Arbeitsmarkt integriert – die meisten von ihnen aus Syrien, Afghanistan und zuletzt aus der Ukraine. So könnten „Sozialsysteme entlastet und die Effekte des demografischen Wandels gedämpft werden“, sagt Personalvorstand Thomas Ogilvie nicht ganz ohne Stolz.

Für Hasan Sulaiman ist der Weg zurück undenkbar. Es sei in Syrien nichts mehr übrig von seinem einstigen Leben. In Weimar sei er Teil einer Gemeinschaft, sagt er. Auch seine Brüder sind mittlerweile in Deutschland. Einer von ihnen arbeitet bei DHL, der andere ist Busfahrer. (dpa/mig) Leitartikel Panorama

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