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Geflüchtete Frauen und Kinder in Islamabad/Pakistan (Archiv) © Aamir Qureshi/AFP

Strapazen und Angst

Ausreise mit Hindernissen: Eine Afghanin berichtet

Die Bundesregierung versprach mehr als 2.000 schutzbedürftigen Afghanen die Aufnahme. Doch das Programm ist gestoppt, nur knapp 50 Personen durften bisher einreisen. Eine von ihnen ist Zakia Shams Shukori. Sie erzählt ihren Weg nach Deutschland.

Von Mittwoch, 10.09.2025, 11:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 10.09.2025, 11:24 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Strapazen und die Angst, die sie in den vergangenen Monaten durchlebt hat, sind Zakia Shams Shukori äußerlich nicht anzumerken. Zum Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst in einem Besprechungsraum des Grenzdurchgangslagers Friedland kommt die 40-jährige Afghanin gut gelaunt, sie trägt Schmuck und eine modische Brille und hat etwas Lippenstift aufgelegt.

Zakia Shams Shukori, ihr Vater, ihr Mann und ihr Sohn gehören zu den insgesamt 47 Schutzbedürftigen aus Afghanistan, die am 1. September nach langem Warten und Bangen in Pakistan endlich nach Deutschland einreisen durften. Ihre erste Station, bevor sie auf die einzelnen Bundesländer verteilt werden, ist für zwei Wochen das Lager Friedland.

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In Kabul aufgewachsen, engagierte sich Shams Shukori als junge Erwachsene in der Kulturszene der afghanischen Hauptstadt und für Frauenrechte. Zum Islam, erzählt sie, habe sie bereits damals „kritische Fragen“ gestellt, auch in der Öffentlichkeit. Was schon der – formell demokratisch gewählten – Vorgängerregierung der Taliban nicht passte – und erst recht nicht der radikal-islamistischen Miliz, die 2021 die Macht in dem asiatischen Land übernahm.

2.000 Menschen sitzen in Pakistan fest

„Ich wurde massiv bedroht und ich hatte Angst, nur weil ich mein Recht aus Meinungsfreiheit ausgeübt habe“, sagt Zakia Shams Shukori. Sie selbst gehöre keiner Glaubensgemeinschaft an: „Die Menschen zu lieben, ist meine Religion. Ich möchte, dass alle Menschen frei sind.“

Erste Kontakte für eine Ausreise in die Bundesrepublik knüpfte die Familie über die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Die betreibt auch im Afghanistan der Taliban Büros in Kabul. Und soll von Verfolgung bedrohte Afghaninnen und Afghaninnen dabei unterstützen, gemeinsam mit ihren Angehörigen legal nach Deutschland auszureisen. Im Prinzip jedenfalls, denn die schwarz-rote Bundesregierung hat das Aufnahmeprogramm weitgehend gestoppt. Mehr als 2.000 Menschen sitzen trotz Aufnahmeversprechen Deutschlands in Pakistan fest. Vielen droht die Abschiebung zurück nach Afghanistan.

Hin- und Her bei der Deutschen Botschaft

Shams Shukori hatte Glück. Sie bekam eine Aufnahmezusage und im November 2023 eine erste E-Mail. Sie solle ihre Dokumente zur Prüfung nach Deutschland schicken und sich auf eine Ausreise nach Pakistan vorbereiten. Diese erfolgte im Mai 2024. In Islamabad, der Hauptstadt des Nachbarlandes, bekam die vierköpfige Familie eine Zwei-Zimmer-Wohnung zugewiesen, wie sie erzählt, – und Shams Shukori den Termin für ein „Interview“ genanntes Überprüfungsgespräch bei der Deutschen Botschaft.

Vier Stunden wartete Shams Shukori nach eigenen Angaben auf einen Gesprächspartner der Botschaft, dann wurde das Interview kurzfristig abgesagt. Erst Wochen später, am 19. September 2024 – die 40-Jährige war zwischenzeitlich schwer erkrankt und in ärztlicher Behandlung – kam der Termin zustande.

„Warten, warten, warten“

Weil sich die Botschaft, anders als zugesagt, nicht wieder meldete und gleichzeitig eine Ausweisung aus Pakistan drohte, sah sich die Familie nach rechtlichem Beistand um, berichtet Shams Shukori. Mitarbeiter der GIZ vermittelten den Kontakt zu einer deutschen Anwaltskanzlei, die – wie auch mit ähnlichen Fällen betraute Anwälte und Jura-Dozenten – mit einer Klage vor dem Berliner Verwaltungsgericht Erfolg hatte.

Die Bundesrepublik sei durch „bestandskräftige, nicht widerrufene Aufnahmezusagen rechtlich gebunden“, den Klägern Visa für Deutschland auszustellen, heißt es in einem der Urteile. „Wir haben unsere Visa am 20. April bekommen“, berichtet Shams Shukori. „Doch dann hieß es wieder warten, warten, warten.“ Bis zum Abflug der Linienmaschine aus Islamabad dauerte es noch einmal fast viereinhalb Monate.

Deutschland soll Versprechen halten

Shams Shukori, die in Afghanistan als Architektin gearbeitet hat, möchte nun so schnell wie möglich in ihren gelernten Beruf zurückkehren. „Und noch ganz viele andere Dinge machen“, wie sie sagt: „Gitarre spielen lernen, Fahrradfahren lernen und vor allem richtig gut Deutsch sprechen lernen.“ Sie hat bereits mehrere Deutschkurse in Pakistan besucht, im Gespräch mit Unterstützung einer Dolmetscherin wechselt sie von Deutsch zu Dari, einer in Afghanistan üblichen Variante des Persischen.

Dass Deutschland ihr und ihrer Familie nun ein Leben in Freiheit ermöglicht – dafür ist Zakia Shams Shukori sehr dankbar. Zugleich wünscht sie sich, „dass die deutsche Regierung ihr Versprechen hält“ und auch den anderen in Pakistan festsitzenden Afghaninnen und Afghanen Visa erteilt und ihnen die Einreise in die Bundesrepublik erlaubt. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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