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Lars Klingbeil (SPD) und Friedrich Merz (CDU) (vlnr) - Beratungen im Bundeskabinett © Odd Andersen/AFP

EU-Asylreform

Schwarz-Rot bringt massive Verschärfungen in der Flüchtlingspolitik auf den Weg

Die Bundesregierung macht sich an die Umsetzung der EU-Asylreform. Innenminister Dobrindt sieht in seinem Gesetz aber auch Regelungen darüber hinaus vor, unter anderem für „Sekundärmigrationszentren“, die bei Organisationen auf Kritik stoßen.

Mittwoch, 03.09.2025, 16:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 03.09.2025, 16:25 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Bundesregierung hat die Umsetzung der EU-Asylreform in deutsches Recht auf den Weg gebracht. Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch bei seiner Sitzung in Berlin einen entsprechenden Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU). Deutschland gehe damit in der Migrationspolitik weiter voran, erklärte Dobrindt. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) sieht vor, dass über Asylanträge von Menschen mit geringer Bleibeperspektive künftig bereits an der EU-Außengrenze entschieden wird. In Deutschland muss das im Wesentlichen für Verfahren an Flughäfen umgesetzt werden.

Zusätzlich will Dobrindt mit dem Gesetzentwurf die Voraussetzungen dafür schaffen, dass mehr Flüchtlinge, für die ein anderer EU-Staat zuständig ist, in gesonderten Einrichtungen untergebracht werden. Damit wird das Ziel verfolgt, die Asylbewerber schneller in diese Staaten zurückzuführen. In Brandenburg und Hamburg gibt es bereits sogenannte Dublin-Zentren, das Innenministerium sprach am Mittwoch von „Sekundärmigrationszentren“.

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Asylreform geht über EU-Vorgaben hinaus

Auch die anderen Bundesländer können auf der Grundlage der Regelung dann künftig ähnliche Einrichtungen einführen. Sie sind keine Vorgabe der EU-Asylreform, haben auf die Asylzahlen in Deutschland aber voraussichtlich deutlich mehr Auswirkung. Die allermeisten Flüchtlinge kommen über eine der EU-Binnengrenzen in die Bundesrepublik, über eine deutsche EU-Außengrenze dagegen verhältnismäßig wenige Menschen. Rücküberstellungen in andere EU-Staaten finden bislang nur in verhältnismäßig geringer Zahl statt.

Die EU-Mitgliedstaaten müssen die GEAS-Reform bis Mitte 2026 umsetzen. Dobrindt strebt an, dass Teile der deutschen Umsetzung bereits früher in Kraft treten, um in Form von Politprojekten Erfahrungen zu sammeln. Die EU-Asylreform, die auch vorsieht, dass Schutzsuchende künftig fairer auf die Mitgliedstaaten verteilt werden, wird aufgrund der vorgesehenen Grenzverfahren von

Scharfe Kritik von Kinderrechtsorganisationen

Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen kritisch gesehen. Beispielsweise müssen auch Minderjährige in den Grenzverfahren festgehalten werden, es sei denn, sie kommen ohne Begleitung Erwachsener an der EU-Außengrenze an. Das Gleiche gilt nach Dobrindts Plänen auch für die Einrichtungen für Dublin-Fälle.

Kinderrechtsorganisationen übten vor diesem Hintergrund deutliche Kritik an den Plänen. „Kinder gehören nicht in Haft oder Aufnahmeeinrichtungen ohne ausreichende Freiräume“, sagte der Vorstandssprecher von Terre des Hommes, Joshua Hofert. Die geplanten Regelungen gefährdeten das Kindeswohl, erklärte die Organisation „Save the Children“. Demgegenüber erklärte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Natalie Pawlik (SPD), sie habe sich in den regierungsinternen Verhandlungen dafür starkgemacht, dass die Rechte von besonders schutzbedürftigen Geflüchteten wie Familien, Kindern und unbegleiteten Minderjährigen gewahrt würden.

Linke kündigt Protest an: im Parlament und auf der Straße

Pro Asyl bezeichnete die Gesetzespläne als „harte Umsetzung“ der GEAS-Reform und kritisierte vor allem die Pläne für Aufnahmeeinrichtungen für Dublin-Fälle. Praktisch gehe es „um zumindest zum Teil geschlossene Zentren, in denen sich eine Vielzahl der in Deutschland ankommenden Schutzsuchenden aufhalten müssten“, sagte Wiebke Judith von der Flüchtlingsrechtsorganisation. Kritik kam auch von den Linken. Man werde gegen die Pläne protestieren, „sowohl im Parlament als auch auf der Straße“, kündigte die Bundestagsabgeordnete Clara Bünger an.

Der Gesetzentwurf von Dobrindt enthält weitere über die GEAS-Umsetzung hinaus Änderungen im deutschen Asylrecht. Dazu zählt die Ausweitung der Möglichkeiten für Einschränkungen bei Sozialleistungen und auf der anderen Seite ein Abbau der Hürden für den Zugang von Asylbewerbern zum Arbeitsmarkt. Ihnen muss Ministeriumsangaben zufolge künftig sechs Monate nach Asylantragstellung die Annahme einer Stelle ermöglicht werden, auch wenn der Asylantrag noch nicht entschieden ist, die Schuld dafür aber nicht bei ihnen liegt. Der Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge soll grundsätzlich schon nach drei Monaten erlaubt werden. (epd/mig) Leitartikel Politik

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