
Nein zur Städte-Initiative
Auswärtiges Amt eiskalt: Keine Aufnahme verletzter Kinder aus Gaza
Eine Städte-Initiative möchte verletzte Kinder aus Gaza und Israel nach Deutschland holen – ein humanitäres Zeichen. Dafür braucht es Bundeskontingente. Das Auswärtige Amt lehnt eiskalt ab und wittert Wahlkampf hinter der Aktion. OB Onay und Jüdischer Verbandschef weisen das zurück.
Donnerstag, 07.08.2025, 14:43 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 07.08.2025, 14:44 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Die Situation im Gazastreifen ist katastrophal. Die Menschen leiden unter Krieg und der mangelhaften Versorgung. Zehntausende sind bereits gestorben, noch mehr wurden verletzt – darunter viele Kinder. Um das Leid der Kleinsten zu lindern, hat die Stadt Hannover eine Initiative gestartet: Aufnahme hilfsbedürftiger Kinder aus Gaza. Der Aktion haben sich inzwischen weitere Städte angeschlossen, nach Düsseldorf auch Leipzig, Kiel und Bonn.
In einem gemeinsamen Appell forderten die beteiligten Oberbürgermeister das Bundesinnenministerium und das Auswärtige Amt auf, die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen für die humanitäre Initiative zu schaffen. In dem Papier heißt es, den Kommunen sei es ein Anliegen, Leid zu lindern und ein Zeichen der Hilfsbereitschaft zu setzen. Die dramatische Lage in Gaza und Israel beschäftige nicht nur die internationale Öffentlichkeit, sie sei auch ein Thema, das Städte und Gemeinden in Deutschland tief bewege.
Güler erteilt Initiative Absage
In der fortdauernden humanitären Katastrophe seien besonders Kinder von Verletzungen, Traumatisierung, dem Verlust von Angehörigen und mangelhafter Versorgung betroffen. Die Kommunen seien bereit, Kindern Schutz zu bieten. Allerdings brauche es ein geordnetes Verfahren auf Bundesebene, das diese humanitäre Hilfe ermögliche, heißt es in dem Schreiben weiter. Konkret riefen die Oberbürgermeister die Bundesregierung auf, kurzfristig ein humanitäres Kontingent zur Aufnahme besonders schutzbedürftiger Kinder aus Gaza und Israel zu schaffen.
Statt Hilfe, erteilte das Auswärtige Amt dem Begehren der Städte allerdings eine Absage. „Diese Idee ist nett für den Wahlkampf oder um damit punkten zu wollen, den Menschen selbst hilft sie aber nicht“, sagte Staatsministerin Serap Güler (CDU) dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Viel wichtiger und hilfreicher sei es, Länder in der Region zur Aufnahme zu motivieren. Hier sei Deutschland bereits aktiv.
Oberbürgermeister weist Kritik zurück
Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) wies Gülers Kritik zurück: Die Initiative werde über Parteigrenzen hinweg von einem breiten Netzwerk getragen, sagte Onay am Mittwoch. Zudem habe Deutschland in der Vergangenheit auch verletzte Menschen aus der Ukraine oder misshandelte Jesiden aus dem Irak aufgenommen: „Das ist ein geübtes Verfahren. Man muss es nur wollen.“
Onay betonte, Niedersachsen sei weit von Wahlen entfernt. Güler habe offenbar die Situation in Köln vor Augen, wo sie CDU-Vorsitzende ist. „Das Humanitäre steht im Mittelpunkt.“ Es gehe um medizinische Hilfe für Menschen, die sonst keine Hilfe hätten, weil die medizinische Infrastruktur zerstört sei. Der Oberbürgermeister appellierte erneut an die Bundesregierung, alles zu tun, um eine Aufnahme von Kindern möglich zu machen.
Jüdischer Verbandschef kritisiert Außenministerium
Auch der Michael Fürst aus Hannover, Präsident des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, hat mit Unverständnis auf die Kritik des Auswärtigen Amtes reagiert. Offensichtlich wolle das Auswärtige Amt diesen Kindern nicht helfen, sagte Fürst am Donnerstag. „Dann sollen sie es auch deutlich so sagen.“ Fürst bekräftigte hingegen: „Wir wollen etwas machen.“ Nichts zu tun, sei keine Option. Fürst hatte die Initiative gemeinsam mit dem Vorsitzenden der palästinensischen Gemeinde in Hannover, Yazid Shammout, angeregt.
Fürst sagte, die Aktion der Städte habe mit Wahlkampf nichts zu tun, denn die Oberbürgermeister gehörten verschiedenen Parteien an, und Wahlen seien in den meisten Städten weit weg. „Es geht nicht darum, bei Wahlen zu punkten. Punkten wollen wir höchstens bei den Menschen, denen wir helfen wollen.“ Der Verbandschef äußerte sich empört über die Kritik aus Berlin. Für jedes einzelne notleidende Kind sei diese Hilfe sehr wertvoll.
Bei den Kindern aus Israel geht es laut Fürst um Drusen und Beduinen. Es handele sich um arabische Israelis, die unter den Attacken der islamistischen Hisbollah-Miliz auf den Norden Israels sowie unter dem Angriff der terroristischen Hamas-Miliz am 7. Oktober 2023 im Süden Israels gelitten hätten.
Onay: Es gibt Anfragen weiterer Städt
Es gebe bereits Anfragen von weiteren Städten, die sich der Initiative anschließen wollen, sagte Onay. Hannover wolle zunächst 20 Kinder aufnehmen, es könnten aber auch mehr werden, wenn die Kapazitäten dafür zur Verfügung stünden. „Wir bereiten uns intensiv vor, so dass wir sofort handlungsfähig sind.“
Der Oberbürgermeister regte eine Kooperation mit Großbritannien an, wo eine vergleichbare Initiative bereits läuft. Die Bundesregierung könne die Hilfsorganisationen im Gaza-Streifen bitten, besonders hilfsbedürftige Kinder ausfindig zu machen, und diese dann nach Deutschland bringen. Natürlich sei es richtig, großflächig vor Ort zu helfen. „Aber das eine schließt das andere nicht aus.“ (epd/mig) Aktuell Politik
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