
Geduldsprobe Einbürgerungstest
„Leider keine Termine verfügbar“
Die Nachfrage nach Einbürgerungstests ist seit 2023 stark gestiegen. Die Berliner Volkshochschulen haben das Angebot zwar ausgebaut – doch viele Termine sind sofort weg.
Von Anja Sokolow Montag, 21.07.2025, 10:55 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 18.07.2025, 15:26 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Wer in Berlin die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen will, braucht in vielen Fällen einen bestandenen Einbürgerungstest – doch einen Termin dafür zu bekommen ist schwierig. „Leider sind aktuell keine Termine für Ihre Auswahl verfügbar“ – so lautet die Ansage auf dem Berliner Service-Portal häufig.
Die Berliner Volkshochschulen verzeichnen seit Inkrafttreten des Chancen-Aufenthaltsrechts 2023 und des neuen Staatsangehörigkeitsgesetzes 2024 einen sprunghaften Anstieg der Nachfrage. 2023 wurde das Prüfungsangebot auf rund 15.900 Tests verdoppelt.
„Für 2024 wird mit etwa 16.000 Prüfungen gerechnet. Die Kapazitäten wurden inzwischen auf bis zu 19.000 Tests jährlich erhöht“, teilte Bettina Waffner vom Servicezentrum der Berliner Volkshochschulen mit. Gesicherte Daten für 2024 liegen noch nicht vor – die genannte Zahl basiert auf einer Schätzung.
Planung bleibt schwierig
Um die Terminvergabe transparenter zu gestalten, wurde ein zentrales berlinweites Online-Anmeldesystem eingeführt – ähnlich dem der Bürgerämter. „Wöchentlich werden etwa 100 Termine freigeschaltet. Diese sind drei Monate verfügbar. Werden Termine online abgesagt, stehen diese sofort wieder zur Verfügung“, so Waffner. Auf diese Weise werde versucht, die Wartezeiten möglichst gering zu halten.
Das Servicezentrum rät davon ab, sich auf bestimmte Wunschstandorte zu konzentrieren. „Die Nachfrage ist berlinweit hoch – wer flexibel ist, hat bessere Chancen“, so Waffner.
Die Volkshochschulen stehen vor der Herausforderung, kurzfristig auf gesetzliche Änderungen reagieren zu müssen. „Die langfristige Planbarkeit ist schwierig – sowohl personell als auch räumlich“, erklärt Waffner. Dennoch arbeite man kontinuierlich daran, das Angebot weiter zu verbessern.
Viele melden sich unnötig an
Ein weiteres Problem: Viele Antragsteller melden sich zum Test an, obwohl sie ihn gar nicht benötigen – etwa weil sie bereits einen Integrationskurs erfolgreich abgeschlossen oder eine Berufsausbildung in Deutschland absolviert haben.
Eine individuelle Beratung vor der Anmeldung gibt es derzeit nicht. Daher empfiehlt das Servicezentrum den „Quick Check“ auf der Website des Landesamts für Einwanderung (LEA), um den tatsächlichen Bedarf zu prüfen.
Kein zusätzlicher Bedarf laut Bamf
Das Landesamt für Einbürgerungen ist zuständig für Einbürgerungen in Berlin. Es könne keinen Einfluss darauf nehmen, in welchen Größenordnungen Terminkapazitäten für Einbürgerungstests bereitgestellt werden, erklärte Referent Marcus Jähnke. Ihm zufolge zeigen die Einbürgerungszahlen von fast 22.000 des vergangenen Jahres sowie die für dieses Jahr angestrebte Steigerung auf 40.000, dass die geforderten Kenntnisse über das Leben in Deutschland für die meisten Antragsteller in aller Regel keine große Hürde darstellen.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sieht keine Terminknappheit: Dadurch, dass auf der Webseite Termine schnell ausgebucht seien, könnte laut einer Sprecherin der falsche Eindruck entstehen, dass über einen längeren Zeitraum keine Termine angeboten würden. „Aktuell wird seitens der für die Prüfstellen zuständigen Berliner Senatsverwaltung jedoch kein zusätzlicher Bedarf an weiteren Prüfstellen für den Einbürgerungstest gesehen“, erklärte sie.
Abstimmung zwischen Landesamt und VHS geplant
Der LEA-Sprecher kündigte aber unterdessen an, eine Lösung anregen zu wollen. „Allerdings werden wir uns kurzfristig mit den Volkshochschulen abstimmen, damit die pragmatische Verfahrenspraxis des LEA sich auch in der von den Volkshochschulen redaktionell verantworteten Dienstleistung Einbürgerungstest wiederfindet“, kündigte Jähnke an.
In Berlin hat das LEA Anfang 2024 die Aufgabe der Einbürgerungen von den Bezirken übernommen und das Verfahren digitalisiert. Seitdem sind die Zahlen deutlich gestiegen – wie von der Innenverwaltung und vom Senat insgesamt gewünscht. Laut Innenverwaltung besteht beim digitalen Verfahren eine sehr hohe Fälschungssicherheit.
Alternativen zum Einbürgerungstest
Ausländer müssen für die Einbürgerung nachweisen, dass sie über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügen. Das ist mit einem Einbürgerungstest möglich. Es gibt jedoch Ausnahmen, etwa wenn jemand einen Integrationskurs erfolgreich abgeschlossen oder eine schulische oder berufliche Ausbildung in Deutschland absolviert hat.
Der Test nach dem Integrationskurs heißt „Leben in Deutschland“. Wenn dort mindestens 17 Fragen richtig beantwortet wurden, wird dieser laut Bamf-Sprecherin als bestandener Einbürgerungstest anerkannt. Demnach besteht inhaltlich bei den beiden Tests kein Unterschied. „Die jeweiligen 33 Fragen für die Tests werden aus dem Gesamtfragenkatalog mit 300 bundesweiten und 160 bundeslandspezifischen Fragen ausgewählt“, so die Sprecherin.
Laut Bamf sind in Berlin derzeit zwölf Prüfstellen zugelassen, an denen der Test „Leben in Deutschland“ absolviert werden kann. Dabei handelt es sich ebenfalls ausschließlich um Volkshochschulen. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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