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Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) im Bundestag

Einbürgerung & Familiennachzug

Dobrindt bringt Integrations- und Flüchtlingsgesetze ins Kabinett

Auf die Sofortmaßnahmen an den Grenzen folgen nun die ersten Gesetze: Innenminister Dobrindt drückt bei der Umsetzung der Migrationsvorhaben aus dem Koalitionsvertrag aufs Tempo. Er will die beschleunigte Einbürgerung abschaffen und den Familiennachzug aussetzen. Es hagelt Kritik.

Montag, 26.05.2025, 16:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 26.05.2025, 19:03 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Drei Wochen nach dem Start der schwarz-roten Regierung legt Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) dem Kabinett am Mittwoch die ersten Gesetzentwürfe zur Begrenzung der Migration nach Deutschland und zur Einbürgerung vor. Damit soll der Familiennachzug für Flüchtlinge ohne Asylstatus ausgesetzt und die beschleunigte Einbürgerung schon nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland abgeschafft werden. Auf beide Änderungen hatten sich Union und SPD in ihren Koalitionsverhandlungen verständigt.

Die Aussetzung des Familiennachzugs betrifft Menschen, die zwar kein Asyl und keinen Flüchtlingsschutz in Deutschland bekommen, aber trotzdem hier bleiben dürfen, weil ihnen in ihren Heimatländern beispielsweise politische Verfolgung, Folter oder die Todesstrafe droht. Sie sollen zwei Jahre lang keine Familienangehörigen mehr nach Deutschland holen dürfen. Härtefälle sind ausgenommen.

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Dobrindt zum Familiennachzug: „Damit ist jetzt Schluss“

„Bisher konnten 1.000 Personen pro Monat nach Deutschland nachgezogen werden. Damit ist jetzt Schluss“, sagte Dobrindt dem Boulevardblatt „Bild“. „Wir müssen die Pull-Faktoren (Sog-Faktoren) nach Deutschland deutlich reduzieren. Auch damit zeigen wir, die Migrationspolitik in Deutschland hat sich geändert.“

Anders als anerkannte Flüchtlinge haben Menschen mit subsidiärem Schutz schon jetzt in Deutschland keinen Rechtsanspruch auf das Nachholen ihrer Familie. Dieses Recht wurde 2016 ausgesetzt. 2018 wurde allerdings das Kontingent von 1.000 Personen pro Monat eingeführt. Von den rund 12.000 im vergangenen Jahr erteilten Visa entfielen nach Angaben des Auswärtigen Amts etwa 7.300 auf den Nachzug von Kindern.

30 NGOs gegen Aussetzung des Familiennachzugs

Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP von 2021 sah zwar eigentlich vor, dass der Familiennachzug auch für Menschen aus dieser Gruppe wieder unbegrenzt möglich werden soll. Umgesetzt wurde dieses Vorhaben aber nicht.

Mehr als 30 Nichtregierungsorganisationen wenden sich gegen die geplante Aussetzung des Familiennachzugs. Die Aussetzung hätte einen hohen menschlichen Preis und brächte kaum Entlastung für die hauptsächlich betroffenen Kommunen, argumentieren sie. Erst Mitte Mai hatten sich zahlreiche Verbände mit einem Appell an die Bundesregierung gewandt: Familiennachzug sei „eine planbare, integrationsfördernde und rechtssichere Möglichkeit, um Schutzsuchende aus Kriegs- und Krisengebieten aufzunehmen“, hieß es in dem Aufruf. Statt den Familiennachzug noch weiter einzuschränken als bereits geschehen, sollte die neue Bundesregierung ihn effizienter gestalten.

Opposition kritisiert „migrationspolitische Eiszeit“

Auch der Paritätische Gesamtverband protestiert gegen das Vorhaben. Vor dem Hintergrund der bereits deutlich gesunkenen Asylantragszahlen in Deutschland sei „dieser massive Eingriff in die Grund- und Menschenrechte nicht zu rechtfertigen“, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Stellungnahme. Sichere Zugangswege wie der Familiennachzug seien zudem „die einzigen Einreisemöglichkeiten für Schutzsuchende, insbesondere für Frauen und Kinder, bei denen sie sich nicht auf lebensgefährliche Wege begeben müssen“.

Scharfe Kritik kam auch von den Grünen. „Die neue Bundesregierung setzt auf Symbolpolitik auf Kosten der Schwächsten und schreckt dabei auch vor klarem Rechtsbruch nicht zurück“, sagte die Grünen-Innenpolitikerin Schahina Gambir der dpa. Die Aussetzung des Familiennachzugs stelle einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und die UN-Kinderrechtskonvention dar. „Diese Politik ist unmoralisch, sie treibt einen Keil in den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“

Clara Bünger, Innen- und Rechtspolitikerin der Linksfraktion im Bundestag, findet ebenfalls deutliche Worte: „Was von Merz-Regierung als Migrationswende verkauft wird, ist nicht weniger als die Abkehr von Humanität und Menschenrechten“, erklärt Bünger und spricht von einer „migrationspolitischen Eiszeit“. Der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten sei jetzt schon ein unerträglicher Hürdenlauf, der Familien voneinander trennt. „Die Verfahren dauern Jahre, die Zahl der Nachzüge ist beschränkt“, kritisiert die Linkspolitikerin weiter.

Union spricht von „Turbo-Einbürgerungen“

Ein weiterer Gesetzentwurf, der am Mittwoch beschlossen werden soll, sieht die Abschaffung der von der Ampel-Regierung eingeführten beschleunigten Einbürgerung nach drei Jahren für besonders gut integrierte Zuwanderer vor. Die Union spricht von „Turbo-Einbürgerungen“, die künftig nicht mehr möglich sein sollen.

Ziel sei es, „die Bedeutung des im Inland rechtmäßig zurückgelegten Aufenthaltes als zentrale und wesentliche Einbürgerungsvoraussetzung zu stärken“, heißt es in dem Referentenentwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt und über den zuerst die „Zeit“ berichtete. Er wurde bereits den Ländern zugeleitet, die bis Montag Zeit zur Stellungnahme haben. Ziel Dobrindts ist es, das Gesetz noch vor Beginn der Sommerpause am 11. Juli durch Bundestag und Bundesrat zu bringen.

Dröge: Einbürgerungs-Bremse „komplett unsinnig“

Damit wird ein Punkt aus der von SPD, Grünen und FDP verabschiedeten Reform des Staatsangehörigkeitsrechts rückgängig gemacht. An der Reduzierung der Wartefrist für normale Einbürgerungen von acht auf fünf Jahre und an der Erlaubnis für den Doppelpass, die von der Ampel ebenfalls beschlossen worden war, wollen CDU, CSU und SPD laut Koalitionsvertrag aber festhalten.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge hat die geplante Abschaffung der beschleunigten Einbürgerung nach drei Jahren als „komplett unsinnig“ kritisiert. „Es geht um Menschen, die alle Voraussetzungen für den Erhalt der Staatsangehörigkeit erfüllen, die sich besonders schnell integrieren, die gut Deutsch sprechen und hier arbeiten“, sagte Dröge der Deutschen Presse-Agentur. Deren Einbürgerung zu erschweren, sei „ein Signal des Misstrauens“, das unvernünftig sei und Deutschland schade.

Unter dieser „rückwärtsgewandten Politik“ der schwarz-roten Regierung von Kanzler Friedrich Merz (CDU) würden vor allem Tausende kleine, mittlere und große Unternehmen in Deutschland leiden, weil gut integrierte und hoch qualifizierte Arbeitskräfte abgeschreckt würden. „Wir sind auf Einwanderung in den Arbeitsmarkt angewiesen“, sagte Dröge.

Kritik auch vom Verband binationaler Familien

Deutliche Kritik erntet das Dobrindts Vorhaben auch vom Verband binationaler Familien und Partnerschaften. Die „Turboeinbürgerung“ sei eingeführt worden, um hochqualifizierte Fachkräfte dazu zu motivieren, dauerhaft in Deutschland zu bleiben. Eine schnellere Einbürgerung gebe diesen Menschen eine Perspektive, die sie für ihre Planungssicherheit brauchen. Die Abschaffung würde bedeuten, dass die Integrationsanstrengungen in unserem Land nicht wertgeschätzt sind. „Das wäre ein falsches Signal an genau die Zielgruppen, die das Land dringend braucht“, erklärte der Verband am Montag in Frankfurt am Main.

Dobrindt hatte kurz nach dem Regierungswechsel mit verschärften Grenzkontrollen und Zurückweisungen von Asylbewerbern an den Grenzen erste Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Für die Union zählen die Maßnahmen zur Einschränkung des Zuzugs nach Deutschland zu den zentralen Vorhaben der neuen Regierung. (dpa/mig) Aktuell Politik

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