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PKK-Angriff auf eine ATIB-Einrichtung (Archivfoto) © ATIB

Hoffnung in der Türkei

PKK gibt Auflösung bekannt

Zehntausende Menschen sind dem Konflikt zwischen der Türkei und der PKK zum Opfer gefallen. Nun gibt sie ihre Auflösung bekannt. Das lässt Beobachter hoffen – und könnte auch Auswirkungen auf Deutschland haben.

Montag, 12.05.2025, 13:41 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 12.05.2025, 13:41 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Nach einem jahrzehntelangen blutigen Konflikt mit dem türkischen Staat hat die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK ihre Auflösung angekündigt. Es sei beschlossen worden, die organisatorische Struktur der PKK aufzulösen und die Methode des bewaffneten Kampfes zu beenden, schrieb die PKK-nahe Nachrichtenagentur ANF. Dieser Prozess solle vom Gründer der Organisation geleitet werden, dem auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali inhaftierten Abdullah Öcalan.

Die Partei von Präsident Recep Tayyip Erdoğan (AKP) reagierte vorsichtig optimistisch auf die Entscheidung: „Wenn der neue PKK-Beschluss vollständig umgesetzt wird und alle PKK-Unterorganisationen und illegalen Strukturen geschlossen werden, wird dies ein Wendepunkt sein“, sagte Parteisprecher Ömer Celik laut der Nachrichtenagentur Anadolu.

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Die PKK war 1978 von Öcalan in der Türkei gegründet worden. Seit den 1980er Jahren kämpft sie mit Waffengewalt und terroristischen Anschlägen für einen kurdischen Staat oder ein Autonomiegebiet im Südosten der Türkei. Inzwischen ist die PKK von der Forderung eines unabhängigen Staates abgerückt. Die PKK wird in der Türkei, in der EU und in den USA als Terrororganisation eingestuft.

Reaktion auf Aufruf Öcalans

Die PKK reagiert mit dem Schritt nun auf einen Aufruf Öcalans, der seit 1999 in der Türkei inhaftiert ist. Im Februar hatte er die Organisation aufgefordert, die Waffen niederzulegen und sich aufzulösen.

Zentrale Fragen sind nun, wie dieser Prozess ablaufen wird, wer die Entwaffnung beaufsichtigen und was mit den Kämpfern der Organisation geschehen wird. Medienberichten zufolge fordert die Vereinigung etwa rechtliche Garantien, um den Prozess abzusichern. Die PKK hatte ihre Auflösung zuvor daran geknüpft, dass Öcalan „in die Lage versetzt werde, unter freien Bedingungen zu leben und zu arbeiten“. Dazu ist bisher aber nichts bekannt. Auch Erdoğan hatte eine Freilassung strikt abgelehnt. Bei türkischen Wählern dürfte eine Freilassung Öcalans, der verantwortlich gemacht wird für zehntausende Tote und viel Leid, sauer aufstoßen.

Regionale Auswirkungen der Auflösung

Ein Ende der PKK dürfte Auswirkungen über die Türkei hinaus haben: In Deutschland beispielsweise werden gegen Organisationen, die er PKK zugehören oder ihr nahestehen, immer wieder Razzien durchgeführt. Allein im Jahr 2023 wurden vier PKK-Mitglieder vor deutschen Gerichten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Dem Bundesverfassungsschutzbericht zufolge sammelte die PKK bei ihrer „Jahresspendenkampagne“ 2023 allein in Deutschland geschätzt mehr als 16 Millionen Euro. Das Bundesgebiet ist die für die seit 1993 verbotene PKK zugleich ein Rückzugs- und Rekrutierungsort für den bewaffneten Kampf. Insbesondere ab den 80ern sind viele PKK-Anhänger aus der Türkei nach Deutschland geflüchtet.

Ihr Hauptquartier hat die PKK aber in den irakischen Kandilbergen und ist auch in Syrien und in anderen europäischen Ländern präsent. Ob alle Gruppierungen innerhalb der PKK der Entscheidung folgen werden, ist noch ungewiss.

Die Türkei hatte in der Vergangenheit etwa gefordert, dass eine Auflösung auch die syrische Kurdenmiliz YPG umfassen müsse. Ankara sieht diese als einen Ableger der PKK. Die YPG hatte sich kürzlich aber mit der neuen syrischen Regierung darauf geeinigt, sich vollständig in die Streitkräfte des Landes integrieren zu lassen – ein Schritt, der Ankaras bisherige Forderung obsolet machen könnte.

Hoffnung auf eine Lösung des Kurdenkonflikts?

Die Aussicht auf eine Auflösung der PKK hatte bei vielen die Hoffnung auf eine Lösung des Kurdenkonflikts, mehr Rechte für Kurden in der Türkei und vor allem ein Ende der Kämpfe geschürt. Laut der Denkfabrik International Crisis Group sind im Kontext des Konflikts im Laufe der Jahrzehnte bisher etwa 40.000 Menschen getötet worden.

Zuletzt war 2013 eine Waffenruhe ausgerufen worden, der Friedensprozess scheiterte dann aber im Sommer 2015. Das türkische Militär geht regelmäßig gegen die PKK in der Türkei, im Irak und in Syrien vor.

Der Aufruf Öcalans geht auf eine Initiative des ultranationalistischen Regierungspartners von Erdoğan, der Partei MHP, zurück. Ihr Chef Devlet Bahçeli, bisher eigentlich ausgesprochener Gegner einer Aussöhnung mit der PKK, hatte im Oktober eine Freilassung Öcalans ins Spiel gebracht, sollte die PKK ihre Waffen niederlegen und sich auflösen.

Spielt auch Erdoğans Bemühen um dritte Amtszeit eine Rolle?

Experten sehen dafür mehrere Gründe. Zum einen sei die PKK im Irak durch die türkischen Angriffe geschwächt. Auch in der kurdischen Bevölkerung wachse die Forderung nach einem Ende der Kämpfe. Zudem sei mit dem Gaza-Krieg, der Schwächung des Irans und des Umsturzes in Syrien in der Region ein Machtvakuum entstanden – sowohl Kurden als auch die Türkei wollten das gestalten.

Eine nicht unwesentliche Rolle dürfte zudem Erdoğans angestrebte Verfassungsänderung spielen, um erneut als Präsident kandidieren zu können. Dafür braucht er etwa die Stimmen der prokurdischen Partei. (dpa/mig) Aktuell Panorama

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