
Warnung vor der AfD
Aktivisten stellen Walter-Lübcke-Statue vor CDU-Zentrale auf
Vor sechs Jahren tötete ein Rechtsextremist den CDU-Politiker Walter Lübcke. Aktivisten haben nun eine Lübcke-Statue vor die CDU-Parteizentrale in Berlin gestellt – als Mahnung vor einer Zusammenarbeit mit der AfD. Die Reaktionen sind teils heftig.
Dienstag, 02.12.2025, 16:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 02.12.2025, 16:26 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Eine lebensgroße Statue des ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke steht seit Dienstag vor dem Konrad-Adenauer-Haus in Berlin – aufgestellt von politischen Aktivisten. Das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) will die CDU damit vor allem an ihre Verantwortung erinnern, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten. „Es gibt keine Machtoption für die AfD ohne die CDU“, heißt es auf der Webseite des Projekts. „Die Brandmauer der CDU muss stabiler werden – mit dem Andenken an Walter Lübcke“, teilte die Satire- und Politikinitiative mit.
Die CDU dürfe „diejenigen, die sich dem Rechtsextremismus in den Weg gestellt haben, nicht vergessen“. Deshalb habe man die Erinnerung „an den letzten Helden der CDU in Bronze gegossen“ und vor die CDU-Bundeszentrale gestellt. Das Zentrum für Politische Schönheit spricht vom „Walter-Lübcke-Memorial Park“.
Der CDU-Politiker Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni 2019 auf seiner Terrasse im nordhessischen Wolfhagen-Istha von dem Rechtsextremisten Stephan E. ermordet worden – aus dessen Ablehnung von Lübckes liberaler Haltung zur Flüchtlingspolitik. Der Täter verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe. Er soll die AfD etwa im Wahlkampf unterstützt haben. Die Familie Lübckes wollte sich auf Anfrage nicht zu der Aktion an der CDU-Parteizentrale äußern.
CDU beklagt Instrumentalisierung Lübckes durch Aktivisten
Die CDU betonte Lübckes Rolle als „aufrechten Christdemokraten“ und „Kämpfer für seine Überzeugungen“, kritisierte die Aktion vor der Parteizentrale jedoch. Man verwehre sich „gegen die unaufrichtige Instrumentalisierung von Walter Lübcke durch linke Aktivisten wie das Zentrum für politische Schönheit“, sagte eine Sprecherin. Der Kampf gegen den politischen Extremismus und die Feinde unserer Demokratie sei eine Aufgabe aller Demokraten in unserem Land. „Wer diesen Kampf aufrichtig mit uns führen will, darf sich nicht gegen die politische Mitte wenden.“
Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) kritisierte den Vorgang: „Die Aktion des Zentrums für Politische Schönheit ist in ihrer Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten“, teilte er auf X mit.
„Wer das Andenken Walter Lübckes derart schamlos für seine politische Agenda missbraucht, zeigt vor allem eines: Respektlosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber einem Menschen, der für unsere Demokratie eingestanden ist und dafür mit seinem Leben bezahlen musste.“
Lübcke in eine solche künstlerische Provokation hineinzuziehen, sei schlicht unanständig, so Wegner. „Diese Aktion ist widerlich und verschärft das gesellschaftliche Klima in unserem Land.“
Gedenken an Lübcke soll ausgeweitet werden
Die Aktivisten kündigten zudem an, in einem zweiten Schritt eine anliegende Straße in „Walter-Lübcke-Straße“ umbenennen zu wollen. Diese werde zum Mahnmal für den Schulterschluss von „Konservativen und Faschisten“. Allerdings entscheiden in Berlin die Bezirksämter über die Umbenennung einer Straße – die Aktivisten könnten wohl höchstens symbolisch handeln.
Das Zentrum für politische Schönheit hat in der jüngeren Vergangenheit mit einigen politischen Aktionen für Aufsehen gesorgt. Im Sommer störte es etwa mit einer Demonstration ein ARD-Interview mit der AfD-Vorsitzenden Weidel im Berliner Regierungsviertel. Vor einigen Jahren hat die Gruppe eine Stahlsäule auf dem Gelände der früheren Krolloper gegenüber dem Reichstagsgebäude aufgestellt. In der Krolloper hatten die Reichstagsabgeordneten im März 1933 für das Ermächtigungsgesetz gestimmt, eine wichtige Grundlage für die Diktatur der Nationalsozialisten.
Aktivisten betonen Bedeutung der Brandmauer
Immer wieder nehmen die Initiatoren bei dem Projekt Bezug zur Brandmauer. Wer diese Brandmauer „zu einer rechtsextremen Partei“ einreiße, verrate nicht nur Lübcke, sondern die Demokratie, heißt es unter anderem auf einer Info-Tafel an der Statue. Demokratien würden nicht gestürzt, sondern verraten. „Nur durch den Schulterschluss zwischen Konservativen und Nazis konnte der Rechtsextremismus in Deutschland die Macht an sich reißen. So war es damals. So kommt es wieder.“
Der Begriff Brandmauer steht für eine klare politische Abgrenzung zur AfD. Das Zentrum für Politische Schönheit beklagt Stimmen in der CDU, die eine Zusammenarbeit mit der Partei für denkbar halten. Zudem beobachte man in vielen Städten in Brandenburg und Sachsen schon jetzt eine offene Zusammenarbeit. Die Initiatoren der Statue warnten vor einer „schleichenden Normalisierung der Extremisten“. „Wer Lübcke kennt, baut Brandmauern. Wer Lübcke ehrt, hält stand“, schließt der Text auf der Info-Tafel.
Aktion für zwei Jahre genehmigt
Die Statue kann seit Dienstag besichtigt werden. Das Bezirksamt Berlin-Mitte erteilte dem Projekt nach eigenen Angaben als Kunst im öffentlichen Raum eine Genehmigung für zwei Jahre. Zu den Kosten für die Statue äußerte sich die Sprecherin des Zentrums für Politische Schönheit recht unkonkret. Die Kosten bewegten „sich im Bereich eines Regierungsfluges des Bundeskanzlers“, sagte sie. (dpa/mig) Aktuell Politik
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