
Sachsen-Anhalt
Kampagne für mehr Migranten in Kitas offenbart Schattenseite des Systems
Die Chancen auf einen Kita-Platz sind wegen der geringen Geburtenzahlen so gut wie lange nicht. Eine Kampagne will diese Chance nutzen und mehr Kinder mit Einwanderungsgeschichte in Kitas bringen. Unfreiwillig zeigt die Kampagne, was im Land schiefläuft.
Mittwoch, 19.11.2025, 14:44 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 19.11.2025, 14:44 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Mehr Kinder aus Familien mit Einwanderungsgeschichte sollen früh eine Kita besuchen – das ist das Ziel einer neuen Kampagne des Landesnetzwerks Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt. „Mit der Kampagne möchten wir Eltern auf Augenhöhe über die Bedeutung früher Bildung informieren. Gleichzeitig unterstützen wir Kita-Träger dabei, gezielte Angebote für Familien mit Einwanderungsgeschichte zu entwickeln“, so der Geschäftsführer des Netzwerkes, Mamad Mohamad. Inzwischen seien Kita-Plätze wegen der geringen Geburtszahlen im Land unbesetzt, während früher Wartelisten geführt worden seien.
Laut Statistischem Landesamt hätten im Jahr 2024 von allen rund 152.100 Kindern in Kindertagesbetreuung 14,9 Prozent mindestens ein Elternteil mit ausländischer Herkunft gehabt. Dennoch fänden eingewanderte Familien oft erst vergleichsweise spät oder keinen Zugang zum Kita-System. Ein früher Kita-Besuch sorge für bessere Bildungschancen, Sprachförderung und ein soziales Miteinander von Anfang an.
Ungleiche Chancen, intransparente Vergaben
Dass nun freie Plätze verfügbar sind, wird von vielen als Gelegenheit gesehen, Barrieren abzubauen. Gleichzeitig verdeutlicht die Kampagne ein strukturelles Problem, das Migrantenorganisationen und Fachleute seit Jahren kritisieren: Kinder aus Familien mit Einwanderungsgeschichte haben in vielen Kommunen deutlich schlechtere Chancen, frühzeitig einen Kita-Platz zu erhalten. Obwohl Plätze frei sind, gelangen sie oft erst zum Zug, wenn Kinder ohne Migrationserfahrung versorgt wurden.
Eine Berliner Studie offenbarte kürzlich, wie verbreitet unklare Vergabepraxen sind. Häufig sind es informelle Absprachen, uneinheitliche Kriterien oder intransparente Wartelisten, die darüber entscheiden, ob ein Kind aufgenommen wird oder nicht. Manche Eltern erfahren erst spät, dass ihr Kind auf keiner verbindlichen Liste stand oder dass andere Kinder bevorzugt wurden – ohne nachvollziehbare Begründung. Gerade Familien, die erst kurz in Deutschland leben, haben Schwierigkeiten, diese Abläufe zu durchschauen oder ihr Recht auf Gleichbehandlung einzufordern.
Zugangshürden für Familien mit Migrationserfahrung
Fachleute berichten, dass einige Kita-Träger bevorzugt Familien aufnehmen, die als „unkompliziert“ gelten – ein Begriff, hinter dem sich immer wieder auch stereotype Vorstellungen über Herkunft und Sprache verbergen. Für eingewanderte Familien bedeutet dies oft längere Wartezeiten und zusätzliche Hürden.
Sozial-Staatssekretärin Susi Möbbeck erklärte: „Unser Ziel ist, allen Kindern unabhängig von ihrer Herkunft von Anfang an beste Bildungs- und Entwicklungschancen zu bieten.“ Durch das gemeinsame Lernen werde das Bewusstsein geschaffen, dass gesellschaftliche Vielfalt eine Stärke sei. „Und wir erhöhen die Zahl der betreuten Kinder.“ (dpa/mig) Aktuell Panorama
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Asyl-Leistungen Thüringen setzt Geflüchtete auf Null – auch Kinder
- Brisante Vorwürfe Afghanen erzwingen Visa vor Gericht – Bamf zieht…
- Rückkehr-Debatte Exil-Syrer fordern mehr Mitsprache
- Islamophobie im Klassenzimmer Erinnerungen einer muslimischen Schülerin
- Geld nehmen und sterben? Die Verzweiflung eines Afghanen
- 441 statt 563 Euro Künftig Asylbewerber-Leistungen statt Bürgergeld für…