
Reform der Reform
Union, SPD und AfD beschließen Aus für Turbo-Einbürgerung
Der Bundestag hat die Möglichkeit zur beschleunigten Einbürgerung nach drei Jahren wieder abgeschafft. Künftig ist eine Einbürgerung frühestens nach fünf Jahren möglich. Kritik kommt aus mehreren Richtungen.
Donnerstag, 09.10.2025, 10:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 09.10.2025, 10:33 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Eine Einbürgerung in Deutschland ist künftig nach frühestens fünf Jahren möglich. Der Bundestag beschloss am Mittwochabend mit den Stimmen der Union, SPD und AfD die Abschaffung der Möglichkeit, bei besonderen Integrationsleistungen schon nach drei Jahren den deutschen Pass bekommen zu können – die sogenannte Turbo-Einbürgerung.
Über die Gesetzesreform wurde namentlich abgestimmt. 450 Abgeordnete votierten dafür, 134 dagegen und zwei enthielten sich. Damit macht die schwarz-rote Koalition einen Teil der Ende Juni 2024 in Kraft getretenen Einbürgerungsreform wieder rückgängig. Die damalige Mehrheit von SPD, Grünen und FDP hatte die Wartezeit bis zur Einbürgerung von früher acht auf fünf Jahre, die für eine Einbürgerung bei besonderen Integrationsleistungen von sechs auf drei Jahre gesenkt.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) begründete die Abschaffung damit, dass der „deutsche Pass als Anerkennung für gelungene Integration“ zur Verfügung stehen müsse und nicht als „Anreiz für illegale Migration“. Das Gesetz der Ampel-Regierung sei der „grundfalsche Ansatz“ gewesen. Dieser habe das Land verunsichert, Polarisierung gebracht und nicht geholfen bei der Fachkräfteeinwanderung, betonte Dobrindt. Belege legte Dobrindt für seine Behauptungen keine vor.
Grüne und Linke kritisieren
Die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat hingegen kritisierte die Entscheidung als „falsch und kurzsichtig“. Wer die hohen Einbürgerungsvoraussetzungen früher erfülle und sich darüber hinaus in der Gesellschaft engagiere, müsse auch die Chance erhalten, sich früher einbürgern zu lassen. Der Linke-Abgeordnete Ferat Koçak warf den Koalitionsfraktionen vor, mit ihrer Migrationspolitik den „Hass der AfD salonfähig“ zu machen. Er forderte, dass alle, die fünf Jahre in Deutschland leben, auch ohne deutschen Pass wählen dürfen.
Auch die Diakonie Deutschland kritisierte die Abschaffung der beschleunigten Einbürgerung. Bundesvorständin Elke Ronneberger warnte vor negativen Folgen der Entscheidung für den Arbeitsmarkt: „Deutschland braucht Fachkräfte – aber wer sieht, dass Integration hier eher gebremst als belohnt wird, sucht sich ein anderes Land.“ Für Menschen, die bereits einen Einbürgerungsantrag gestellt haben, forderte die Diakonie eine Übergangsregelung. Es dürfe nicht sein, dass Menschen, die alle Voraussetzungen erfüllt hätten, am Ende an der Bürokratie scheiterten.
Höchststand bei Einbürgerungen
Der Wirtschaftsweise Martin Werding kritisierte ebenfalls die Abschaffung der Regelung. Er sagte am Mittwoch im rbb24 Inforadio, dass solche Einbürgerungsmöglichkeiten zu einer guten Zuwanderungspolitik dazu gehörten – vor allem in alternden Gesellschaften.
2024 hatte die Zahl der Einbürgerungen in Deutschland einen Höchststand erreicht. Rund 292.000 Menschen erwarben nach Angaben des Statistischen Bundesamts den deutschen Pass. Voraussetzung für eine Einbürgerung sind gute Deutschkenntnisse und die Sicherung des Lebensunterhalts. Wer Sozialleistungen bezieht, kann nicht eingebürgert werden.
Doppelpass bleibt
Einbürgerungen nach kürzerer Aufenthaltsdauer in Deutschland machten in der Vergangenheit nur einen kleinen Teil aus. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts erfolgten 2024 sieben Prozent der Einbürgerungen nach dieser Regelung, die nun gestrichen wird.
An den anderen Teilen der Einbürgerungsreform der Ampel, wie der allgemein kürzeren Frist, will die neue Bundesregierung aber festhalten. Auch an der neuen Regelung, nach der Ausländer bei einer Einbürgerung in Deutschland ihre andere Staatsbürgerschaft nicht mehr aufgeben müssen, ändert sich nichts. (epd/mig) Aktuell Politik
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