
Herkunft im Fokus
Bayern verpflichtet Polizei zur Nennung von Nationalitäten
In Bayern sollen Polizeimeldungen künftig immer auch die Nationalität von Tatverdächtigen nennen – ein Schritt, der alte Debatten neu entfacht. Kritiker warnen vor Diskriminierung, das Innenministerium spricht von Transparenz.
Mittwoch, 08.10.2025, 14:41 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.10.2025, 14:41 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Bayerns Polizei soll die Nationalität von Verdächtigen in ihrer Pressearbeit künftig aktiv nennen. Das habe das Innenministerium von Joachim Herrmann (CSU) per Anweisung zum 1. Oktober angeordnet, bestätigte ein Sprecher des Ministeriums in München auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes. Hintergrund sei, dass in den vergangenen Jahren die Nationalität von Tatverdächtigen oder Beschuldigten zunehmend in den öffentlichen Fokus gerückt sei.
Künftig soll die Polizei bei der Abwägung stärker berücksichtigen, dass die Öffentlichkeit ein gewachsenes Interesse an diesen Angaben zeigt, heißt es. Man wolle damit „dem gesteigerten Informationsbedürfnis der Bevölkerung in angemessener Weise Rechnung tragen“. Eine Nennung der Nationalität bleibe jedoch weiterhin ausgeschlossen, wenn etwa ermittlungstaktische oder datenschutzrechtliche Gründe dagegensprächen – etwa um eine Identifizierung einzelner Personen zu verhindern.
Zur Begründung verwies das Ministerium auf die zunehmende gesellschaftliche Aufmerksamkeit für das Thema und auf Diskussionen in den sozialen Medien. Dort sei häufig der Vorwurf erhoben worden, Behörden würden die Herkunft von Tatverdächtigen absichtlich verschweigen. Mit der neuen Regelung solle eine „unbeeinflusste und sachliche Meinungsbildung“ gefördert werden, erklärte der Sprecher.
Journalistenverband kritisiert Vorstoß
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat Redaktionen dazu aufgerufen, die Herkunft von Tatverdächtigen weiterhin nur zu nennen, wenn „ein begründetes öffentliches Interesse“ daran besteht. „Was auch immer Bayerns Innenminister damit bezweckt, entbindet uns Journalistinnen und Journalisten nicht vom Pressekodex als medienethischem Kompass“, erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster. Er wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass Polizeiberichte nicht mehr als ein Hilfsmittel der journalistischen Recherche seien: „Copy and paste verbietet sich.“
Unabhängig von den Gepflogenheiten örtlicher Polizeibehörden gilt aus Sicht des DJV weiterhin der Pressekodex. Dieser legt für die journalistische Berichterstattung über Straftaten fest, dass in der Berichterstattung über Straftaten darauf zu achten sei, dass „die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täterinnen und Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt“.
Bayern kein Einzelfall
Bayern ist mit der neuen Anweisung kein Einzelfall: Auch andere Bundesländer wie Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern haben ähnliche Vorgaben bereits früher eingeführt. In Baden-Württemberg setzt sich Innenminister Thomas Strobl (CDU) seit geraumer Zeit dafür ein, das Thema bundesweit einheitlich zu regeln.
Der Pressekodex des Deutschen Presserats schreibt die Nennung der Nationalität nicht generell vor. In der Selbstverpflichtung von Medien heißt es, es sei darauf zu achten, dass die „Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt“ – andernfalls soll sie ungenannt bleiben. (epd/mig) Aktuell Panorama
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