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Polizeiliche Erfassung (Foto-Collage) © MiG

Hamburg

CDU fordert Erfassung aller Staatsangehörigkeiten von Verdächtigen

Hamburgs CDU fordert, bei Straftaten alle Staatsangehörigkeiten von Verdächtigen und Opfern zu erfassen. Die Debatte darüber reicht bis nach Nordrhein-Westfalen und berührt auch grundsätzliche Fragen von Statistik, Politik und dem Umgang mit Rechtspopulismus.

Donnerstag, 25.09.2025, 10:04 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 25.09.2025, 9:32 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Hamburgs CDU-Opposition möchte bei Straftaten nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens künftig alle Staatsangehörigkeiten von Tatverdächtigen und Opfern registriert sehen. „Wer Vertrauen in staatliches Handeln will, muss für echte Transparenz sorgen – auch in der Kriminalitätsstatistik“, sagte der CDU-Innenexperte Dennis Gladiator der Deutschen Presse-Agentur. Es sei nicht hinnehmbar, dass Tatverdächtige mit Mehrfachstaatsangehörigkeit weiter ausschließlich als Deutsche erfasst würden.

„Das verzerrt die Realität, erschwert die Arbeit von Polizei und Justiz und öffnet Tür und Tor für Fehlinterpretationen“, betonte Gladiator. Seine Fraktion habe daher für die heutige Bürgerschaftssitzung einen Antrag eingebracht, wonach Hamburg dem Vorbild Nordrhein-Westfalens folgen solle. Die Erfassung solle auch rückwirkend umgesetzt werden. Zudem solle die Hansestadt beim Bundeskriminalamt (BKA) für eine bundeseinheitliche Änderung der Richtlinien werben.

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Bislang wurden Tatverdächtige und Opfer, die neben der deutschen noch eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen, bundesweit ausschließlich als Deutsche erfasst. Nordrhein-Westfalen weise jedoch nach einem Erlass von Innenminister Herbert Reul (CDU) rückwirkend ab 1. Juli auch Mehrfachstaatsangehörigkeiten aus, erklärte die CDU. Und eine neue Auswertung der Kriminalstatistik für das Jahr 2023 habe bereits gezeigt, dass jeder sechste Tatverdächtige mit deutscher Staatsangehörigkeit über eine weitere Staatsangehörigkeit verfüge.

Debatte in NRW als Vorbild und Warnung

In Nordrhein-Westfalen hatte die Erfassung sämtlicher Staatsangehörigkeiten im August eine kontroverse Debatte ausgelöst. Grüne und Linke warfen Innenminister Herbert Reul (CDU) vor, mit seinem Erlass Populismus zu bedienen und Ressentiments gegen Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit zu schüren. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Julia Höller, sprach von Populismus und warnte vor einer Darstellung, die Menschen mit Doppelpass zu „Deutschen zweiter Klasse“ mache.

Auch die Linken-Abgeordnete Clara Bünger kritisierte, dass damit eine gefährliche Spaltung befördert werde. „Was nach nüchterner Datenerhebung klingt, ist nichts anderes als eine gefährliche Spaltung: Menschen werden in ‚richtige‘ und ‚andere‘ Deutsche einsortiert“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Clara Bünger.

Reul wies die Vorwürfe zurück und betonte, die zusätzliche Erfassung diene der Transparenz und erleichtere Ermittlungen. Diese Debatte könnte nun auch in Hamburg an Bedeutung gewinnen, sollte die CDU dort mit ihrem Vorstoß Erfolg haben.

Kein Zusammenhang zwischen Pass und Kriminalität

Einen Zusammenhang zwischen Staatsbürgerschaft und Kriminalität sieht die unabhängige Forschung nicht. Studien zeigen vielmehr, dass Faktoren wie Bildung, Einkommen und sozialer Status entscheidend für die Kriminalitätsbelastung sind. Vergleiche zwischen auffällig gewordenen Personen mit und ohne deutschen Pass zeigen, dass es keine nennenswerten Unterschiede in der Kriminalstatistik gibt, wenn sie aus ähnlichen sozialen Verhältnissen kommen. Fachleute warnen deshalb davor, Delikte im Kontext der Staatsbürgerschaft zu bewerten. Ein vermeintlicher Zusammenhang werde von rechtspopulistischen Parteien wie der AfD aufgegriffen und für den Stimmenfang instrumentalisiert.

Expertinnen und Experten werfen den etablierten Parteien vor, mit einer auf Abschreckung und Ausgrenzung setzenden Politik ungewollt den Aufstieg der AfD zu begünstigen und deren Argumentationsmuster zu stärken. Die AfD gewinnt Umfragen zufolge immer weiter an Zustimmung. (dpa/mig) Aktuell Politik

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