
Vielfaltsbarometer
Akzeptanz von Vielfalt nimmt in Deutschland stark ab
Vielfalt verliert Rückhalt: Immer weniger Menschen sehen gesellschaftliche Diversität als Bereicherung. Das neue Vielfaltsbarometer 2025 zeigt sinkende Akzeptanz – besonders gegenüber ethnischer und religiöser Vielfalt. Experten warnen vor wachsender Spaltung.
Dienstag, 16.09.2025, 12:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 16.09.2025, 12:35 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Debatten über Abschiebungen, Überlastung und Grenzschließungen gehen an der Gesellschaft offenbar nicht spurlos vorbei. Sie hinterlassen Verunsicherung und schüren Verlustängste – mit messbaren Folgen: Die Zustimmung zu gesellschaftlicher Vielfalt ist in Deutschland deutlich gesunken. Sahen 2019 noch 63 Prozent der Menschen im Land eine zunehmende Vielfalt als Bereicherung, sind es aktuell nur 45 Prozent, geht aus dem am Dienstag in Stuttgart und Berlin vorgestellten „Vielfaltsbarometer 2025“ der Robert-Bosch-Stiftung hervor. Online befragt wurden den Angaben zufolge rund 4.800 deutschsprachige Personen im Alter ab 16 Jahren.
Besonders stark ist danach die Ablehnung gegenüber ethnischer Vielfalt. Hier liegt Hamburg unverändert auf Platz eins, dicht gefolgt von Hessen. In Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern sind die Akzeptanzwerte am niedrigsten. Insgesamt sprechen die Studienautoren von einem Akzeptanzeinbruch und einer „besorgniserregenden“ Entwicklung. Ähnlich rückläufig sind die Werte in Bezug auf religiöse Vielfalt – betroffen sind insbesondere Muslime. Die niedrigsten Werte weist hier Brandenburg aus, Bremen den höchsten.
Antidiskriminierungsbeauftragte in Sorge
Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, zog in einer ersten Reaktion eine gemischte Bilanz. Das Vielfaltsbarometer 2025 zeige, dass viele Menschen in Deutschland Vielfalt wertschätzten – anders als oft behauptet, so Ataman: „Das ist die gute Nachricht.“ Die schlechte Nachricht sei, dass diese Zustimmung nicht gegenüber allen Gruppen gleich ausfalle. Sie sehe mit Sorge, „dass vor allem gegenüber Eingewanderten und queeren Menschen die Ablehnung wächst.“
Die Autoren der Studie sehen eine Ursache für die Entwicklung in den globalen Krisen der vergangenen Jahre. Diese hätten zu Verunsicherung und Überforderung geführt. „Verlustängste führen dazu, dass Abgrenzung als vermeintlicher Schutz empfunden wird“, sagte Ottilie Bälz von der Robert-Bosch-Stiftung.
Akzeptanz sinkt auch im Westen
Regional zeigten sich die Menschen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen am offensten. Die niedrigsten Werte wurden in Thüringen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern gemessen. Das frühere klare Gefälle zwischen West- und Ostdeutschland löst sich laut der Studie aber auf, da die Akzeptanz auch im Westen sinkt. Das „Vielfaltsbarometer“ ist eine repräsentative Befragung zum gesellschaftlichen Zusammenleben in Deutschland, die zuletzt 2019 durchgeführt wurde.
Die Studie stellt eine zunehmende Polarisierung fest. Die Gräben zwischen Befürwortern und Gegnern von Vielfalt hätten sich seit 2019 vertieft, erklärte Ferdinand Mirbach von der Stiftung. Er fügte hinzu, dass einige politische und mediale Akteure Unsicherheiten gezielt nutzten, um die Spaltung zu verstärken. Als Gegenmittel empfehlen die Autoren, mehr Räume für Begegnung und Dialog zu schaffen. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel
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