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NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) © Ina Fassbender/AFP

„Grundfalsch“

Reul-Vorstoß zur Kriminalstatistik: Skepsis in mehreren Bundesländern

Als erstes Bundesland erfasst Nordrhein-Westfalen Mehrfach-Staatsangehörigkeiten von Tatverdächtigen – und erntete dafür Kritik. Auch in anderen Bundesländern gibt es kritische Stimmen. Niedersachsens Innenministerin Behrens spricht von einem „grundfalschem“ Ansatz.

Dienstag, 02.09.2025, 14:45 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 02.09.2025, 14:45 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der Vorstoß des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul (CDU) zur Erfassung von Mehrfach-Staatsangehörigkeiten bei Tatverdächtigen in der polizeilichen Kriminalstatistik stößt in mehreren anderen Bundesländern auf Skepsis. „Ich sehe überhaupt nicht, worin hier der Erkenntnisgewinn oder der Mehrwert für die Polizeiarbeit liegen soll“, sagte die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD) der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. „Den Vorstoß meines Amtskollegen aus NRW habe ich mit Verwunderung zur Kenntnis genommen.“

Politisch sei die Richtung der Debatte „grundfalsch“, monierte Behrens. „Deutscher oder Deutsche ist, wer die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, da gibt es und da darf es keine Abstufungen geben. In Niedersachsen werden wir daher nichts an unserer bewährten Praxis ändern.“ Laut Ministerium spiele die Erfassung aller Staatsangehörigkeiten einer Person aus kriminalistischer Sicht nur eine untergeordnete Rolle. Mehrfachstaatsangehörigkeiten – ebenso wie die Staatsangehörigkeit an sich – seien nur von geringer Bedeutung.

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Bayern sieht interessanten Ansatz

Ein Sprecher der Hamburger Behörde für Inneres sagte der Zeitung, grundsätzlich vertrete die Polizei Hamburg die Auffassung, dass die Erfassung von Daten der polizeilichen Kriminalstatistik bundesweit einheitlich erfolgen sollte. Der Vorschlag werde „fachlich zu prüfen sein, um eine Mehrfachzählung zu vermeiden und eine bundesweite Vergleichbarkeit weiterhin zu gewährleisten“. Auch die Senatsverwaltung für Inneres im schwarz-rot regierten Berlin äußerte sich zurückhaltend. „In Berlin werden Detailauswertungen mit dem Fokus der Ermittlung der Ursachen von Kriminalität und der Aufklärung von Straftaten durchgeführt“, sagte ein Sprecher dem Blatt.

Das bayerische Innenministerium sprach hingegen von einem interessanten Ansatz. „Sobald erste Ergebnisse aus dem Vorgehen in Nordrhein-Westfalen vorliegen, werden wir uns diese genauer anschauen“, sagte eine Sprecherin der „Rheinischen Post“. Aus dem Bundesinnenministerium hieß es dem Bericht zufolge, das Vorgehen von NRW sei „nachvollziehbar und sinnvoll“. Ein entsprechendes Vorgehen auf Bundesebene sei aber unwahrscheinlich: „Hierfür bedarf es einer konsensualen Entscheidung im Kreis aller Länder und des Bundes, was in der Vergangenheit bei anderen Kriterien teilweise erhebliche Zeit in Anspruch genommen hat“, zitierte die Zeitung eine Sprecherin.

Grüne und Linke kritisieren

Bislang werden in den Statistiken bundesweit Straftäter, die neben einem deutschen Pass auch eine zweite Staatsangehörigkeit haben, als Deutsche geführt. In der NRW-Kriminalitätsstatistik werden nun nach einem Erlass des Innenministeriums rückwirkend ab dem 1. Juli alle Staatsangehörigkeiten von Verdächtigen und Opfern ausgewiesen. Das Bundesland geht damit einen Sonderweg. Innenminister Reul begründete seinen Vorstoß damit, dass mehr Transparenz geschaffen werde.

Grüne und Linke kritisierten, der Erlass schüre Populismus und Ressentiments gegen Menschen mit ausländischen Wurzeln. Er bringe „keinerlei Erkenntnisgewinn für die Arbeit der Polizei und zahlt ein aufs Konto der völkisch denkenden AfD“, erklärte die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Julia Höller, am Donnerstag. Menschen mit ausländischen Wurzeln würden zu „Deutschen zweiter Klasse“ gemacht. Am 14. September finden in Nordrhein-Westfalen Kommunalwahlen statt. (dpa/mig) Aktuell Politik

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