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Handschelle am Gitter (Symbolfoto) © de.depositphotos.com

Haftbefehl

Bekannte Rechtsextremistin kann untertauchen – Kritik an Behörden

Die Rechtsextremistin Marla Svenja Liebich hat ihre Gefängnisstrafe in der JVA Chemnitz nicht angetreten – und ist untergetaucht. Es gibt Kritik am Vorgehen der Behörden. Liebich ist seit Jahrzehnten in der rechtsextremen Szene bekannt.

Montag, 01.09.2025, 11:03 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 02.09.2025, 7:51 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Polizei und Staatsanwaltschaft fahnden weiter nach der verurteilten Rechtsextremistin Marla Svenja Liebich, die ihre Haft in der JVA Chemnitz nicht angetreten hat. Derzeit gebe es einen Vollstreckungshaftbefehl, der für das Bundesgebiet gelte, teilte die Staatsanwaltschaft Halle auf Anfrage mit. Auf der Plattform X wurde über einen Account unter Liebichs Namen unter anderem ein Beitrag verbreitet, in dem es heißt, Liebich halte sich in Russland auf. Laut Staatsanwaltschaft handelt es sich dabei um reine Spekulation. Genaue Angaben zu zur Fahndung könnten aus ermittlungstaktischen Gründen nicht gemacht werden.

Liebich war im Juli 2023 – damals noch als Sven Liebich – vom Amtsgericht Halle wegen Volksverhetzung, übler Nachrede und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Die Berufung dagegen scheiterte, ebenso wie später die Revision. Die Rechtsextremistin sollte ihre Haft nun im Frauengefängnis in Chemnitz antreten. Gegen den Rechtsextremisten wurden seit Jahren verschiedene Verfahren an unterschiedlichen Gerichten geführt.

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Staatsanwaltschaft: Haftantritt war „zweifelhaft“

Die Staatsanwaltschaft in Halle hat Hinweise darauf gehabt, dass die verurteilte Rechtsextremistin Marla Svenja Liebich die Haft nicht antritt. „Wir haben erkannt, dass es zweifelhaft ist, dass Liebich sich stellen wird“, sagte Oberstaatsanwalt Dennis Cernota der Deutschen Presse-Agentur. Deshalb seien schon vor Ende der Frist zum Haftantritt „operative Maßnahmen“ eingeleitet worden – jedoch ohne Erfolg. Cernota machte keine Angaben dazu, wie konkret vorgegangen wurde.

Der Fall Liebich hatte die Debatte über das neue Selbstbestimmungsgesetz zuletzt wieder angefacht. Mit dem im November 2024 in Kraft getretenen Gesetz, das das frühere Transsexuellengesetz ablöste, wurden Änderungen des Geschlechtseintrags und des Vornamens deutlich erleichtert.

Fall heizte Debatten um Selbstbestimmungsrecht neu an

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt warf Liebich einen Missbrauch der neuen Regelungen vor und forderte Änderungen am Gesetz. „Der Fall Liebich zeigt, wie simpel das Selbstbestimmungsgesetz missbraucht werden kann, um Öffentlichkeit, Justiz und Politik auf der Nase rumzutanzen“, sagte der CSU-Politiker der „Bild am Sonntag“. Eine Debatte sei nötig, „wie dem offensichtlichen Missbrauch des Geschlechterwechsels ein Riegel vorgeschoben werden kann“.

Auch die Autorin der „Harry Potter“-Bücher, J.K. Rowling, die als scharfe Kritikerin in der Debatte um Transgender-Rechte gilt, äußerte sich zuletzt auf der Plattform X zu Liebich.

Kritik am Vorgehen der Justiz

Der Fall wirft inzwischen auch in der Landespolitik von Sachsen-Anhalt Fragen auf. Die Landtagsabgeordnete Henriette Quade (fraktionslos), die Mitglied im Innenausschuss ist, kritisierte das Vorgehen der Justiz. „Diverse Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden beschäftigen sich seit Jahren mit Liebich und ließen sich dabei immer wieder auch an der Nase herumführen.“ Es sei schlicht nicht nachvollziehbar, wie all diese Behörden nicht hätten erkennen können, dass sich Liebich der Haft entziehen würde.

Liebich ist seit Jahrzehnten in der extremen Rechten in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus aktiv. 2002 wurde Liebich erstmals in einem Bericht des Verfassungsschutzes des Landes Sachsen-Anhalt namentlich geführt. „Das Justizministerium muss nun dem Landtag wie auch der Öffentlichkeit erklären, wie sich eine Person aus der Neonaziszene, die im Mittelpunkt einer öffentlichen Kontroverse steht, einfach so der Haft entziehen kann“, sagte die Landtagsabgeordnete Quade.

Mögliche Konsequenzen für die Haftzeit

Oberstaatsanwalt Dennis Cernota erklärte auf Anfrage, sollte Liebich gefunden werden, könne sie auf Grundlage des Haftbefehls von der Polizei festgenommen und in die JVA gebracht werden. Dass Liebich ihre Haft nicht pünktlich angetreten hat, führe in der Regel auch dazu, dass ihr das Absitzen der Freiheitsstrafe nicht erleichtert wird – etwa durch eine Unterbringung im offenen Vollzug. (dpa/mig) Aktuell Panorama

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