
Spiel auf Zeit?
Dobrindt: Prüfung von Visa für Afghanen wird Monate dauern
Spielt das Bundesinnenministerium beim Aufnahmeprogramm Afghanistan auf Zeit? Dem Menschenrechtsbeauftragten der Regierung dauern die Verfahren auf jeden Fall viel zu lang. Dobrindt weist Kritik zurück. Derweil verpflichten Gerichte die Bundesregierung zur Visa-Erteilung.
Sonntag, 24.08.2025, 13:17 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 24.08.2025, 13:17 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Lars Castellucci (SPD), hat das Innenministerium und das Auswärtiges Amt aufgefordert, die Aufnahme von gefährdeten Afghaninnen und Afghanen aus Pakistan schneller abzuwickeln. Die schwarz-rote Koalition habe sich auf eine geordnete und humanitäre Migrationspolitik geeinigt, schrieb er auf der Plattform X. „Dass die Prüfungen im Fall des Aufnahmeprogramms Afghanistan so lange dauern, erfüllt weder das eine noch das andere“, fügte er hinzu. Wer illegale Migration eindämmen wolle, müsse gleichzeitig legale Wege öffnen.
Wer über das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan eine rechtsverbindliche Zusage zur Einreise nach Deutschland bekommen habe, müsse sein Visum dann auch „zeitnah“ erhalten, forderte Castellucci. Denn vor dem Hintergrund von Abschiebungen aus Pakistan nach Afghanistan dränge die Zeit.
Dobrindt verteidigt Kurs bei Aufnahme von Afghanen
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte erklärt, es werde in jedem Einzelfall geprüft, ob eine rechtsverbindliche Verpflichtung zur Aufnahme bestehe. Und es werde eine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt.
Beim Tag der offenen Tür der Bundesregierung wies Dobrindt die Kritik zurück, beim Aufnahmeprogramm Afghanistan auf Zeit zu spielen. Der CSU-Politiker sagte, man könne nicht erwarten, dass er in wenigen Wochen löse, was offensichtlich über Monate und Jahre nicht stattgefunden habe. „Ich bin nicht bereit, auf reguläre Aufnahmeverfahren, ich bin nicht bereit, auf Sicherheitsüberprüfungen zu verzichten.“
Dobrindt: Prüfung wird „Monate dauern“.
Dobrindt sagte mit Blick auf die frühere Ampel-Regierung weiter: „Das ist etwas, was seit Jahren nicht abgearbeitet worden ist. Ich werde es abarbeiten, aber ich werde es nur so abarbeiten, dass wir auch maximale Sicherheit haben darüber, dass wir wissen, wer da kommt, warum er kommt und ob die Aufnahme berechtigt ist. Und wenn sie nicht berechtigt ist, dann werde ich diese Aufnahme auch nicht befürworten.“
Er habe Mitarbeiter gebeten, wieder vor Ort tätig zu werden und die Aufnahmeverfahren durchzuführen, inklusive der Sicherheitsüberprüfungen. „Ich mache es ordentlich und deswegen wird es auch dauern.“ Er gebe nicht die Perspektive, dass das in wenigen Wochen abgearbeitet sei. Dies werde Monate dauern. Wenn das Ergebnis von Sicherheitsprüfungen und Aufnahmeverfahren sei, dass es einen negativen Bescheid gebe, würden diese Menschen auch nicht nach Deutschland kommen. Dobrindt sprach mit Blick auf die Ampel von einem geerbten Problem.
Gerichte verpflichten Bundesregierung zur Visa-Erteilung
Es geht um Afghanen, die als gefährdet gelten, weil sie sich für demokratische Rechte eingesetzt oder einst als Ortskräfte für die Bundeswehr oder deutsche Organisationen gearbeitet haben, und die mit ihren Familienangehörigen eine Aufnahmezusage der alten Ampel-Regierung haben. Da die deutsche Botschaft in Kabul seit dem Fall Afghanistans an die Taliban 2021 geschlossen ist, durchlaufen sie in Pakistan das Prüfverfahren.
Diese Woche teilte die Bundesregierung mit, dass Pakistan von den etwa 2.000 rund 210 Menschen in ihr Herkunftsland abgeschoben hat. Laut einem Sprecher des Auswärtigen Amts haben die pakistanischen Behörden zuvor rund 450 Menschen aus dem Programm festgenommen. Die deutsche Botschaft in
abad und das Auswärtige Amt hätten erreicht, dass 245 von ihnen aus den Abschiebelagern wieder freigekommen seien, sagte er.
An deutschen Gerichten sind inzwischen mehrere Dutzend Verfahren von Afghaninnen und Afghanen aus dem Aufnahmeprogramm anhängig. Laut der Sprecherin des Verwaltungsgerichts Berlin haben in 22 Verfahren (Stand 20.8.) die Richter bislang die Bundesregierung zur Erteilung von Visa verpflichtet. (dpa/mig) Aktuell Politik
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