
Nicht fristgerecht gebaut
Gemeinde fordert Abriss fertiger Moschee
Seit Jahren gibt es in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart Streit um den Bau einer Moschee. Nach zahlreichen Prozessen hat der Gemeinderat nun entschieden: Die Moschee soll abgerissen werden – auf Kosten der Muslime. Begründung: Die Moschee sei nicht fristgerecht fertig gebaut worden.
Donnerstag, 31.07.2025, 16:27 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 31.07.2025, 16:27 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Im Streit um den Bau einer Moschee in Leinfelden-Echterdingen hat der Gemeinderat der Stadt entschieden, dass der muslimische Verein „Verband der Islamischen Kulturzentren“ (VIKZ) das fast fertig gebaute Gebäude wieder abreißen muss. Zuvor hatte die „Stuttgarter Zeitung“ berichtet.
Der Gemeinderat habe mit großer Mehrheit beschlossen, dass der Verein bis Ende des Jahres das Bauwerk auf dem Grundstück abreißen soll – und zwar auf eigene Kosten, sagte ein Sprecher der Stadtverwaltung. Zugleich entschied der Gemeinderat, dass die Stadt den Verein bei der Suche nach alternativen Räumen für die örtlichen Mitglieder unterstützen solle.
Der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) mit Sitz in Köln teilte mit, dass ein Abriss der betreffenden Moschee nicht in Betracht kommen dürfe. „Eine solche Forderung kann und wird unser Ortsverein nach eigenem Bekunden nicht umsetzen“, teilte ein Sprecher mit. Details nannte er nicht.
Moschee nicht fristgerecht fertig gebaut
Um das Moschee-Projekt im Landkreis Esslingen hatte es über Jahre auch Prozesse vor Gericht gegeben. Hintergrund ist ein Streit um das Grundstück. Die Stadt hatte dem Verein 2014 ein sogenanntes Erbbaurecht eingeräumt, das ihm den Bau einer Moschee auf einem städtischen Grundstück ermöglichte. Als der Verein die Moschee nicht fristgerecht binnen vier Jahren fertiggestellt hatte, forderte sie das Erbbaurecht wie vertraglich vereinbart zurück.
Warum die Stadt so viel Wert auf eine fristgerechte Fertigstellung legt, zumal die Moschee fast fertig gebaut ist, bleibt offen. Mitglieder der Moscheegemeinde vermuten andere Beweggründe. Der Moscheebau sei ohnehin von Anfang nur mit Zähneknirschen und gegen den Willen mancher Verantwortlichen der Stadt erlaubt worden. Die Frist diene nun offenbar als Vorwand, die Entscheidung wieder rückgängig zu machen. Wäre politischer Wille vorhanden, wäre die Frist sicher nicht derart problematisiert worden.
Moscheegemeinde droht Insolvenz
Beim Erbbaurecht verpachtet der Grundstückseigentümer das ihm gehörende Grundstück an den Bauherrn, den sogenannten Erbbauberechtigten. Dieser entrichtet für die Nutzung des Grundstücks den sogenannten Erbbauzins und darf im Gegenzug eine Immobilie auf dem Grund und Boden des Eigentümers errichten.
In einem der Prozesse hatte die Moscheegemeinde geltend gemacht, für den Bau rund 2,6 Millionen Euro investiert zu haben. Ihr drohe nun Insolvenz. Moscheen sind mangels Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts als eingetragene Vereine organisiert, wie etwa Fußball- oder Häkelvereine. Sie finanzieren sich – anders als Kirchen oder jüdische Einrichtungen – fast ausschließlich aus Spenden und Mitgliederbeiträgen. Seinen Sitz hat der Verein bislang am Rande der Stadt neben industriellen Gebäudekomplexen.
Prozesse bis zum Bundesgerichtshof
Im Januar 2024 bekam die Stadt vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe Recht. Der Verein hatte unter anderem erreichen wollen, dass die Klage der Stadt abgewiesen wird und ihm das Grundstück übereignet wird. Zuvor hatte auch das Oberlandesgericht Stuttgart im Sinne der Stadt geurteilt.
Nach dem Urteil des BGH hätten verschiedene Gespräche mit dem Verein stattgefunden, heißt es in der Vorlage der Stadtverwaltung für die Entscheidung des Gemeinderats. Ziel sei stets gewesen, den Verein zu unterstützen. „Deshalb sollte nach den Urteilen verloren gegangenes Vertrauen wieder aufgebaut und nach gemeinsamen Lösungen gesucht werden“, heißt es in der Vorlage. Das sei nicht gelungen, sodass man nun empfehle, einen Schlussstrich zu ziehen. (dpa/mig) Leitartikel Panorama
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