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Herkunft schlägt Leistung

Studie: „Ausländische“ Azubi-Bewerber bekommen viel weniger Antworten

Azubi-Bewerber mit ausländisch klingenden Namen erhalten selbst mit sehr guten Noten deutlich weniger Antworten als Bewerber mit deutsch klingenden Namen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Uni Siegen. Die Forscher warnen vor den Folgen.

Dienstag, 29.07.2025, 16:33 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 29.07.2025, 16:33 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Eine Studie der Uni Siegen weist die systematische Benachteiligung von Menschen mit Migrationsgeschichte auf dem Ausbildungsmarkt nach. Besonders von Nachteil sind der repräsentativen Untersuchung zufolge Menschen mit türkischen und arabischen Namen, wie die Uni am Dienstag mitteilte. Sie erhalten selbst mit sehr guten Noten weniger Antworten als Bewerber mit deutsch klingenden Namen.

In einem Feldexperiment hatten die Forschenden mehr als 50.000 Bewerbungen von fiktiven Personen an Betriebe verschickt, die Ausbildungsplätze ausgeschrieben hatten. Bei der Benachteiligung lässt sich laut Studie erstmals ein Ranking bei einem vermuteten Migrationshintergrund feststellen.

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Schlusslicht: Türkisch und arabisch klingende Namen

Bewerber mit deutsch klingenden Namen wie „Lukas Becker“ erhielten bei dem Feldversuch auf 100 Bewerbungen durchschnittlich 67 Antworten. Deutlich schlechter schnitten demnach Personen mit nicht-deutsch klingenden Namen ab: „Ivan Smirnov“ (russisch) erhielt 56 Antworten, „Ariel Rubinstein“ (hebräisch) 54, „Yusuf Kaya“ (türkisch) 52. Schlusslicht war „Habiba Mahmoud“ (arabisch) mit nur 36 Antworten. Ein genauer Blick zeigt zudem: Bewerberinnen mit arabisch klingendem Namen erhielten nochmal deutlich weniger Antworten.

Da alle Bewerber angaben, noch zur Schule zu gehen, „zeigt die Studie, wie schwierig es für bestimmte Personengruppen ist, überhaupt Zugang zum Ausbildungsmarkt zu erhalten“, heißt es in einer Erklärung der Universität. Die jeweiligen schulischen Leistungen der fiktiven Personen hatten demnach keinen signifikanten Effekt.

Diskriminierung nicht überall gleich stark

Die nachgewiesene Diskriminierung war nicht überall gleich stark. In kleinen Betrieben und auf dem Land war sie stärker als in großen Unternehmen und in Städten. Während in Industrie- und Handwerksbetrieben der Bewerbername einen starken Ausschlag gab, waren die Unterschiede in der öffentlichen Verwaltung gering – wobei hier Bewerber mit türkisch klingendem Namen Schlusslicht waren. Im Bundesschnitt lag die Zahl der Rückmeldungen für ausländische Namen um 15 Prozentpunkte unter der für deutsche.

Die Ergebnisse deuten allerdings nach Mitteilung der Forschenden nicht nur auf strukturelle Vorurteile in den Betrieben hin. Im Anschluss an das Experiment befragte Unternehmen hätten beispielsweise Sorgen vor behördlichem Mehraufwand bei ungeklärtem Aufenthaltsstatus oder ein kompliziertes Ausländerrecht als Gründe für die Absage genannt. Als Gründe für eine mögliche Benachteiligung nannten die Betriebe auch Befürchtungen vor vermuteten Sprachbarrieren, kultureller Distanz.

Experten warnen vor den Folgen

Die Ökonomin Dilara Wiemann vom Siegener Zentrum für Ökonomische Bildung erklärte, Betriebe ließen so Potenzial ungenutzt. Für die Benachteiligten sei es eine „Katastrophe, denn selbst deutlich bessere Schulnoten oder soziales Engagement ändern nichts daran, dass Herkunft Leistung schlägt“.

Die Befunde sind auch volkswirtschaftlich relevant. Während 2024 bundesweit 69.400 Ausbildungsplätze unbesetzt blieben, würden Anfragen von (sehr guten) qualifizierten Bewerbern mit ausländisch klingenden Namen systematisch ignoriert. Dies könne den bereits spürbaren Fachkräftemangel verschärfen. „Wir können es uns nicht leisten, Potenziale zu verschwenden“, warnt Professor Dr. Ekkehard Köhler. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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