
Keine Erkundungsreisen
Dobrindt arbeitet an Aufhebung des Schutzstatus von Syrern
Die frühere Bundesinnenministerin Faeser hatte Syrern in Deutschland Erkundungsreisen für eine mögliche Rückkehr in Aussicht gestellt. Für den neuen Innenminister Dobrindt ist das keine Option. Er lässt prüfen, ob ihr Schutzstatus aufgehoben werden kann. Die Kritik ist scharf.
Sonntag, 06.07.2025, 10:33 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 06.07.2025, 16:00 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Das Bundesinnenministerium hat damit begonnen, für bestimmte Geflüchtete aus Syrien die Aufhebung ihres Schutzstatus einzuleiten. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sei angewiesen worden, für Straftäter und Gefährder „die Widerrufstätigkeit aufzunehmen“, bestätigte ein Ministeriumssprecher am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. Zuvor hatte die „Welt am Sonntag“ darüber berichtet.
„Das Vorliegen schwerer Straftaten schließt eine Schutzerkennung durch das Bamf aus, beziehungsweise kann zu einer Aufhebung des erteilten Schutzes führen“, teilte der Sprecher des von Alexander Dobrindt (CSU) geleiteten Ministeriums weiter mit.
„Kontakt mit zuständigen syrischen Stellen“
Er verwies auch auf die Absprache im Koalitionsvertrag von Union und SPD, Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan vorzunehmen, „beginnend mit Straftätern und Gefährdern“. Zuständig für die Umsetzung seien die Länder, der Bund werde sie dabei aber unterstützen. Dazu stehe das Bundesinnenministerium auch „in Kontakt mit den zuständigen syrischen Stellen“.
Laut einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der AfD-Fraktion, die der Nachrichtenagentur AFP am Samstag vorlag, hat das Bamf zwischen Januar und Mai 2025 insgesamt 3537 Widerrufsprüfverfahren zu syrischen Staatsangehörigen angelegt. Dabei sei bis Ende Mai in 57 Fällen die Flüchtlingseigenschaft entzogen worden, in 22 weiteren Fällen ein sogenannter subsidiärer Schutztitel.
Weiter geht aus der Antwort hervor, dass es zwischen Januar und Ende Mai 804 freiwillige Ausreisen von Syrerinnen und Syrern im Rahmen des Bund-Länder-Förderprogramms REAG/GARP gegeben habe.
Keine Erkundungsreisen
Die Ampel-Regierung hatte im Januar überlegt, Menschen aus Syrien Erkundungsreisen in ihr Herkunftsland zu ermöglichen, ohne dass sie deshalb ihren Schutzstatus verlieren. Diese Idee wurde allerdings nicht umgesetzt und wird von der neuen Bundesregierung auch nicht weiterverfolgt. Ein Sprecher sagte auf Anfrage: „Das Bundesministerium des Innern hat sich nach eingehender Prüfung dagegen entschieden, kurzzeitige Heimreisen für Syrerinnen und Syrer ohne Auswirkungen auf den Schutzstatus zu ermöglichen.“
Nach der geltenden Rechtslage wird bei Reisen in den Herkunftsstaat grundsätzlich vermutet, dass die Voraussetzungen für den jeweiligen Schutzstatus nicht mehr vorliegen. Ausnahmen sind möglich, etwa wenn ein Familienangehöriger schwer erkrankt ist. Erlangt das Bamf Kenntnis von einer Heimreise eines Schutzberechtigten, ist es verpflichtet, im Einzelfall zu prüfen, ob der gewährte Schutz zu widerrufen ist.
Grüne und Linke kritisieren
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU) erklärte: „Deutschland hat in den letzten Jahren hunderttausenden Syrern Schutz vor einem Bürgerkrieg gewährt, der jetzt vorbei ist“, sagte er der „WamS“. „Es ist fair und übrigens im internationalen Flüchtlingsschutz so vorgesehen, dass die Schutzsuchenden mit dem Ende der Gefahren in ihre Heimat zurückgehen.“
Kritik an den Rückführungsplänen kam von Grünen und Linken. „Statt über Widerrufsverfahren zu debattieren, die auf Grund der aktuellen Lage in Syrien nicht angebracht sind, müssen Wege für dauerhafte und gesicherte Bleibeperspektiven geschaffen werden“, sagte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Filiz Polat der Zeitung. „Besonders wichtig ist dabei auch, dass Verfahren, wie zum Beispiel die Einbürgerungen, zügig durchlaufen werden können“, verlangte sie.
Bünger: Offene Asylanträge wohlwollend prüfen
Dass der langjährige Machthaber Baschar al-Assad nicht mehr in Syrien regiert, bedeute nicht, „dass das Land sicher ist“, gab die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Clara Bünger, zu bedenken. Es komme weiterhin zu „massiven gewalttätigen Auseinandersetzungen, vor allem gegen verschiedene Minderheiten“. Ein normales Leben sei in Syrien unmöglich. Vor diesem Hintergrund kämen Widerrufe bestehender Schutztitel „rein rechtlich, aber auch aus humanitären Gründen nicht in Betracht“.
„Offene Asylanträge sollten jetzt zügig und wohlwollend geprüft werden“, verlangte Bünger. Derzeit ist deren Bearbeitung ausgesetzt. Ende Mai hielten sich laut Ausländerzentralregister 961.511 Syrer in Deutschland auf, die meisten von ihnen mit befristeten Aufenthaltstiteln. (afp/dpa/mig) Aktuell Politik
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